Ohne Skrupel
konnte niemand aus der Familie seine Firma
weiterführen. Zu laut, zu schmutzig, zu viel Arbeit, zu was auch immer!
Völliger Bullshit, wie Antonio fand. Er als Chef war oft monatelang nicht in
der lauten Fertigung und trug im Sommer immer helle Anzüge, weil er nicht mal
in die Nähe von Schmutz kam. Er wollte aber niemandem etwas aufzwingen. Die
wenigen Verwandten, die Interesse an der Weiterführung seines Unternehmens
zeigten, hatten einfach nicht die fachliche Kompetenz. Tja, so traurig es war,
so war es dennoch eine Tatsache! Er hatte sich damit inzwischen abgefunden und
mittels Beziehungen diskret nach einem möglichen Käufer suchen lassen.
Das deutsche Unternehmen
Malinger Autoteile GmbH & Co. KG hatte Interesse bekundet und erste
Verhandlungen über einen gemeinsamen Bekannten aufnehmen lassen. Der Eigentümer
Signore Giuseppe Malinger und einer seiner Geschäftsführer waren bereits vor
Ort bei Antonio. Man hatte hart verhandelt und dann schlussendlich eine gute
Annäherungssumme für den Kaufpreis gefunden. Die Deutschen waren noch nicht
restlos überzeugt, aber Antonio hatte ein sehr gutes Gefühl im Bauch. Er konnte
gute Geschäfte schon immer im Voraus spüren. Außerdem hatte er noch ein
ernsthaftes Angebot direkt von Fiat , seinem wichtigsten Kunden,
erhalten. In den nächsten Tagen sollte sich alles entscheiden, dann im Laufe
des Jahres eine saubere Übergabe erfolgen und ab dem 1.1.2011 mit seinem
sechszigsten Geburtstag der nächste Lebensabschnitt mit einer „bescheidenen“
Pension, d. h. einem satten zweistelligen Millionen Euro Betrag, beginnen. Die
Zukunft war golden! Dieser Handschlag auch.
***
Victor Ivan hatte die Sache mit
seiner „Schuhlederallergie“ überwunden. So ein 24-Stunden-Bettaufenthalt konnte
vieles kurieren. Es war wie ein Wunder und mittlerweile bereits Sonntagmorgen.
Victor Ivan war nun um eines reicher: das unschätzbare Wissen, dass ihm Grappa
nicht bekam! Er würde in Zukunft eine Gänsehaut des Ekels bekommen alleine
schon bei der Nennung des Namens „Grappa“. Jeder Kellner würde zukünftig
riskieren, eine blutende Nase nach Hause zu tragen, wenn er ihm als Gast „Un
Grappino aufse Hause?“ beim Präsentieren der Rechnung anbieten wollte ...
Bei seiner Mission,
seinem Auftrag, war er noch nicht viel weiter. Sein Plan bzgl. Vorgehensweise
war einfach: Victor Ivan hatte gar keinen Plan. Der Auftrag war ganz klar:
„Schüchtern sie den Italiener ein! Er muss schon vor Angst schlottern, wenn ein
deutsches Auto die Grenze zu Italien überquert. Aber bringen Sie Ihn NICHT um –
bestätigen sie das?!“ Ja, ja, schon gut. Obwohl bei dem Gesöff, das man in
diesem Land zu trinken bekam, war die Versuchung zumindest einen dieser Itaker
abzumurksen schon groß.
Heute, Sonntag, war der
Tag für Kirchgänger, davon ging Victor Ivan einfach aus. In einem Land, wo der
Papst ansässig war, musste das einfach so sein. Deshalb wartete Victor Ivan
bereits ab 8:00 Uhr in seinem geparkten Auto am Haus des Italieners, auf der
Straße gegenüber der Einfahrt. Die Villa des Subjektes war beeindruckend! Ein
altes, sehr aufwendig restauriertes Gebäude mit großem Garten davor und
dahinter. Der Tag verging und niemand kam aus der Tür oder verließ die Villa.
Es regnete nach wie vor den ganzen Tag. Gegen 20:00 Uhr war die Laune von
Victor Ivan am Gefrierpunkt angelangt und der Hunger und Durst groß genug, um
zuerst ein Fass Bier zu trinken und anschließend eine halbe Sau alleine zu
verzehren. Für seinen sonntäglichen Observationsdienst hatte Victor Ivan weder
etwas zum Essen noch zu Trinken mitgenommen. Er hatte sich auf einen sehr
kurzen Aufenthalt eingestellt und hatte es zwischenzeitlich nicht gewagt,
seinen Standort zu verlassen. Gegen 23:30 Uhr kam ein sehr großer, extra langer Hummer , das Geländefahrzeug der US Army und fuhr in die Einfahrt der
Villa. Es stiegen zwei muskulöse Männer, aufgrund der Ähnlichkeit mit dem
Subjekt vielleicht die Söhne, zwei junge und eine ältere Frau aus. Sie gingen
alle gut gelaunt in Richtung Villa. Anscheinend hatte die Familie einen
Sonntagsausflug gemacht und war nun nach Hause zurückgekehrt.
Am heutigen Tag konnte
Victor Ivan nichts mehr ausrichten. So fuhr er schließlich in Richtung seines
Quartiers und hielt Ausschau nach einem noch geöffneten Lokal. Leider
Fehlanzeige! Dies war ein Industriegebiet, in dem abends nach 20:00 Uhr und am
Sonntag sowieso, die Bürgersteige hochgeklappt wurden. Also landete er
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