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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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richtig gewesen. Es dauerte lange, und immer noch kam kein Tee. Irgendwann hörte ich ihn rufen.
    »Tilde?«
    Etwas stimmte nicht. Ich stand auf und sah, dass Chris neben den Fahrrädern stand und auf meinen Korb starrte. Er schien wütend zu sein. Jetzt schnappt die Falle zu, dachte ich. Ich wusste nicht, wie sie aussehen würde, aber ich spürte, wie sie mich packte. Mit meinem Glück hatte ich mir etwas vorgemacht. Ängstlich ging ich langsam zu ihm, ich wusste nicht, was mich erwartete. Er hockte sich hin und hob meinen Korb hoch. Statt Pfifferlingen lag darin das hier …

M EINE MUM SCHOB DIE andere Seite der Streichholzschachtel auf, in der auf einem Bett aus Baumwolle ein Birkenblatt lag.
    Blätter, Daniel!
    Blätter!
    Der Korb war voller Blätter! Chris sah mich mit gespieltem Mitleid an. Ich begriff erst nach einem Moment, was das heißen sollte. Das war kein Scherz. Er behauptete, ich hätte den ganzen Tag lang Laub gesammelt. Ich packte die oberste Schicht, zerdrückte die Blätter zwischen den Händen und grub tiefer. Alle Pfifferlinge waren weg. Aus dem Handgelenk warf ich die Blätter in die Luft. Chris stand nur da, während sie um uns herum zu Boden trudelten. Die ganze Situation war absurd. Einfach ungeheuerlich. Dann fiel mir mein Messer wieder ein. Die Klinge war von den Pfifferlingsstielen verschmiert. Also zog ich das Messer aus der Tasche, nur als Beweis. Chris zuckte zurück, als hätte ich ihn bedroht. Zu spät wurde mir klar, was die Falle war. Es konnte nur eine Erklärung geben – Chris hatte die Pfifferlinge durch das Laub ersetzt. Er hatte die Blätter gesammelt, als wir getrennt waren. Er wusste, dass er Zeit genug hatte, um zurückzukommen und alles vorzubereiten. Während ich auf den Tee wartete, hatte er beides ausgetauscht. Ich schrie ihn an, wo er die Pilze gelassen hatte. Ich klopfte seine Taschen ab. Die Pfifferlinge mussten in der Nähe sein. Vielleicht hatte er ein Loch gegraben, sie hineingeschüttet und mit lockerer Erde bedeckt. Ich fing an zu graben, wie ein Hund, der nach einem Knochen sucht. Als ich aufblickte, kam Chris auf mich zu, die Arme ausgebreitet, als wollte er mich erdrücken. Dieses Mal benutzte ich das Messer wirklich, ich fuchtelte damit herum und sagte ihm, er solle zurückbleiben. Er wollte mich beruhigen, wie man ein aufgeschrecktes Pferd beruhigt, aber schon von seiner Stimme wurde mir schlecht. Ich musste da weg, also lief ich in den Wald. Als ich zurücksah, folgte er mir. Ich lief schneller und versuchte, höher zu kommen, auf ebenem Gelände hatte ich gegen ihn keine Chance, doch ich konnte gut klettern, er war Raucher, auf langen Strecken war ich fitter. Fast hatte er mich erreicht, er streckte die Hand aus, seine Finger griffen nach dem Zipfel meiner Regenjacke. Ich schrie auf, erreichte den Fuß des Felsabhangs, krabbelte auf allen vieren. Ich spürte, wie er mein Bein packte, und trat zu, ich trat und trat, bis ich sein Gesicht erwischte. Das verschaffte mir etwas Zeit. Er schrie von unten meinen Namen, dieses Mal nicht als Frage, sondern wütend:
    »Tilde!«
    Mein Name hallte durch den Wald. Aber ich sah nicht zurück, ich kletterte nach oben, lief so schnell ich konnte weiter und ließ Chris brüllend unten stehen.
    Irgendwann brach ich vor Erschöpfung zusammen. Ich legte mich unter einem Baum ins nasse Moos, wo mir der feine Regen aufs Gesicht fiel, und versuchte zu verstehen, was diese Verschwörung gegen mich sollte. Als der Himmel dunkler wurde, hörte ich wieder meinen Namen, nicht nur von einer Stimme, sondern von mehreren. Vorsichtig folgte ich den Rufen zurück zum Felsabhang und sah zwischen den Bäumen den Strahl mehrerer Taschenlampen hin und her flackern. Ich zählte sie – eine, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben – sieben Taschenlampen, sieben Menschen, die mich suchten. Ein ganzer Suchtrupp. Nach meinem Streit mit Chris hatten sie innerhalb von Stunden einen Suchtrupp auf die Beine gestellt. Was für eine überzogene Reaktion. Man musste nicht so viele Leute einspannen, es sei denn, man brauchte Zeugen, man wollte diesen provozierten Zwischenfall offiziell festhalten. Wahrscheinlich hatte Chris eine Aussage gemacht, ihnen die Fahrräder gezeigt, ihnen den Korb voller Blätter als Beweis verkauft und ihnen die Stelle gezeigt, an der ich mit dem Messer auf ihn losgegangen bin. Er war schnell und klug vorgegangen. Ich war unkontrolliert und dumm gewesen.
    Überleg mal, wie Chris ist. Wenn wir zur Polizei gehen, kannst du

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