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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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Als er mich eingehend musterte, war er enttäuscht, dass ich compos mentis war. Er bot an, mich zu fahren. Ich traute dem Braten nicht. Wahrscheinlich wäre noch etwas passiert, auf dem Sitz hätte etwas gelegen, um mich zu erschrecken, um mir Angst zu machen, deshalb lehnte ich ab. Ich sagte, wir hätten nur wenig Benzin, was stimmte, und sehr wenig Geld, was auch stimmte. Ich sagte, es würde mir nichts ausmachen, mit dem Rad zu fahren, und dass auf dem Hof noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen wären, als würde ich mit Sicherheit bald zurückkommen, das Leben würde weitergehen, es war nicht vorbei! Er hatte sich umsonst in Schale geworfen. Heute würde niemand in eine Anstalt eingewiesen werden!
    Bevor ich losfuhr, hängte ich mir meine Tasche um, damit sie nicht darin schnüffeln konnten. Ich entdeckte sogar mein Talent für Täuschungen, drehte mich um, winkte Chris zum Abschied fröhlich zu und rief ein unehrliches:
    »Ich liebe dich!«

I CH FRAGTE:
    »Mum, liebst du Dad nicht mehr?«
    Ohne nachzudenken, schüttelte sie den Kopf:
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Von allem, was du heute erzählt hast, kann ich das am wenigsten glauben.«
    Meine Mum nickte, als wäre solche Gefühlsduselei von mir zu erwarten:
    »Daniel, es geht nicht darum, wie du es gerne hättest. Ich wollte zusammen mit deinem Vater auf diesem Hof alt werden. Ich wollte mir das Zuhause schaffen, von dem ich schon als Kind geträumt habe. Dieser Hof sollte unser kleines Fleckchen Erde sein, für unsere Familie, und er sollte so besonders sein, dass du uns wieder wie früher besuchen kommst.«
    In ihrem letzten Satz spürte ich keine Kritik. Sie beschrieb einfach nur ihren Traum. Ich sagte:
    »Wollte Dad das nicht auch?«
    »Vielleicht früher mal. Aber es gab Verlockungen. Und er ist ihnen erlegen.«
    »Mum, du hast es doch selbst gesagt. Du und Dad, ihr wart ein unschlagbares Team. Das kann nicht alles vorbei sein. Nicht nach einem Sommer. Das glaube ich einfach nicht.«
    Ich hatte Angst, ich wäre zu weit gegangen. Zu meiner Überraschung wirkte meine Mutter nicht verärgert:
    »Es freut mich, dass du ihn verteidigst. Ich habe ihn in Gedanken auch verteidigt, monatelang. Den Mann, den du als deinen Dad kennst, habe ich geliebt. Aber nicht den Mann, den ich in Schweden kennengelernt habe. Diesen Mann könnte ich nie lieben.«
    »Glaubst du, er hat mit dem Mord an Mia etwas zu tun?«
    Jetzt hatte ich zu sehr gedrängt.
    »Schlussfolgerungen klingen oft weit hergeholt, wenn man sie aus dem Kontext reißt. Deshalb habe ich dich gebeten, nicht vorzugreifen. Lass es mich auf meine Weise erzählen.«
    Es war spät, bald würde der Zimmerservice bei seiner abendlichen Runde Eis bringen und die Betten aufdecken. Ich sagte zu meiner Mum:
    »Ich hänge das Schild raus, damit uns niemand stört.«
    Meine Mum folgte mir, als ich das Schildchen an die Türklinke hängte. Nach einem Blick in den Flur zog sie sich wieder ins Zimmer zurück. Ich sagte:
    »Du warst gerade auf dem Weg zu Doktor Norling.«
    Mitten im Zimmer schloss sie die Augen, als wollte sie sich in diesen Moment zurückversetzen. Ich hockte mich auf die Bettkante, weil ich schon ahnte, dass meine Mum sich nicht wieder setzen wollte. Als ich wartete, musste ich an die Abende denken, an denen sie mir Gutenachtgeschichten vorgelesen hatte. Sie öffnete die Augen:
    Obwohl ich spät dran war, fuhr ich langsam und atmete in tiefen Zügen, um wieder halbwegs ruhig zu werden. Mein Plan war gut. Ich musste nur etwas schauspielern, lächeln, wie eine zufriedene Ehefrau und fleißige Gärtnerin klingen, von meinen Hoffnungen und Träumen erzählen und sagen, wie sehr ich die Gegend mochte und wie nett die Menschen waren. Wenn ich mich an den Plan hielt, konnte mir nichts passieren.
    Doktor Norling lebt am Meer, sein Haus steht zwischen Dünen und Sträuchern direkt am Wasser, in der Nähe von dem einsamen Strand, an dem ich immer laufen ging. Irgendwie hatte er es geschafft, sein extravagantes Haus im Naturschutzgebiet zu bauen – das Haus wirkte so einschüchternd, dass man nicht gerne nah an ihm vorbeiging. Man merkte, dass jemand seine Hand darüber hielt – bleibt weg, signalisierte das Haus, weil man ohne Korruption und beste Beziehungen zu mächtigen Leuten nie eine Baugenehmigung dafür bekommen hätte. In solchen Häusern wohnen keine normalen Menschen. Vor dem Grundstück bremste ich, aber das Tor öffnete sich automatisch, bevor ich absteigen konnte. Er hatte mich gesehen. Meine

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