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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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hat gesagt, er würde über Kopenhagen fliegen, aber das ist gelogen, damit er früher hier sein und uns überraschen kann. Die Zeit arbeitet gegen uns! Wir dürfen keine Sekunde mehr verlieren. Aber ich muss noch eine Lüge richtigstellen. Die schwedischen Ärzte haben hervorragend Englisch gesprochen. Es stimmt nicht, dass sie Chris nicht verstehen konnten – sie haben ihn sehr gut verstanden, jedes verlogene Wort. Nur haben sie ihm nicht geglaubt. Ruf die Ärzte an, du wirst beeindruckt sein, wie fließend sie Englisch sprechen, selbst bei schwierigen Sätzen verstehen sie jedes Wort, oder doch fast jedes. Ruf sie an, wann immer du willst, wenn dein Vertrauen zu mir schwankt, sie werden meine Geschichte bestätigen. Die Experten waren der Meinung, sie könnten mich entlassen, und sie haben auf meine Bitte hin Chris nichts davon gesagt und mir so die Zeit verschafft, die ich für meine Flucht zum Flughafen brauchte.
    Und zu dem Moment mittendrin, als Chris die Stimme versagt – das war nicht Liebe oder Mitgefühl, ihm standen keine Tränen in den Augen; wenn es echt war, dann weil er am Abgrund steht, weil er hektisch versucht, seine Verbrechen zu vertuschen, und erschöpft ist. Wir sollten uns um seinen Geisteszustand Sorgen machen, nicht um meinen, er ist hin- und hergerissen zwischen seinem Selbsterhaltungstrieb und Schuldgefühlen. Er steht mit dem Rücken zur Wand. Da werden Menschen zu gefährlichen Tieren. Wir sind alle imstande, uns in finstere Machenschaften zu verstricken, die wir früher für unmöglich gehalten hätten. Chris hat sogar meine Kindheit gegen mich verwendet, Geheimnisse, die ich ihm im Vertrauen erzählt habe, die ich ihm nachts zugeflüstert habe, nachdem wir uns geliebt hatten, Dinge, die man höchstens seinem Seelenverwandten anvertraut.

D IESE BESCHREIBUNG PASSTE EINFACH NICHT zu meinem Dad. Er konnte Indiskretionen nicht ausstehen. Er hätte nicht einmal über seinen schlimmsten Feind getratscht und schon gar nicht ein Geheimnis verraten, das ihm meine Mum anvertraut hatte. Ich sagte:
    »Aber so ist Dad doch gar nicht.«
    Meine Mum nickte:
    »Das stimmt. Deshalb habe ich ihm ja auch blind vertraut. So ist er nicht, wie du es ausdrückst. Es sei denn, er ist verzweifelt. Dann sind wir alle anders.«
    Das genügte mir nicht. Mit diesem Argument hätte man jedes ungewöhnliche Verhalten erklären können. Unbehaglich fragte ich:
    »Was waren das für Geheimnisse?«
    Meine Mum zog eine amtlich wirkende Aktenmappe aus ihrer Umhängetasche. Auf dem Deckel prangte ein weißer Aufkleber mit dem Namen meiner Mutter, dem Datum und der Anschrift der schwedischen Psychiatrie.
    Um einen ehrlichen Arzt davon zu überzeugen, dass jemand wahnsinnig ist, sieht man sich zuerst die Familie des Patienten an. Ich war nicht familiär vorbelastet. Aber weil viele Fälle nicht dokumentiert werden, waren meine Verschwörer noch nicht geschlagen. Ihnen bleibt eine andere Möglichkeit. Sie sehen sich meine Kindheit an, erfinden ein nie diagnostiziertes Trauma und behaupten, ich sei wahnsinnig gewesen, lange bevor ich sie beschuldigt habe. Allerdings muss mir einer der Schurken nahestehen, um an solche Informationen heranzukommen. Es muss jemand sein, der vertrauliche Dinge über mich weiß, etwa mein Mann. Wenn sie ihre Freiheit nicht verlieren wollen, muss Chris mich verraten. Kannst du dir jetzt vorstellen, unter welchem Druck er stand? Eine solche Entscheidung hätte er sonst nie getroffen, aber er war schon zu weit gegangen, um noch einen Rückzieher zu machen. Er hatte keine andere Wahl.
    Als ich in der Anstalt eingesperrt war, saß ich einmal in einer Zelle zwei Ärzten gegenüber. Der Tisch zwischen uns war an den Boden geschraubt, und die beiden Männer waren mit einem Bericht von Chris über meine Kindheit bewaffnet, nicht über die ganze Kindheit, nur über einen bestimmten Vorfall im Sommer 1963. Er war nicht erfunden, das nicht, Chris hatte sich nicht die ganze Geschichte aus den Fingern gesogen, es war subtiler – sie hatten so auf der Wahrheit aufgebaut, dass man ihre Geschichte nicht völlig widerlegen konnte. Die Ärzte präsentierten mir diesen hinterhältig fabrizierten Bericht, als wäre er die Wahrheit, und wollten wissen, wie ich dazu stehe. Ich hatte Angst, sie könnten mich für lange Zeit einsperren, und wusste, wie wichtig meine Antwort war, deshalb bat ich um einen Stift und einen Block. Du musst dir vorstellen, dass ich unter Schock stand, weil ich plötzlich weggeschlossen war.

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