Ohne Skrupel
sie und ihre beiden Brüder sprachen nur deutsch
miteinander. Anfang Oktober verbrachten sie einen sensationellen einwöchigen
Urlaub am Gardasee und JP spürte mal wieder so richtig Hummeln im Bauch und war
drauf und dran, sich in Julietta zu verlieben.
Aber irgendwie ebbte
dieses Gefühl wieder ab, bevor es sich richtig entfalten konnte. JP wusste gar
nicht warum – Julietta traf wirklich keine Schuld! Er war verkorkst und
herzensgeschädigt. Seine große Liebe saß leider nicht ganz freiwillig in New
York fest. Rational konnte er diese Verbundenheit zu seiner Vergangenheit
ohnehin niemandem erklären. Aber wer kann schon Emotionen rational erklären?
Julietta war geradezu putzig um JP bemüht, sie kaufte ein, bekochte ihn,
verwöhnte und bewunderte ihn, badete mit ihm gemeinsam in der Badewanne und
wollte einfach so viel wie möglich Zeit mit ihm verbringen. Aber das ging JP
mehr und mehr auf die Nerven. Er fühlte sich eingeengt, in seiner Freiheit
beschnitten, bei seinem Hobby behindert. Er hasste sich dafür!
Er fand sich selbst
äußerst ungerecht Julietta gegenüber und hätte ihr einen besseren Freund als
sich selbst gewünscht. Er hoffte, dass sie vielleicht jemand Nettes
kennenlernen und von sich aus Schluss mit ihm machen würde. Schon zum
Winteranfang hatte er wieder andere Freundinnen nebenbei und provozierte es,
dass Julietta dies bemerken und zumindest aus diesem Grunde endlich mit ihm
brechen würde. Er selbst traute sich einfach nicht, diesen Schritt zu tun. Wie
sollte man mit jemandem Schluss machen, der nichts falsch macht und nebenbei
noch eine ganz tolle Frau war.
Nun gut, der Job hatte
ihm vielleicht diese „Fairness gebietende“ Pflicht, auch sie in ihre Freiheit
zu entlassen, abgenommen. Im Moment war sie sehr verärgert und wollte ihn nicht
mehr sehen. Es war wiedermal einer dieser späten Abende, – dunkel war es
ohnehin schon seit Stunden – wo die Putzkolonne schon mit dem Staubsaugen
fertig und niemand mehr außer JP im Büro war. Einer der jungen Praktikanten,
Anton Hirma, den JP nur vom Sehen kannte, kam in sein Büro und stammelte, ob er
noch stören dürfe. Ihm sei etwas aufgefallen, das er sich nicht erklären könne
und sein direkter Chef sei gerade im Skiurlaub. Er habe die Aufgabe, die
Produktionsdaten von Außenspiegeln, Lenkrädern und diversen
Innenraumausstattungen zu analysieren und Abgleiche auszuwerten. Bei einigen
Dingen könne er sich einfach keinen Reim darauf machen. Es müsste wohl ein
Fehler im Computerprogramm sein.
JP fand es zunächst
befremdlich, dass ihn dieser Anton Hirma siezte, zumal sie an Jahren nicht weit
auseinanderlagen. Aber er hörte sich interessiert an, was der junge Kollege zu
erzählen hatte. Zuerst dachte er, dass es sich um einen Bedienungsfehler von
Herrn Hirma handelte, dann verglich er die angewandten Formeln und
Abfragelogiken. Er war baff erstaunt! Da stimmte etwas nicht! Der Kollege
hatte,
a) weil er die Zeit dazu
hatte und
b) weil er es einfach
konnte, hier einen echten Fehler der Datenqualität entdeckt.
JP bedankte sich ganz herzlich
bei Herrn Hirma und verabschiedete sich nach gut zwei Stunden gemeinsamer
Fehlersuche. Er würde sich darum in den nächsten Tagen kümmern. Hirma sollte
inzwischen nicht mit anderen über seine Entdeckung sprechen. JP war eigentlich
schon auf dem Parkplatz, als ihm diese immer wiederkehrenden Mengenfehler, die
Hirma entdeckt hatte, nochmals durch den Kopf gingen. Prompt machte er kehrt
und legte eine lange Nachtschicht ein. Er musste ein paar Skripte auf die
virtuelle Reise durch die Malinger IT-Systeme schicken, um am nächsten Morgen
frühzeitig ein paar Ergebnisse in Form von Reports vorliegen zu haben.
Erst um 03:45 Uhr verließ
ein völlig ermatteter JP Santa Cruz sein Büro. Die Suche hatte sich schon jetzt
gelohnt. JP würde nun kaum schlafen können, aber er musste morgens vor 06:45
Uhr schon wieder im Office sein, um die weiteren Reports abzufangen, bevor die
Kollegen mit der Arbeit begannen. JP war erschöpft, aber innerlich total
aufgewühlt.
Es wäre ihm lieber
gewesen, er wäre nicht fündig geworden, nicht so!
Ende Februar,
40 km südlich von Prag
Er beobachtete ihn seit Tagen! Das
Objekt war ein Mann der festen Gewohnheiten. Ein leicht zu durchschauender,
hemdsärmeliger Handwerker-Typ. Er hatte es weit gebracht: vom Werkzeugbauer zum
Werksleiter und Mitbesitzer eines 430-Mann-Unternehmens. Branche:
Autozulieferer, Name: Fiodr Youl, 58 Jahre, verheiratet, zwei
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