Ohne Skrupel
zumal der Alkohol, der ohne die wachsamen
Augen der Frauen sehr reichlich floss, die Dosierung der Lautstärke beständig
der intellektuell gesteuerten Kontrolle entzog. Sogar die minderjährigen Jungs
hatten schon bald arg Schlagseite. Aber das interessierte an diesem Abend
Keinen! Es war schließlich Weihnachten! Da war halt mehr erlaubt.
Die Damenwelt bemerkte
den „Schwund“ ihrer besseren Hälften erst, als ein Autoschlüssel gesucht wurde,
um die Familienbilder aus dem Kofferraum zu holen. Damit war dann „Schluss mit
lustig“ und der Alkoholausschank wurde sofort gestoppt. Einer der Väter erhielt
„encora Publico“ einen ordentlichen Anschiss wegen seines betrunkenen Juniors
und man verlagerte sich wieder gemeinsam ins Innere des Hauses. Bewachung war
nun wieder angesagt. JP fand dies geradezu blöd, es war gerade an dem Punkt,
eine richtig gute Weihnachtsparty zu werden. Und so wurde dann der
Weihnachtsabend in der üblichen Familientradition weiter gefeiert – laut, bunt
und chaotisch – und leider nüchterner. Irgendwie schade eigentlich, jedenfalls
spielten religiöse Motive dabei keinerlei Rolle, denn so bunt wie die
Nationalitäten, so unterschiedlich waren auch die Religionen innerhalb der
Familia. Es waren alleine bei dieser Weihnachtsfeier Christen, Juden,
„Konfessionslose“ und eine Muslima vertreten, aber deswegen gab es niemals
Stress. Weihnachten war für die Sippe nur irgendein Grund, so gut wie jeder
andere, um sich mal wieder im Verbund zu versammeln und ausgiebig
auszutauschen.
Zu Silvester konnte JP
allerdings ungebremst nachholen, was er am Weihnachtsabend versäumte und
feierte ausgelassen mit der in München lebenden „Familia“, seinen Schwestern,
seiner momentanen Favoritin Sandy, einer Stewardess von British Airways, und
etlichen Freunden in ein neues Jahr 2010.
Irgendeine, scheinbar
betrunkene ältere Frau im U-Bahnhof Münchner Freiheit wollte JP am 31.12.
unbedingt aus der Hand die Zukunft für 2010 lesen. Er ließ sie gewähren. Sie
sagte ihm voraus: „Du erlebst schon bald eine sehr turbulente Zeit mit einer
sehr schmerzhaften Erfahrung. Ab dem Frühjahr wirst Du entweder einem
gewaltsamen Tod erleiden oder Du wirst Dein Glück in der Liebe finden – es
hängt von Deinen Entscheidungen ab. Vertraue dem dicklichen Mann mit dem großen
Schnurrbart.“
Geld wollte sie keines.
Dann verschwand sie im Gewühl der Menschen und JP konnte sich schon Minuten
später nicht mal mehr an ihr Gesicht erinnern. JP bewertete diese Sätze damals
als reinen Humbug und als „Schmarrn“! Dennoch spukten sie ihm ständig im Kopf
herum. Derartiges konnte man nicht so einfach verdrängen oder vergessen. Er
analysierte ständig, wen er als „dicklichen Mann mit großem Schnurrbart“
kannte. Es fiel ihm aber niemand ein.
Es wurde ihm erst sehr
viel später bewusst, dass er damals wohl einem Engel in der Gestalt einer alten
Frau begegnet war! Diese Person oder was auch immer sie auch war, konnte in die
Zukunft schauen.
Jedes Wort sollte sich
erfüllen.
07. Januar 2010,
München
Dieser Donnerstag war der erste
Arbeitstag für JP im Jahr 2010. Der 6. Januar war in München ein Feiertag und viele
hatten sich die zwei Brückentage davor freigenommen. Deshalb war kaum jemand in
der Firma und es war mittags gähnend leer in der Kantine. JP hatte ausgiebigst
den Jahreswechsel gefeiert und war dann für ein paar Tage zum Skifahren in
Kirchberg bei Kitzbühel gewesen. Das Skigebiet der Kitzbüheler Alpen war
inzwischen sensationell ausgebaut und gehörte wohl zu den größten der Welt. Die
Liftverbindungen reichten mittlerweile von Mittersil im Salzburger Land bis
nach Itter in Nordtirol. Man konnte alle Schwierigkeitsgrade finden und ein
bisschen unberührte Pisten gab es sogar eine Woche nach dem letzten Schneefall
immer noch für den geübten Abseitsfahrer. Und JP gehörte auf jeden Fall in
diese Kategorie.
Tatsächlich war er ein
Könner mit unglaublich katzenhafter Eleganz auf Skiern! Das Wetter war
herrlich, der Schnee nicht übermäßig viel, aber ausreichend und in
ausgezeichneter Qualität. Die Skihütten im Kitzbüheler Raum waren fast allesamt
von hervorragender Güte und meistens urgemütlich. JP hatte sich wieder einmal
sehr gut amüsiert, viel Geld ausgegeben und keinen Cent davon bereut! Er genoss
die Gunst der Stunde und war häufig einer der letzten Gäste im jeweiligen
Lokal, meist mit einer sehr ordentlichen Zeche – schönen Gruß an die Leber.
Aber intensives
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