Ohne Kuss ins Bett
die sich stritten, und er blickte über das wackelige Geländer und erkannte seine Mutter und Flo, die unten in der Großen Halle aneinandergeraten waren. Eine weitere Frau, die, selbst von ganz oben betrachtet, verschroben wirkte, sah ihnen zu. Kein Wunder, dass Andie bei seinem Anblick so froh und erleichtert gewesen war.
Er ging die Treppe hinunter in die Große Halle, und als Lydia und Flo sich umwandten, um zu sehen, wer kam, sagte er: »Andie hat hier schon genug Probleme, auch ohne dass ihr beide euren alten Streit wieder anfangt. Entweder ihr reißt euch zusammen und helft ihr oder ihr verlasst das Haus.«
»Ich gehe nicht, solange diese Frau hier ist«, wehrte Lydia sich, aber Flo nickte.
»Er hat recht«, sagte sie zu Lydia. »Andie kann es nicht gebrauchen, wenn wir uns schlecht benehmen, und der Ärger macht die Geister nur stärker.«
»Es gibt keine Geister«, entgegnete Lydia scharf.
»O doch, es gibt hier welche, und diese Frau hier hat recht. Sie müssen sich beruhigen.« Sie sah aus wie eine verrückte Mode-Designerin, aber ihre Stimme klang ernst und von innerer Kraft erfüllt.
»Und ich sehe auch nicht ein, warum Sie das Haus nicht verlassen wollen, solange Andie hier ist«, fuhr Flo indigniert fort. »Sie ist schließlich schon länger …«
»Nicht Andie«, fiel Lydia ihr wütend ins Wort. »Diese Kelly O’Keefe.«
»Ach.« In Flos Gesicht machte sich Verwirrung breit. »Was tut die eigentlich hier? Andie hat sie nicht eingeladen.«
»Sie ist auf Southie aus«, erwiderte Lydia, und ihre Augen glühten vor Wut. »Und sie versucht, North zu ruinieren, indem sie die Kinder benützt …«
»Na, dann sollten wir sie so schnell wie möglich loswerden«, meinte Flo, und Lydia klappte den Mund zu.
»Gute Idee, kümmert euch darum«, sagte North. »Im Augenblick sitzt sie im Salon herum.«
»Okay.« Flo wandte sich zum Gehen, dann hielt sie inne. »Wie geht’s Alice?«
»Sie hat sich wieder beruhigt. Andie ist bei ihr. Aber die O’Keefe will mit ihr sprechen …«
»Nur über meine Leiche«, warf Lydia ein.
»Also, ich schlage vor, wir werfen sie einfach aus dem Haus«, meinte Flo und machte sich auf den Weg zum Salon.
»Vielleicht habe ich Flo falsch beurteilt«, murmelte Lydia und blickte hinter ihr her.
»Na, dann geh und hilf ihr«, ermunterte North sie, und sie warf ihm einen scharfen Blick zu und ging.
North wandte sich der Frau zu, die am Tisch saß und ihn genau beobachtete. »Tut mir leid, wir sind uns noch nicht vorgestellt worden. Ich bin …«
»Sie sind North Archer«, fiel ihm die Frau ins Wort, »das fehlende Puzzlestückchen.«
»Wie bitte?«
»Sie sind derjenige, auf den alle ausgerichtet sind«, fuhr sie fort. »Manche sind wütend auf Sie, manche fürchten Sie, und andere sehnen sich nach Ihnen. Und ich muss Sie warnen, dass eine von denen, die sich nach Ihnen sehnen, tot ist.«
»Sie sind das Medium«, stellte North fest, der zwei und zwei zusammenzählte.
»Isolde Hammersmith.« Sie erhob sich. »Die Dinge stehen schlecht. Schaffen Sie all die Leute hier fort, bevor es noch schlimmer wird.«
»Das habe ich vor«, erwiderte North sanft. »Soll ich Sie zurück in die Stadt bringen?«
»Ich bleibe über Nacht hier.« Isolde hob ihre große Ledertasche vom Steinboden auf. »Andie braucht mich.«
North wollte schon erwidern, dass sie es sicherlich woanders bequemer hätte – egal wo –, aber dann hörte er, wie der Sturm an den Fensterläden rüttelte.
»Sie sind alle im Salon«, erwiderte er. »Dort ist es wahrscheinlich wärmer. Southie wollte den Kamin anzünden.«
»Das ist gut«, meinte sie. »Vertreibt die Geister. Sorgen Sie dafür, dass auch in den Zimmern Kaminfeuer angezündet werden. Das mögen Geister nicht.«
»Gut zu wissen«, sagte North und ging zum Telefon in der Eingangshalle, um es zu überprüfen. Der Anschluss funktionierte wieder, und so holte er sein Büchlein hervor und wählte Gabe McKennas Privatnummer. Als sich der Anrufbeantworter meldete, hinterließ er: »Ich brauche Sie hier unten, morgen früh«, und beschrieb die Strecke bis zum Haus. Wer auch immer seine Spielchen mit Andie und den Kindern trieb, Gabe würde es herausfinden. Und danach würde er Andie und die Kinder einpacken und mit nach Hause nehmen. Lydia und Southie konnten dann mit Kelly O’Keefe und Isolde Hammersmith fertig werden.
Dann holte er sich seine Übernachtungstasche vom Eingang, wo er sie hatte fallen lassen, und ging wieder die Treppe hinauf zum
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