Ohne Skrupel
keine Option
gewesen. Das ging emotional im Moment einfach gar nicht! Und Julietta wollte ja
immer noch nicht, mit ihm wieder etwas zu tun haben....
Er hatte sich ihr
gegenüber ja wirklich nicht mit Ruhm bekleckert ... Kein weiterer Kontakt zu
ihr, das war wohl auch besser so.
6. Mai 2010,
München, Krankenhaus Schwabing, nachmittags
Meetings sind häufig langweilig.
Dieses nicht! Zumindest nicht für JP. Alle standen, nur JP konnte liegen. Man
hatte ihn um 13:30 Uhr in das größte der vier Zimmer der mobilen Einsatzzentrale
der Kripo München gerollt. Es waren mindestens 16 Personen und jede Menge
Polizei-Equipment im Raum, der ansonsten für vielleicht vier bis sechs
Krankenbetten vorgesehen war. Dementsprechend eng war es und man konnte sich
nicht setzen. Höchstens auf die Kante des Krankenbettes von JP. In der Ecke saß
eine Frau mit einem kleinen Kästchen vor sich. Anscheinend eine Typistin für
das schriftliche Protokoll. Die Wände waren vollgestellt mit verschiedenen
Flipcharts und Tafeln. Alles war stark improvisiert, aber dennoch höchst
professionell und durchaus übersichtlich. Hauptkommissar Holzner gab eine kurze
Einleitung und Zusammenfassung, dann übergab er an die einzelnen Spezialisten.
JP hatte die meisten Gesichter noch nie gesehen. Einige der bekannten Techniker
waren dabei, aber auch ein paar „Schlipsträger“, wie z. B. Holzners Chef.
Zuerst resümierte der Verantwortliche der Spurensicherung die Funde des
Tatortes. Für JP eine sehr befremdliche Bestandsaufnahme: trocken, sehr
sachlich und ohne jeglichen Schnörkel:
Tatort: IT-Rechenzentrum,
genannt IT-Container, Firma Malinger Autoteile GmbH & Co. KG, Knorrstraße
107 – 119, München; Der Tatort ist immer noch abgesperrt und noch nicht für
Außenstehende zugänglich. Die Rechner wurden allesamt ins Labor zur Auswertung
des Datenschadens gebracht.
Tatzeit: Freitag,
30. April 2010, 8:56 Uhr,
Opfer: Vier
Tote, vier Verletzte im Schwabinger Krankenhaus,
eine Person noch auf der Intensivstation in Großhadern.
Dann wurden die einzelnen
Namen vorgelesen.
Tathergang: Der
Attentäter (an dieser Stelle, empfand JP, sprach man wie von einem Terroristen
oder extremistischen Selbstmörder) hatte eine relativ kleine Menge
Plastiksprengstoff, ca. 20 Gramm, tschechischer Herkunft verwendet und zur
Maximierung des Schadens zwei Paletten eines Industriealkohols, ein viel
verwendetes Reinigungsmittel aus der Fertigungshalle, das vor dem Rechenzentrum
im Hof zwischengelagert wurde, in das Rechenzentrum geschafft. Er hat den
Sprengmechanismus im Plastiksprengstoff mit einem Zeitzünder, einer billigen
Armbanduhr mit einer zeitlichen Verzögerung von zehn Minuten, gezündet. Die
Explosion entzündete die große Menge Industriealkohol und verursachte ein
Feuer, das durch die Sprinkleranlage und die Feuerwehr um 12:13 Uhr vollständig
gelöscht werden konnte.
Dann folgten endlose
Aufzählungen von Details, die JP allesamt nicht sonderlich interessierten und
die er schon ein paar Minuten später wieder vergessen hatte. Eins war klar, es
gab eine Vielzahl von Spuren, die erst analysiert und miteinander abgeglichen
werden mussten. Hunderte Fingerabdrücke waren inner- und außerhalb des Tatortes
sichergestellt worden, die nun im Labor ausgewertet wurden. Im Anschluss
referierte jemand aus der Gerichtsmedizin. Diese Details verfolgte JP zwar mit
Interesse, aber mit geringem Fachverstand. Zeitweise war er sich nicht sicher,
ob der Pathologe überhaupt noch deutsch sprach.
JP hatte schon gewusst
und hörte es nun nochmals, dass sowohl sein Ex-Chef Franz Korber, der
Lkw-Fahrer Adnan Androwitsch und die griechische Putzfrau allesamt vor der Explosion ermordet wurden. Franz durch Genickbruch, nach einer
Vergewaltigung und schwerer Misshandlung bzw. Folter. Androwitsch durch
Erwürgen mit bloßen Händen, wie der Gerichtsmediziner immer wieder betonte. Und
die arme Putzfrau, deren Namen irgendwie niemand aussprechen konnte, durch
einen Messerstich ins Herz.
Die Details, die Sache
mit dem Abstrich und der DNA des Vergewaltigers im After des Opfers, all das
war JP irgendwie zu ekelig. JP fand nur spannend, dass die DNA aus den
Gewebeproben unter den Fingernägeln des LKW-Fahrers mit der des Abstriches von
Franz übereinstimmte. Also handelte es sich um denselben Täter. Die arme
Putzfrau war offensichtlich zur falschen Zeit am falschen Ort und war
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