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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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daraufhin sofort von seinem Bruder energisch gerüffelt.
    „Mensch, jetzt find dich doch endlich mal damit ab, dass deine liebe kleine Tochter inzwischen eine attraktive, fast erwachsene Frau ist und es für sie noch andere Männer gibt, als ihren alten Vater!“, schimpfte Tannenberg ungehalten drauflos. „Zumal dieser Max ein ausgesprochen netter junger Mann ist. Außerdem liegt der arme Kerl gerade im Krankenhaus. Aber zum Glück nur im künstlichen Koma, wie deine Tochter mir erzählt hat.“
    „Wo liegt er denn?“, warf Dr. Schönthaler ein.
    „In der Schlossklinik in Trippstadt.“
    „Ach, beim Professor Frischfleisch“, sagte der Rechtsmediziner, ohne seinen Worten anscheinend eine besondere Bedeutung beizumessen.
    Ganz im Gegensatz zu Wolfram Tannenberg. „Professor Frischfleisch? Wieso denn das? Los erzähl!“
    „Das ist halt nun mal sein Spitzname.“
    „Und warum?“, bohrte der Kriminalbeamte nach.
    „Deshalb, weil er eben ein guter und zuverlässiger Lieferant für Eurotransplant ist. Besonders jetzt im Frühjahr und Sommer, wenn diese Verrückten mit ihren Motorrädern wieder auf der B 48 herumrasen. Nach diesen Organen leckt sich ja sozusagen jeder Transplantationsmediziner geradezu die Finger: blutjunge, gesunde Körper mit optimal verwertbaren Organen. Und da diese Unfallopfer fast immer lediglich schwerste Kopfverletzungen aufweisen, ist der Rest meist völlig unverletzt. Wie gesagt: optimal. Und der liebe Herr Professor Dr. Claude Le Fuet spielt ja quasi wie der berühmte Knabe direkt an der Quelle – um es einmal poetisch auszudrücken.“
    „ Wie heißt der?“, wollte Tannenberg wissen.
    „Der heißt halt so, wie er heißt: Claude Le Fuet. Mir hat mal ein Kollege erzählt, der ihm einmal auf einem Kongress über den Weg gelaufen ist, dass der liebe Herr Professor aus Lothringen kommt und dass sein Name auf Deutsch ›Der Edle‹ bedeuten würde. Angeblich stammt er aus einem alten Adelsgeschlecht.“
    „Wieso hast du gesagt, dass er an der Quelle spielen würde?“, fragte Heiner, scheinbar ohne den jüngsten Einlassungen des Pathologen gedanklich gefolgt zu sein.
    „Na ja, ich vermute mal, dass aufgrund der zentralen Lage der Notarztwagen der Schlossklinik eben fast immer als erster an der Unglücksstelle eintrifft. Außerdem hat sich die Klink gerade auf diese Art von Verletzungen inzwischen so stark spezialisiert, dass die Kollegen dort auch Patienten aus anderen Gegenden mit dem Hubschrauber eingeflogen bekommen. – Und wenn nichts mehr zu machen ist und die Leute hirntot sind, wird eben Eurotransplant verständigt. Die schicken dann sofort ihren Hubschrauber los und fliegen von dort aus die benötigten Spenderorgane direkt in die jeweilige Transplantationsklinik.“
    Heiner krauste die Stirn. „Sag mal, Rainer, ging da nicht vor kurzem ein Bericht durch die Presse … Über illegalen Organhandel in Osteuropa und in … Wo war das nur noch mal?“
    „Davon, Bruderherz, hab sogar ich gehört“, bemerkte Tannenberg. „Da ging’s auch um Indien und besonders um die Tatsache, dass in China sogar die Regierung sehr lukrative Geschäfte mit den Organen von Hingerichteten machet.“
    „So eine Riesensauerei!“, schimpfte Heiner.
    „Ihr seid mir vielleicht scheinheilige Moralisten“, ging Dr. Schönthaler die beiden Brüder verbal an. „Holen wir diese Sache doch einfach mal vom ethischen Olymp, also von der abstrakten, theoretischen Ebene herunter zu einem konkreten Beispiel: Heiner, stell dir mal vor, deinem Sohn Tobias würde ein Arzt diagnostizieren, dass seine Nieren nicht mehr einwandfrei arbeiten und damit zu rechnen ist, dass sie irgendwann demnächst wahrscheinlich ganz versagen werden.“
    Heiner wollte direkt zu einer Gegenrede ansetzen, aber der Gerichtsmediziner machte eine abweisende Handbewegung. „Bevor du protestierst, hör dir erst mal an, wie’s weitergeht. Also: Tobi kommt bei Eurotransplant auf die Liste – und zwar ganz nach hinten! Und nun beginnt diese schrecklich zermürbende Warterei darauf, dass sich endlich die Zentrale meldet und euch mitteilt, dass zwei geeignete Spendernieren gefunden wurden und sie sofort implantiert werden können. Das ist die positive, aber leider ziemlich unrealistische Variante. Die andere sieht so aus: Stell dir bitte mal vor, ihr kommt nicht an die Reihe. Tobias Zustand verschlechtert sich weiter und du musst damit rechnen, dass du tatenlos mit ansehen musst, wie er dir wegstirbt.“
    Der Pathologe befeuchtete

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