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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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war vorher niemals
länger als 24 Stunden alleine gewesen.
    JP war unglaublich einsam!
Seinen achtzehnten Geburtstag feierte er ganz alleine mit seinem Pferd, seiner
Winchester und ein paar Rindern und Emus, die, einsam wie er, durch die Pampas
streiften.
    Nach etwas mehr als einem
Monat ging ihm sein Sechsmonatsproviant schön langsam aus. Er war es einfach
nicht gewohnt, sich irgendetwas einzuteilen, der Kühlschrank zu Hause war immer
voll und hier hatte er ja nichts zu tun, als ständig zu essen. Er war bis jetzt
ein sehr verwöhnter Junge. Musste nie mit den Händen arbeiten, im Haushalt war
immer Personal dafür da und er konnte an seinem Computer spielen, solange und
so oft er wollte. Lernen fiel ihm leicht, das war immer einfach. So etwas wie
Hunger kannte er nicht. Bisher.
    Pampas-Grassuppe war ganz
und gar nicht lecker! Und jeden Tag Fisch war langweilig. Also kam schon mal
ein Emu-Ei in die Pfanne, aber die Eier waren sehr schwer zu finden und wurden
von dem männlichen Riesenvogel massiv verteidigt und bewacht. Wenn der Hahn auf
dem Nest saß, war es absolut tabu für JP, auch nur in die Nähe zu reiten.
Deshalb musste die eine oder andere Kuh sich schon mal unfreiwillig als Steak
zur Verfügung stellen. Mit Emufleisch versuchte JP es auch einmal, dann aber
nie wieder. Das verletzte Tier hatte ihm einen derartigen Tritt verpasst, dass
er tagelange taub auf dem rechten Bein war und wochenlang einen riesigen
Bluterguss hatte. Und das Rupfen etc. war einfach widerlich. Jedenfalls hatte
JP vor Emus nun großen Respekt und näher als 20 m würde er sich diesem Vogel
nicht mehr freiwillig nähern!
    Kaninchen standen auch
schon mal auf dem Speiseplan, aber JP war ein miserabler Schütze und wollte
nicht auch noch seine wenige Munition vergeuden und verballern. Fallenstellen
konnte er nicht.
    Ein Pampas-Rind traf man
da schon leichter! Die Viecher waren zutraulich und ließen ihn ganz nahe ran.
Wenngleich das Zerlegen von so einem großen Tier eine Riesensauerei ergab. Vor
allem für jemanden, der so etwas vorher noch nie im Leben gemacht hatte. JP
hatte auch keinerlei Ahnung, welches Fleischstück wie schmeckte und sich zum
Grillen oder zum Braten eignete. Er kannte Steaks nur fertig verpackt und
beschriftet aus dem Supermarkt oder fertig zubereitet im Restaurant oder von
seiner Mutter oder der Haushälterin. Weiters war eine Aufbewahrung ohne
Kühlschrank, von so viel Fleisch ein großes Problem. Und so verdarb ihm oft
mehr, als er innerhalb einer guten Woche essen konnte. Er versuchte es mit
Räuchern, aber das gelang ihm eigentlich gar nicht und das zähe Fleisch wäre
nicht mal mehr von einem hungrigen Kojoten gefressen worden.
    Jedenfalls hatte JP viel,
viel Zeit zum Nachdenken. Es war hart, aber lehrreich! Von da an war es
jedenfalls MEGA-OUT, sich irgendwo einzuhacken und die Laufbahn von Crazy
Charly war damit nicht nur emotional beendet, denn er verschwand vollkommen aus
der Hackerszene.
    Wie sagte sein Vater nach
den sechs Monaten: „Mein Sohn ging als Kind und kam als Mann zurück.“ Ja, das
traf den Nagel auf den Kopf! Nach diesen sechs Monaten alleine in Argentinien
war er wirklich ein „Hombre“! Unrasiert, schlecht gewaschen, muskulös und fast
wild. Nicht nur körperlich, auch geistig gereift! Auf dem Weg zurück zur
„Familia“ hatte Sancho Guterez ihm gestanden, dass er nur ca. 15 Meilen
entfernt gewohnt und ihn jeden zweiten Tag mit dem Fernglas heimlich beobachtet
hatte. „El Senior“ hat das so befohlen. „Y absolutamente no contado – keinerlei
Kontakt!“ Aber Sancho hatte sehr wohl gesehen: „Muchacho hat vier Rinder
massakriert. Familia muss dafür bezahlen.“
    Scheißkerl! Wenn er
wenigstens mal zum gemeinsamen Essen rübergekommen wäre!

München, Winter
2009/2010
     
    War das die Midlife-Crisis? Wurde er
alt? Hatte er den vorweihnachtlichen Blues? Franz Korber hatte einen tollen
zweiwöchigen Urlaub mit Frau und Kindern verbracht. Aber der Erholungswert war
schon wenige Tage nach seiner Rückkehr wieder restlos durch den Stress im Job
verbrannt. Und nun, nur drei Wochen später, konnte er sich kaum noch an seinen
Urlaub erinnern. Irgendwie hatte er die Nase voll von dem täglichen Stress, die
Zeit der Regeneration – Urlaub, Wochenende - reichte nicht mehr aus. Gut, er
war nun 46, aber das ist doch kein Alter und sicher kein Grund, sich schon
morgens abgespannt ins Büro schleppen zu müssen. Seine Familie gab ihm Kraft
und Halt, aber reichte das noch für die nächsten

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