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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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zu Hause!«
    Sie ließ heißes Wasser ins Waschbecken laufen, wickelte die Hotelseife aus und wusch sich Hände und Gesicht. Von dem ordentlichen Stapel Handtücher nahm sie das oberste und trocknete sich ab. Sie lächelte mich an, als wäre die Welt wieder in Ordnung. Ihr Lächeln kam unerwartet, es erinnerte mich daran, wie fröhlich sie sein konnte. Heute wirkte es allerdings eher wie ein seltener exotischer Vogel, den man nur einen Augenblick lang zu Gesicht bekam. Sie sagte:
    »Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.«
    Das mochte sein, dafür lag er jetzt auf meinem.
    Sie schaltete das Licht aus, ging zurück ins Zimmer und nahm im Vorbeigehen meine Hand. Sie zog mich zum Fenster mit, wo wir zusahen, wie der letzte Rand der Sonne abtauchte.
    Diese Papiere sind eine ausgeklügelte Fälschung. Damit will man unterstellen, ich hätte sie geschrieben, und deshalb müsste ich krank sein und bräuchte Hilfe. Wenn ich sie dir vorlese, wirst du merken, wie geschickt sie vorgegangen sind. Im Text stecken raffinierte Anspielungen auf mein Leben. Ich muss sie nicht extra erwähnen – du wirst sie heraushören. Aber die Schrift ist ganz anders als meine, und wenn du der Polizei diese einfache Tatsache erklärst, dann haben wir einen Beweis, keine Meinung, einen Beweis, dass meine Feinde schuldig sind. Sie behaupten, diese Tagebucheinträge wären das Ergebnis meiner kranken Fantasie, ich hätte das Tagebuch einer erfundenen Figur geschrieben, einer Frau, die vor über hundert Jahren auf unserem Hof gelebt hat, 1899, einer Frau, die unter Einsamkeit und Isolation litt. Ein gewagter, cleverer Angriff, das muss ich meinen Feinden lassen, viel subtiler als der Trick mit den Pilzen im Wald. Aber sie haben nicht mit dir gerechnet, sie haben nicht bedacht, dass ich aus Schweden fliehen und zu dir kommen könnte, zu meinem lieben Sohn, zu jemandem, der mit den Ereignissen des Sommers nichts zu tun hat, der bestätigen kann, dass das nicht meine Handschrift ist und ich dieses Tagebuch nicht geschrieben habe.

O HNE SICH ZU SETZEN , nahm meine Mum die Blätter in die Hand. Sie sah aus wie eine Schauspielerin, die aus einem Theaterstück vortragen wollte, allerdings aus einem Stück, von dem sie wenig hielt, und sie ließ ihre Verachtung und Distanziertheit in die Worte einfließen.
    1. Dezember – Auf dem Hof ist es einsam. Ich freue mich auf den Tag, an dem mein Mann von seinen Reisen zurückkehrt. Hoffentlich dauert es nicht mehr lange.
    4. Dezember – Das trockene Holz reicht keine Woche mehr. Ich muss in den Wald gehen und mehr schlagen, aber der Wald ist weit weg, und es ist bitterkalt. Der Schnee liegt hoch. Ich werde das restliche Holz einteilen und hoffen, dass der Schnee nachlässt und mein Mann zurückkehrt.
    7. Dezember – Ich brauche dringend Holz, ich kann es nicht länger aufschieben. Es schneit immer noch. Der Weg zum Wald wird beschwerlich sein, der Rückweg mit dem Holz, das ich schlagen kann, noch beschwerlicher. Ich werde das Holz einsammeln und auf meinen Schlitten stapeln und ihn zurückziehen. Morgen gehe ich, bei jedem Wetter. Mir bleibt keine andere Wahl. Ich kann nicht länger warten.
    8. Dezember – Mein erster Gang in den Wald war erfolgreich. Ich habe den leeren Schlitten den gefrorenen Fluss hinaufgezogen, weil der Schnee auf dem Eis nicht so hoch liegt wie auf dem Boden. Dabei bin ich langsam, aber stetig vorangekommen. Am Waldrand wollte ich Bäume suchen, die bei den Winterstürmen umgestürzt waren, bei ihnen lässt sich leichter Holz schlagen. Nach einigem Suchen fand ich einen solchen Baum und hackte ab, so viel ich konnte. Voll beladen war der Schlitten viel zu schwer für mich, einen Großteil des Holzes musste ich wieder abladen. Diese Scheite hole ich morgen. Aber ich bin froh, und heute Abend genieße ich zum ersten Mal seit Wochen ein warmes Feuer.
    9. Dezember – Auf dem Weg in den Wald, um das restliche geschlagene Holz zu holen, habe ich mitten auf dem zugefrorenen Fluss einen riesigen Elch gesehen. Als das Tier meinen Schlitten auf dem Eis hörte, drehte es sich um und sah mich an, bevor es zwischen den Bäumen verschwand. Meine Freude hielt an, bis ich entdeckte, dass mein Brennholz verschwunden war. Jemand hatte es gestohlen. Im Schnee waren Fußabdrücke. Es war schrecklich kalt, eigentlich war es kein Wunder, dass auch andere Menschen Holz suchten, aber unser Hof ist abgelegen, niemand lebt in unserer Nähe, und diese Fußspuren führten tiefer in den Wald hinein, nicht zurück

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