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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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flachen Pappschachtel in der Hand. Was mich aus dem Konzept brachte, war die Tatsache, dass er genau der Typ Mann war, der mir gefiel. Innerhalb von Sekunden schossen mir zwei Dinge durch den Kopf:
    Erstens: War das Schicksal? Zweitens: Wenn ich noch vor einer Woche in der gleichen Situation gewesen wäre, hätte ich diesen Kerl gar nicht als meinen Typ wahrgenommen. Natürlich wurde ich während meiner Ehe manchmal auf attraktive Männer aufmerksam, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen zu flirten.
    »Ihre Pizza.« Es klang eher wie eine Frage als eine Aussage. Wahrscheinlich verunsicherte es ihn, dass ich ihn wie eine Bekloppte anstarrte.
    »Äh, ja.« Ich nahm die Schachtel, und er bückte sich, um mir die Weinflasche zu geben. »Das ist ein Geschenk für die erste Bestellung.«
    »Oh, wie nett.«
    Er lächelte – mit seinen wunderschönen Lippen und großen, weißen Zähnen.
    Mit zitternden Fingern nahm ich die Flasche entgegen.
    »Macht elf Euro, bitte.« Er gab mir die Rechnung.
    Dummerweise hatte ich meinen Geldbeutel nicht mitgenommen und musste zurück, durch den Hausgang in die Wohnung. Während ich das Geld holte, hörte ich, wie die Haustür ins Schloss fiel. O nein! Ich nahm das Geld an mich und eilte zurück, öffnete die Tür wieder und sah in das amüsierte Gesicht des Lieferanten.
    »Entschuldigung«, meinte ich kleinlaut.
    Er sagte nichts, sondern nickte nur. Wahrscheinlich hielt er mich für völlig verwirrt. Er stand lässig an die Wand gelehnt, als hätte er alle Zeit der Welt. »Nun werden wegen mir die anderen Pizzen kalt.« Warum sagte ich überhaupt Pizzen – das klang so spießig. Hätte ich nur Pizzas gesagt.
    »Nein, Sie sind meine letzte Kundin. Ich hab jetzt Feier abend.« Er lächelte mich an, und ich überlegte, wie viel Trinkgeld ich ihm geben sollte. Ein Euro war lächerlich, aber ich konnte es mir im Moment nicht erlauben, mit Geld um mich zu werfen. Also holte ich dreizehn Euro aus meinem Geldbeutel und sagte: »Stimmt so.«
    »Danke. Schönen Abend noch.«
    »Ebenfalls.«
    Er warf mir noch einen Blick zu, direkt in die Augen, und verschwand um die Ecke. Ich stand noch eine Weile so da, mit der Pizzaschachtel in der Hand, da kam er noch einmal zurück und sah mich so dastehen. Großer Gott! Womit hatte ich diese Blamage verdient?
    »Die Pforte geht nicht auf. Können Sie mir aufmachen? Sonst muss ich über den Zaun springen.«
    In diesem Moment kam meine Mutter an die Tür und sagte hinter mir: »Der Papi hat auf den Summer gedrückt; der Bub hat freie Fahrt, oder besser, freien Gang, gell? Hahaha.«
    Ist es notwendig zu erwähnen, wie bescheuert ich mir vorkam?
    Der Pizzalieferant sah mich an und grinste, bevor er endgültig verschwand. Ich fühlte mich wie in der vierten Klasse, als mir Michi Gegenfurtner, der hübscheste Junge der Klasse, sein halbes Käsebrot geschenkt hatte und mir im selben Moment eine Rotzglocke aus der Nase hing.
    Die Pizza schmeckte wundervoll. Aber irgendwie war mir der Appetit vergangen. Ich saß am Küchentisch, vor mir die aufgeklappte Schachtel, und aus dem Wohnzimmer war gerade der Freudenschrei meiner Mutter zu hören. Wahrscheinlich schlug sich die alte Dame wacker durch das Finale. Es war ein komisches Gefühl, dass ich nach so vielen Jahren zum ersten Mal wieder bewusst einen Mann wahrgenommen hatte. Und noch dazu einen jungen Pizzalieferanten. O mein Gott. Was war los mit mir? Aber er war einfach genau mein Typ, ob ich das nun wahrhaben wollte oder nicht. Und warum sollte ich es mir nicht eingestehen? Er war mittelgroß – was mir schon immer am besten gefallen hatte. Er hatte braunes Haar, fransig und nicht zu kurz geschnitten, und helle Augen. Außerdem war er sehr schlank, aber nicht zu dünn, und hatte schöne Hände.
    Ich war ganz und gar kein oberflächlicher Mensch, der aufs Äußere fixiert war. Aber ich glaube, dass jeder eine ganz bestimmte Vorstellung vom perfekten Aussehen hat. Dafür konnte man schließlich nichts. Ich war auch keine makellose Schönheit, guter Durchschnitt vielleicht, aber mit meiner Huckelnase musste ich auch leben. Trotzdem war ich für Christoph damals perfekt. Er hatte gemeint, dass ich genau das verkörperte, was ihm gefiel. Es gab auch nichts an Christoph, das mich abstieß; alles an ihm war schön, für mich jedenfalls.
    Meine Mutter kam jetzt freudestrahlend in die Küche gelaufen. Ich war noch ganz in Gedanken versunken. »Du, die Hannelore hat gewonnen.«
    »Wer?«
    »Die Hannelore, die aus dem

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