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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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reparieren.« Die beiden sagten immer noch Mami und Papi und ignorierten, dass Markus und ich schon vor langer Zeit auf Mutter und Vater umgestiegen waren. Meinem Bruder und mir war durchaus klar, dass das ein wenig abgehoben klang, aber es war uns ein Bedürfnis, einen klaren Kontrast zu Mami und Papi zu schaffen.
    »Und was ist im Keller kaputt?«
    Sie zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Seit er in Rente ist, findet er immer etwas, das er am Haus verbessern kann. Na ja, ich hab dir ja von seinem Sportstudio erzählt und …«
    »Hör mal, das mit gestern. Ich will halt in meinem Alter nicht mehr bei den Eltern …«
    Sie winkte ab. »Jetzt reite doch nicht so darauf herum. Es stinkt mir nur, dass der Papi am Ende immer der Gute ist und ich immer die Blöde. Dabei bin ich es doch, die sich Sorgen macht.«
    Ich beschloss, keinen Mucks von mir zu geben. Jedes Wort in dieser gespannten Situation könnte mein Todesurteil sein.
    »Ich finde das irgendwie ungerecht. Er schiebt mich immer vor, um die unangenehmen Dinge für ihn zu erledigen. Nun ja, zugegeben: Auf der anderen Seite ist es so, dass er den ollen Papierkram macht, den ich so hasse, und die Reparaturarbeiten am Haus und so weiter.
    Was soll’s, auf jeden Fall haben wir dich und Markus enorm gern.«
    »Weiß ich doch.«
    »Sag mal …«, fing ich unbeholfen an und brach ein Stück vom Butterhörnchen ab, »wie war Vater eigentlich früher?«
    Sie blinzelte verwirrt und dachte nach. »Wann früher?«
    »Ich meine, ganz früher, als ihr jung wart.«
    Auf einen Schlag änderte sich ihr Gesichtsausdruck, und ihr Blick wurde geradezu verträumt. »Der Papi war immer schon ein Ruhiger.« Sie hob die Hände und ergänzte: »Nicht, dass du denkst, ich hätte seinen Willen gebrochen oder so was.«
    »Tu ich nicht«, bekräftigte ich.
    »Er war so gut aussehend und ganz anders als die anderen jungen Männer«, fuhr sie fort. »Die meisten waren doch nur Halbstarke und wollten die Mädchen mit flotten Sprüchen erobern. Jürgen nicht, der war ein bisschen schüchtern, aber gleichzeitig auch selbstbewusst. Das hat mir gefallen. Irgendwann hab ich gemerkt, dass er mich beobachtet, und dann hat er mich angelächelt. Ich hätte mich gerne für ihn rausgeputzt, um ihm noch besser zu gefallen. Das ging leider nicht, weil wir arm waren und ich nur zwei Kleider hatte. Aber eigentlich machte es nichts, weil wir alle arm waren und es dem anderen auch nicht besser ging. Eines Tages hat Jürgen Schokolade besorgt. Die hat er in weißes Papier gepackt und eine Rose daran befestigt. Er hat mir das kleine Päckchen überreicht und gesagt, das sei für mich. Dann hat er sich umgedreht und ist schnellen Schrittes weggegangen. Ich war gerade draußen zum Wäschewaschen, also habe ich mich auf einen umgedrehten Blecheimer gesetzt, das Geschenk ausgewickelt und auf die Schokolade gestarrt. Als ich so dasaß und die Schokolade aß, wusste ich, dass ich ihn heiraten wollte. Nicht wegen der Schokolade oder der Rose, sondern weil er, obwohl er selbst nicht viel hatte, die Schokolade mir gegeben hat, anstatt sie selbst zu essen.«
    Mit dem Butterhörnchen schluckte ich auch gleich die Tränen hinunter, weil mich die Geschichte irgendwie ergriff. Ich hörte sie zum ersten Mal. Meine Eltern sprachen selten über die Vergangenheit. Als Markus und ich jünger waren, wussten wir es zu schätzen, dass sie uns nicht mit den guten alten Zeiten nervten, so wie andere Eltern ihre Kinder. Aber später hätte ich gerne mehr über meine Eltern gewusst. Sie würgten das Thema stets ab. Ich kannte nur die groben Fakten, wusste, dass mein Vater mit neun Vollwaise war und vom ältesten Bruder aufgezogen wurde, der wegen seiner starken Sehschwäche nicht in den Krieg eingezogen worden war. Meine Mutter hatte schon früh für andere Leute Wäsche gewaschen, um ein bisschen Geld zu verdienen, und sie hatte, außer Tante Margit und Tante Kathi, noch eine sehr viel ältere Schwester gehabt. Deren Verlobter war kurz vor Kriegsende gefallen, und die Schwes ter hatte sich deshalb vor einen Zug geworfen. Selbst das alles erfuhr ich nur nebenbei und setzte die Bruchstücke so gut ich konnte zusammen.
    »Warum erzählt ihr eigentlich nichts von früher?«
    »Weil’s weh tut«, antwortete sie trocken.
    Ich schwieg eine Zeit lang, dann sagte ich: »Ich geh jetzt los. Markus wartet bestimmt schon auf mich.« Sie stand auf und stellte ihre Kaffeetasse in die Spüle. Bevor sie durch die Tür verschwand, drehte sie sich noch

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