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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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mich
entscheiden soll.“
    Herr Joseph Malinger,
Mehrheitseigner des Malinger Autoteile Konzerns, hatte ein klares Machtwort
gesprochen. Das versammelte Gremium des Topmanagements war in zwei Lager
gespalten. Es gab vehemente Befürworter für die italienische Firma und genauso
viele Verfechter für das tschechische Unternehmen. Beide Firmen gleichzeitig zu
kaufen, war der Kompromiss aus vielen vorherigen Debatten. Es entstand auch
diesmal wieder eine sehr hitzige Diskussion und jede Seite vertrat lautstark
und mit jeweils gut fundierten Argumenten ihren Standpunkt. Die Gespräche zogen
sich bis zum frühen Nachmittag hin. Hätte man die Stimmen durchgezählt und
hätte es Joseph Malinger interessiert, wäre es zu einem Pari gekommen. Aber
dazu kam es nicht. Joseph Malinger, der Patriarch, sprach ein Machtwort.
    „Elisabeth, meine Herren
– wir brechen das jetzt ab! Mir schwirrt der Kopf und ich muss in Ruhe darüber
nachdenken. Ich werde am Montag, den 12. April, dazu eine Entscheidung treffen.
Die Italiener kosten sehr viel weniger, das ist verlockend. Die Tschechen
ergänzen uns gut im Sortiment – aber der Preis ist mir im Moment einfach viel
zu hoch! Ich möchte, dass Sie nachverhandeln“, ein klares Nicken stellte
eindeutig klar, wessen Aufgabe dies war, „und mir spätestens bis zum Freitag,
den 9. April, ein überarbeitetes Verkaufsangebot vorlegen. Ich möchte, dass
vollkommenes Stillschweigen über unsere Absichten herrscht. Es macht sich gar
nicht gut vor unseren Mitarbeitern, wenn wir Löhne und Gehälter nicht erhöhen,
Urlaubs- und Weihnachtsgelder streichen und dann neue Firmen kaufen. Wenn etwas
vorzeitig nach außen dringt, beeinflusst es nur den Kaufpreis negativ. Also,
nächster Termin zu diesem Thema ist der 12. April um 9:00 Uhr. Ich plane dafür
eine Stunde ein. Ich wünsche allen einen guten Tag!“
    Joseph Malinger hatte
seine Firma wirklich gut im Griff! Er führte sein Unternehmen seit mittlerweile
25 Jahren und war sich nicht sicher, ob er sich schon reif für den Ruhestand
fühlte. Er war nun 67 Jahre, sollte wohl – aber wollte eigentlich nicht. Diese
knallharten Sitzungen und die Möglichkeit die Entscheidungen zu treffen, sie
würden ihm sehr fehlen. Seine Hobbys waren extrem verkümmert und spärlich. Vier
bis fünf Mal im Jahr zum Fliegenfischen in seine privaten Gewässern, ein bis
zwei Mal zur Jagd und gelegentlich eine Partie schlechtes Golf: Mehr war nicht
drin. Sein Hobby, sein Leben, war immer seine Firma. Er war Witwer seit vier
Jahren. Seine Kinder waren inzwischen alle erwachsen und hatten schon eigene
Kinder – er war somit schon vielfacher Opa von insgesamt sieben Enkeln, die zum
Teil auch schon wieder Familien gründeten. Es war schade, dass von seinen
eigenen drei Kindern niemand die Gesamtgeschäftsleitung seines Konzerns
übernehmen konnte.
    Herbert, der Jüngste, war
Physiker und in der Forschung tätig. Er verstand vom Geschäft soviel wie eine
Kuh vom U-Boot fahren. Er hatte zwei Söhne, die beide in München studierten,
Jura und Betriebswirtschaft. Joseph hatte die Hoffnung, dass beide den Konzern
in den nächsten Jahren weiterführen würden. Sie waren beide sehr begabt und
ihre moralischen Werte entsprachen seinen konservativen Vorstellungen. Sie
hatten beide schon in seiner Firma in ihren Ferien gejobbt und er würde sie
beide gerne entsprechend fördern und in Richtung Geschäftsleitung entwickeln.
Andreas, sein ältester Sohn, war das „sprichwörtlich schwarze Schaf“ in der
Familie Malinger. Er lebte in Neuseeland und hatte sich mit Papas
Abfindungsgeld seine neue Existenz – eine große Schaffarm – gekauft. Aber er
hatte keinerlei Kontakt zur Familie in Deutschland – schon seit 29 Jahren nicht
mehr. Joseph war sich nicht sicher, ob sein Sohn in Neuseeland Kinder hatte. Er
hoffte nicht. Verheiratet war Andreas jedenfalls nicht. Und das war gut so. Sie
hatten sich damals im Bösen getrennt und ein Joseph Malinger widerruft keine
seiner Entscheidungen.
    Seine Tochter Amelie, die
Mittlere, war in Schottland mit seinem Finanzchef Dr. Ian McGregor verheiratet.
Sie war die Mutter von fünf Kindern und damit beruflich nicht für Malinger
verwertbar. Joseph hatte den Schotten noch nie gemocht und konnte nicht
verstehen, was seine Tochter zu diesem Mann hinzog. Was den Schotten zu ihr
hinzog, war für Joseph Malinger klar wie Kloßbrühe: Das Geld! Amelie war leider
dumm und hässlich. Aber es waren nun mal die fünf Kinder da und was sollte

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