Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
für mich. Heute nicht mehr.«
Eine Weile herrschte Stille, dann sagte ich: »Weißt du, was ich mir kürzlich gedacht habe?«
»Was?«
»Ich hätte gern ein Kind. Es ist noch nicht zu spät.«
Christoph bekam leuchtende Augen. »Na gut, bekommen wir ein Kind!«, frohlockte er.
»Bist du bescheuert?«, fuhr ich ihn an. »Hast du mir denn überhaupt nicht zugehört?«
»Aber du hast doch gerade gesagt, dass …«
»Mein Gott, Christoph. Ich sage doch nicht, dass du der Vater sein sollst …«
»Was?« Er bekam einen Gesichtsausdruck, als ob gerade ein Zug mit 300 km/h auf ihn zugerast kam und er nicht mehr ausweichen konnte.
»Nein«, winkte ich ab, »auf die Weise war es doch nicht gemeint. Ich wollte damit sagen, dass es wahrscheinlich einen Grund gab, weshalb wir zusammen keine Kinder bekommen haben. Vielleicht habe ich einfach gespürt, dass du nicht der Richtige für eine kleine Familie bist.«
»Lyn, ich kapier das alles nicht.«
»Das verlange ich auch gar nicht. Ich bin selbst immer noch dabei, meine Gedanken zu ordnen, weißt du.« Ich holte tief Luft. »Das alles ist vielleicht zu viel auf einmal für dich, aber ich sage dir einfach die Wahrheit. Ich habe jemanden kennengelernt, und ich glaube, ich habe mich wieder verliebt.«
Er starrte mich fassungslos an.
»Glaub mir, ich weiß, wie du dich jetzt fühlst.« Ich meinte das keineswegs sarkastisch, war mir aber nicht sicher, ob er es nicht so aufgefasst hatte.
Wir schwiegen. Als die Stille unerträglich wurde, sagte Christoph: »Wenn du dich gegen diesen Mann und für mich entscheidest, verspreche ich dir, dass wir alles verge…«
»Ach, ich will es gar nicht hören«, unterbrach ich ihn. »Du kannst mir nicht einmal sagen, was den Menschen aus macht, den du zurückerobern willst. Du hast einfach nur Angst, allein zu sein. Ich aber habe keine Angst. In dieser Zeit habe ich wirklich zu mir selbst gefunden.« Wie oft hatte ich diesen Satz in Filmen gehört und dabei seine Bedeutung nie wirklich verstanden. Nun verstand ich. »Mir ist etwas klar geworden.«
»Und was?«
»Du hast gesagt, dass unsere Ehe langweilig geworden ist. Du hattest recht. Aber nicht ich war der Langweiler, sondern du.«
Er sah mich weiterhin betroffen an.
»Nun kennst du die ganze Wahrheit. Ich war jetzt sehr ehrlich, auch wenn es dir wehgetan hat. Aber du sollst dir keine Hoffnungen machen, wo keine mehr sind. Und wenn ich dir noch etwas auf den Weg geben darf: Du solltest ein bisschen an dir arbeiten. Besonders daran, erwachsen zu werden. Ich kann dir sagen, das ist ein gutes Gefühl.« Dann schob ich den Stuhl zurück und stand auf. »Ich will die Scheidung. Je früher, desto besser.«
Er reagierte nicht, saß einfach nur da.
Ich ging, ohne Champagner oder Lammrippchen gekos tet zu haben. Christoph blieb sitzen und starrte die Tischplatte an.
Als ich aus dem Haus kam, ging ich ein paar Schritte, dann setzte ich mich auf eine Bank und rief Antje an. Ich weinte, weil alles plötzlich so endgültig war. Ich wusste, dass ich mich richtig verhalten hatte, aber das Kapitel Christoph war nun endgültig abgeschlossen, und es war ein Abschied für immer. Als ich später mit Antje sprach, meinte sie: »Ach, Lyn. Du kannst wirklich stolz auf dich sein.«
Als ich später nach Hause kam, wollte ich mich nicht mehr mit den anderen unterhalten. Ich ging nach oben, legte eine CD von Maria Callas in den Player und streckte mich auf der Couch aus. Mein Handy klingelte. Es war Sascha.
»Hallo, ich habe heute Abend unerwartet frei, wegen meiner Überstunden. Es gibt nicht viel zu tun, also kann ich abhauen.«
»Hmhm.«
»Wollen wir uns treffen? Wir könnten essen gehen.«
»Es ist schon spät.«
»Na ja, es ist gerade mal neun.«
Ich sagte nichts.
»Alles in Ordnung bei dir?«
»Ja, ja. Alles in Ordnung. Na gut, treffen wir uns.«
Eine Stunde später saßen wir in einem Pilspub in der Nähe. Als ich angekommen war, saß Sascha bereits lässig auf einer der Holzbänke.
Wir bestellten jeder eine Cola light, womit wir die Exoten der Kneipe waren, wie wir bei näherer Betrachtung feststellen konnten.
Während wir an unserer Cola nippten, sahen wir uns an. Ich spürte, dass Sascha eine Erklärung für mein plötzlich so reserviertes Verhalten erwartete.
Es war so schön, mal wieder in diesem leicht verliebten Zustand zu sein. Aber ich spürte auch eine tiefe Verunsicherung meinerseits, und das gefiel mir weniger.
»Ich war vorhin bei meinem Mann«, fing ich an.
Er sah
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