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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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begrüßten jeden mit offenen Armen, anders als die kleinkarierte Clique beim Grillfest. Hier gab es keine Außenseiter.
    Mit ein paar Drinks intus gingen auch Chris und ich auf die Tanzfläche. Nach jedem Song schwirrte es wunderbar in meinem Kopf, und allen um mich herum ging es genauso, sie versuchten, zu Atem zu kommen, und umarmten jeden, der gerade neben ihnen stand. Auf der Tanzfläche durfte jeder jeden küssen. Da bemerkte ich Mia an der Tür. Ich weiß nicht, wie lange sie schon in der Scheune war. Sie lehnte in einer abgeschnittenen Jeansshorts und einem weißen Shirt an der hinteren Wand. Sie war die einzige junge Frau dort, die Einzige unter zwanzig. Und sie war allein. Ich konnte weder Håkan noch seine Frau entdecken. Obwohl wir uns lange unterhalten hatten, fühlte ich mich seltsam befangen. Irgendwann kam sie dann herüber, tippte Chris auf die Schulter und fragte, ob sie abklatschen dürfte. Ich dachte natürlich, sie wolle mit Chris tanzen, also sagte ich ihm lächelnd, mach ruhig. Aber Mia schüttelte den Kopf und sagte, sie wolle mit mir tanzen! Chris lachte und meinte, das sei eine hervorragende Idee – er wollte draußen eine rauchen.
    Die Band spielte weiter. Der Song war schnell, der schnellste, den sie bis jetzt gebracht hatten, und wir tanzten – Mia und ich. Ich war betrunken und überlegte, ob Mia zu dem Fest gekommen war, um mit mir zu reden. Um meine Theorie zu testen, fragte ich sie, ob sie solche Veranstaltungen oft besuchte, und sie schüttelte den Kopf und meinte, das sei ihr erstes Scheunenfest. Da fragte ich sie, ob alles in Ordnung war. Sie wirkte nicht mehr gelassen und selbstbewusst, sondern jung und verloren. Ihre Finger gruben sich in meinen Rücken – so …

M EINE MUM ZOG MICH von meinem Stuhl und bugsierte mich in die Mitte des Wohnzimmers, als würden wir miteinander tanzen. Um die Situation nachzustellen, legte sie mir beide Hände auf den Rücken.
    Wir tanzten weiter, aber sie wollte nicht mehr reden. Nach dem Song ließ Mia mich los. Sie drehte sich zur Band um und pfiff, klatschte laut und jubelte begeistert und hielt nur inne, um sich die Haare zurückzustreichen.
    Die Leute beobachteten uns.
    Ohne ein Wort zu Mia ging ich zurück zu den Tischen am Ende der Scheune und ließ Mia weiter pfeifen und klatschen. Chris hatte ein Schnapsglas zum Mund geführt, er hielt es fest, drückte es gegen die Unterlippe, trank aber nicht. Er sah mich an, als hätte ich mich unmöglich benommen, und ich wurde das Gefühl nicht los, ich hätte tatsächlich etwas falsch gemacht. Ich schenkte mir etwas zu trinken ein, prostete den anderen zu, leerte das Glas in einem Zug und drehte mich um. Das große Scheunentor war weit aufgeschoben. Motten flatterten zum Licht. Und Mia war verschwunden.

M EINE MUM LÖSTE SICH aus der Tanzhaltung. Für den Moment schien sie mich vergessen zu haben. Zum ersten Mal kam ihr Redefluss ins Stocken, und erst, als ich ihr eine Hand auf die Schulter legte, sprach sie weiter, erst langsam, dann nahm sie wieder Schwung auf.
    Chris und ich tanzten noch zu ein paar Songs. Mir machte es nicht mehr so viel Freude. Ich war nicht mehr mit dem Herzen dabei. Vom Alkohol wurde ich nicht fröhlich, sondern müde. Wenig später gingen wir zurück zum Hof. Was den Sex betrifft, gab ich mir Mühe. Ich wollte ihm alles geben, was er sich wünschte. Aber es war mir noch nie wie Arbeit vorgekommen. Chris meinte, ich sollte etwas rauchen, um lockerer zu werden. Er drehte einen Joint. Ich hatte nichts dagegen. Ich hatte seit Jahren nicht mehr gekifft, vielleicht würde es wirklich helfen. Und es sollte ja ein lustiger Abend werden. Also wartete ich, bis er fertig war, zog an dem Joint und zählte die Sekunden, bis ich leicht benommen wurde. Als es so weit war, stand ich auf, ließ das Laken herunterrutschen und blies in möglichst verführerischer Pose den Rauch aus. Chris lag auf der Seite, er beobachtete mich und sagte mir, ich solle den Joint aufrauchen, er wollte sehen, was ich dann machen würde. Ich überlegte, was ich noch tun konnte, was sexy war – früher hatte ich das gewusst, instinktiv, ohne darüber nachzudenken –, und dann fiel mir ein, dass Chris nur wenig Gras aus London mitgebracht hatte. Das bisschen war sicher aufgebraucht, wir lebten schon seit einem Monat auf dem Hof. Ich wusste nicht, woher dieses Zeug hier kam und wie er es bezahlt hatte. Ich fragte ihn, nicht wütend, nicht vorwurfsvoll, sondern neugierig. Er nahm mir den Joint ab. Ganz leise

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