Ohne Skrupel
mit
Gewissen, Anstand und Verantwortungsgefühl für seine mehr als 4000 Mitarbeiter.
Aber der Senior und Haupteigentümer der Firma sollte im Sommer 2010 in
Ruhestand gehen – so ging das Gerücht.
Dr. Bucher sollte dann
offiziell das Ruder als Generalmanager übernehmen – inoffiziell machte er dies
schon, seitdem JP in der Firma war, so kam es JP wenigstens vor. Seitdem Dr.
Bucher das Sagen hatte, wurde alles härter, überwachter, kaufmännischer,
eingeschränkter.
Dr. Willibald Bucher,
Hauptgeschäftsführer, war aalglatt, unnahbar, knallhart, sehr intelligent, aber
scheinbar ohne Herz. Nur die Zahlen zählten für ihn. Wahrscheinlich gut für das
allgemeine Wohl der Firma, aber eine Katastrophe für die einzelnen Mitarbeiter.
Gehaltserhöhung: negativ, Urlaubsgeld: gestrichen, Weihnachtsgeld: gestrichen,
Schichtzulagen: das Minimum. Reisefreiheit: sehr eingeschränkt. Firmenfeiern:
keine Nennenswerten mehr seit einem Jahr.
Vor fünf bis sechs Jahren
war die Malinger GmbH & Co. KG wohl noch das reinste Schlaraffenland für
die Mitarbeiter gewesen. Aber das passte scheinbar nicht mehr in die moderne
Zeit. Dr. Bucher war eine „harte Nuss“, aber mit ihm hatte JP noch nicht viel
zu tun gehabt. So sollte es hoffentlich auch bleiben. Obwohl: Jetzt als
Abteilungsleiter der IT in Deutschland würde sich dies leider ändern. JP hatte
sich als einfacher Datenbankadministrator beworben. Natürlich war das weit
unter seinem Können, aber er hatte es ganz bewusst so für sich ausgewählt. Er
wollte nicht wieder Programmierer, Systemanalyst oder Abteilungsleiter sein!
Nach dem New Yorker
Desaster hatte er sich und seiner Familie geschworen: nie wieder Risiko! Keine
IT-Verantwortung! Nie wieder Mutterfirma in Napoli oder Palermo! Nie wieder
mittendrin im Sumpf des Verbrechens!
Und jetzt das! Franz
Korber bietet ihm einen großen Karrieresprung, den er gar nicht wollte! Oder
doch? Im Selbstgespräch murmelte JP vor sich hin: „.... Und was tue ich Arsch?
Ich unterzeichne gleich noch am Mittagstisch meinen neuen Vertrag. Gültig
rückwirkend zum 1. Januar 2010. Gott, bin ich nuttig! Sogar meine neuen
Visitenkarten hatte Franz schon dabei. Dann noch ein Gläschen Champagner – zum
Feiern und Anstoßen. ... Andererseits: Reiner Datenbankadministrator war ich
eigentlich nie; von Anfang an habe ich mich um die wirklich komplizierten Dinge
in den Rechenzentren gekümmert. Und in letzter Zeit ging irgendwie gar nichts
mehr ohne mich. Das ist mir zwar nicht recht, aber wenn ich es ohnehin schon
tun muss, warum nicht auch entsprechend bezahlt werden? Vielleicht steckt auch
gar nichts dahinter – Talent erkannt, Talent gefördert: Beförderung – so
einfach kann´s auch sein.“
Die Rechnung von „Käfers“
war heftig – viel höher, als man vernünftigerweise für einen Business Lunch
ausgeben sollte, aber der gute Dr. Bucher hatte wohl auf ein gepflegtes Essen
bestanden. JP konnte sich kaum noch bücken um die Schnürsenkel zuzubinden, so
voll war seine Plauze. Und zum Abschied sagte Franz: „Na, macht es Ihnen Spaß,
dem Chef die Hosen runterzulassen?“ Und da war er wieder, dieser irgendwie schüchtern-interessiert-verstörte
Blick! Was zum Teufel stimmte da nicht? Was sollte JP davon halten? Irgendetwas
war ihm hier offensichtlich entgangen und so murmelte er wieder vor sich hin.
„Ich komme schon noch drauf! Mich verarscht keiner!“
Was soll’s, das Whiskyglas
war leer – ein kleines Schlückchen noch, aber dann ab in die Falle.
Mitte Februar 2010,
Dresden
Victor Ivan Kurostzov war durch und
durch Soldat. Ehemals Fremdenlegionär, im Moment allerdings freischaffender
Spezialist für Alles. Für Alles das viel Geld brachte! Victor liebte es
„einfach und effizient“. Aufträge nur telefonisch, Cash oder Nummernkonto in
der Schweiz – 50 % vorab – 50 % bei Lieferung, keine Fragen, keine Namen! Dann,
nach Auftragserledigung: ab ins Puff, dann Urlaub, dann nächster Auftrag.
Skrupel: keine. Moral: keine, Gewissen: keines, Loyalität: ja, dem Geld
gegenüber. Er war durch und durch Profi!
Victor Ivan musste sich
um Aufträge nicht sorgen. Er war gut im Geschäft. Kumpels aus der
Fremdenlegion, vom Ex-KGB, Stammkunden – es kamen immer neue Aufträge herein.
Mal Personenschutz, mal Informationsbeschaffung, mal Infiltration, mal
Einschüchterung, mal Geld eintreiben, mal finale Endlösungen für problematische
Zielobjekte. Sogar eine Entführung war schon mal dabei. Immer abwechslungsreich,
immer mit
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