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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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den Boden und den Campari an die
Wand. Diese Kleckse gaben dem tristen Zimmer wenigsten ein bisschen Farbe. Als
die Wirkung des Weinbrandes, der beiden Liköre und des Ouzo einzusetzen
begann, lag Victor Ivan bereits auf dem Rücken, mitsamt seinen Klamotten, aber
diesesmal OHNE seine Schuhe und ohne Socken auf dem Bett – man lernte ja
schließlich dazu. Wenige Minuten später polterte ein furchtbares Schnarchen die
leeren Flure seines Hotels entlang und belästigte andere Hausgäste noch einige
Türen weiter und Etagen höher oder tiefer.
     
    ***
     
    Für Antonio Fabiani hatte die Woche
wirklich gut begonnen. Gleich am Montag reiste er zu seinem Kunden Fiat in deren Zentrale und hatte einen Termin mit den Anwälten und der Abteilung für
Firmen-Akquisitionen. Fiat wollte unbedingt seinen Subunternehmer Ferromatrix
Srl übernehmen und überbot sofort das Angebot der deutschen Firma Malinger,
das Antonio in weiser Voraussicht eines Bietpokers schon wesentlich höher als
tatsächlich, angegeben hatte. Antonio hatte seine innere Entscheidung zu
Gunsten Fiats schon längst getroffen. Diese Firma hatte ihm all die
Jahre die Treue gehalten und ihn reich gemacht. Außerdem war ihm ein
italienischer Käufer einfach lieber als ein „ Tedesco “ – alleine schon
aus prinzipiellem Patriotismus. Antonio gab vor, nochmals den Deutschen eine
Chance auf Nachbesserung geben zu wollen. Tatsächlich telefonierte er nicht mal
mit Signore Giuseppe Malinger. Am Mittwoch bot ihm Fiat nochmals ein
bisschen mehr für seine Firma plus fünf Millionen Euro in Cash als „steuerfreien
Bonus“, wie die Anwälte diese Zahlung nannten. Damit war der Deal klar! Am
Donnerstag Morgen um 9:00 Uhr wurden die Verträge vor dem Notar unterzeichnet
und noch am selben Tag schickte Antonio eine E-Mail des Bedauerns, d. h. eine
förmliche Absage an Giuseppe Malinger und seinen Geschäftsführer Dr. Bucher.
    Das gehörte einfach zum
guten Ton: „ Nach reiflicher Überlegung haben wir uns für ein anderes
Angebot entschieden. Wir bedauern ... blablabla …“
     
    ***
     
    Es war bereits Donnerstag und Victor
Ivan hatte das Subjekt seines Auftrages kein einziges Mal zu Gesicht bekommen.
Es regnete immer noch den ganzen Tag und es war ekelhaft kalt. Victor Ivan
observierte abwechselnd die private Villa und die Geschäftsadresse, mehr
Informationen hatte er nicht. Es war nun fast zu einem 24-Stunden-Job
eskaliert, da Victor Ivan es einfach nicht fassen konnte, diesen Mistkerl nicht
irgendwo mal anzutreffen und ständig Angst hatte, dass er ihn verpassen könnte.
Der Plan über die Art und Weise, die Wünsche seines Auftraggebers „Schüchtern
Sie den Italiener ein ...“, durchzusetzen, war in Viktor schon in zig Versionen
entstanden und wieder verworfen worden.
    Es waren grässliche
Szenarien dabei, wie Zähne, Finger- oder Fußnägel mit einer rostigen Zange
ziehen, Knochen brechen, Frau oder Tochter vergewaltigen oder die Villa
anzünden. Aber Mangels Verfügbarkeit des Subjektes ließ sich gar nichts davon
umsetzen. Der ganze Auftrag war eine totale Katastrophe! Victor Ivan hatte
inzwischen eine unglaubliche Allergie gegen italienisches Essen, italienisches
Trinken, die Italiener als solches, das italienische Regenwetter und das ganze
beschissene Land! Er war komplett verwahrlost, hatte das Duschen unter dem
spärlichen Wasserstrahl seiner Dusche aufgegeben, sich seit Tagen nicht mehr
rasiert und seine letzten Räusche standen ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.
Er stank wie ein Büffel und hatte eine üble Laune. Würde er in seinem
derzeitigen Zustand das Subjekt in die Finger bekommen, könnte das den Teil
seines Auftrages „Aber bringen sie ihn nicht um!“, nur schwerlich
erfüllen. Seine üble Laune hätte gereicht um die halbe Bevölkerung von Modena
umzubringen.
    Es war bereits wieder
früher Nachmittag eines nutzlos vergeudeten Tages, fast eine Woche nach seiner
Ankunft in Modena. Victor Ivans Handy zeigte den Eingang einer SMS. Die
Nachricht war für Victor verwirrend: „Wir sind jetzt quitt! Verkaufe 70
Nelken!“ Victor stierte minutenlang auf sein Handydisplay. Das konnte doch
nicht wahr sein! Er hatte noch gar nichts gemacht und war plötzlich quitt! Und
ein neuer Mordauftrag für 70.000,- Euro war auch gleich mit dabei. Na warte: Du
hast mich hier in diesem Dreckland so lange schmoren lassen – das bekommst du
jetzt zurück! Victor fuhr sofort in sein Hotel, checkte aus und bezahlte für
die Renovierung seines arg demolierten

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