Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
Vom Netzwerk:
einströmenden Luftschwall näher zu differenzieren.
    Zuerst erschnüffelte er eine schwere, süßliche Komponente.
    Was ist das? Er konzentrierte sich. Er wusste ganz genau, dass er diesen eigentümlichen Geruch schon öfter in der Nase gehabt hatte. Er brauchte nicht lange, dann hatte er das Rätsel gelöst: Flieder! Ja, das ist eindeutig Flieder!
    Er gab sich vollständig diesem betörenden Duft hin, tauchte tief in ihn ein.
    Aber da ist noch etwas anderes!
    Es war eine dünne, flüchtige Duftspur, die kaum nachdem sie einige seiner Riechzellen in helle Aufregung versetzt hatte, schon wieder verschwunden war. Er versuchte, sein Riechzentrum umzudirigieren, die neue Witterung stärker aufzunehmen. Leider genügte dieser punktuelle Sinnesreiz nicht, um eine Identifikation dieses anderen Aromas zu ermöglichen. Er versuchte es erneut. Dass es sich bei diesem Odeur um einen Duft und nicht etwa um eine schlecht riechende Geruchsvariante handelte, stand für ihn völlig außer Zweifel.
    Nur was ist es?
    Ein neuer, etwas kräftigerer Luftzug beendete abrupt seine Unfähigkeit, das, was er eben in Form winziger Moleküle wahrgenommen hatte, definitiv einordnen zu können. Jetzt hatte er die Duftspur gefunden, die immer intensiver wurde.
    Ich fasse es nicht: Frische Brötchen!
    Obwohl er durch eine Magensonde mit sättigender Flüssignahrung verköstigt wurde und deshalb keinen Hunger verspürte, hatte er doch Appetit. Aber es war nicht nur Appetit, es war ein gigantischer Heißhunger, eine unermesslich intensive Gier nach diesen ofenfrischen Backwaren, die ja eigentlich viel besser riechen als sie schmecken.
    Genau wie Waffeln!, dachte er, korrigierte sich aber sogleich wieder. Nein, bei Waffeln ist es ist noch viel, viel schlimmer, jedenfalls bei mir.
    Diesem magischen Geruch war er in der Vergangenheit stets willenlos ausgeliefert gewesen. Egal, was er vorher gegessen hatte, ob ein Matjes-Brötchen oder einen Hamburger; sobald er frisch gebackenen Waffelteig roch, konnte er einfach nicht widerstehen.
    Es war eine Obsession, eine regelrechte Sucht, ein Abhängigkeitsverhältnis verbunden mit einem direkten Befriedigungsbedürfnis. Seine ausgeprägte Gier nach diesen köstlichen Backwaren hatte eindeutig den Charakter einer Zwangsneurose, die manchmal sogar wahrhaft groteske Züge annahm. So hatte er zum Beispiel einmal einen wichtigen Anschlusszug verpasst, bloß weil er diesem verführerischen, höchst aromatischen Wohlgeruch nicht widerstehen konnte, der ihn vom Bahnhof weg auf das Gelände einer benachbarten Grundschule führte.
    Die Oberschwester schien für mentale Exkurse in die Welt der Sinnesfreuden kein Verständnis zu haben, denn mit einer abrupten Bewegung verschloss sie das Fenster und kappte damit Maximilians einzige direkte Verbindung zur Außenwelt.
    „Maria, kommen Sie mal her und machen Sie unseren jungen Freund hier mal ein bisschen sauber!“, rief Rebekka mit barschem Ton in Richtung des Nebenraums.
    Schwester Maria befolgte umgehend die Anweisung. Zuerst entledigte sie Max seines dünnen Hemdchens und wollte gerade damit anfangen, ihn zu waschen, als ihre ältere Vorgesetzte plötzlich laut ausrief:
    „Ach Gott, hat der Mann einen kleinen Schniegel. Haben Sie schon jemals so ein mickriges Ding gesehen?“
    „Äh, nein, äh, Oberschwester“, stammelte die Angesprochene verlegen.
    Blöde alte Ziege, sei froh, dass du ihn nur in diesem Aggregatzustand kennst; du würdest angesichts seiner Dimensionen spontan in Ohnmacht fallen!, grollte Maximilian lautlos in sich hinein.
    Maria war diese Situation anscheinend ziemlich peinlich, denn sie legte ihm sofort ein Tuch über seine entblößten Genitalien.
    „So, Herr Heidenreich, jetzt kommt das Angenehmste am ganzen Tag. Wir machen nämlich jetzt mal etwas für Ihre Schönheit und machen Sie ein bisschen frisch. Dann werden wir uns gleich wieder viel wohler fühlen. Sie sehen heute auch schon viel besser aus als gestern, richtig gesund.“
    Aber der Gegenstand, mit dem sie ihm nun zu Leibe rückte, war lange nicht so weich und wohlriechend wie der von ihr beim letzten Mal benutzte. Diesmal war es kein zarter Lappen, sondern ein rauher, leicht nach Kunststoff riechender Waschhandschuh. Wie bei einer guten Massage verspürte er dort, wo sich Maria schrubbend und bürstend gerade abmühte, zunächst einen leichten brennenden Schmerz auf dem bearbeiteten Hautsegment, der aber schnell in ein wohliges Wärmegefühl überging.
    Gleich nach dieser Rubbelaktion

Weitere Kostenlose Bücher