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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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mich? Wellfleisch zum Beispiel?“, fragte Wolfram Tannenberg mit vorwurfsvollem Unterton in Richtung seiner Mutter, denn urplötzlich war der schon verflüchtigte Appetit wieder zurückgekehrt.
    „Wolfi, das tut mir wirklich sehr Leid für dich, aber du wolltest ja gestern Abend nicht mit uns essen. – Über das Wellfleisch hat sich dein Vater schon hergemacht.“
    „Hat richtig gut geschmeckt!“
    „Jacob, jetzt hör doch auf, den armen Wolfi auch noch zu ärgern! Komm, Wolfi, dann iss halt ’ne Bratwurst!“
    „Bratwurst? Von mir aus! Aber mit viel Sauerkraut!“
    „Und mit selbst gemachtem Kartoffelbrei.“
    Plötzlich klopfte es draußen an der Wohnungstür. Es war ein kaum hörbares, leises Geräusch, das Tannenberg nur deshalb gehört hatte, weil für einen Moment absolute Ruhe in die Küche eingekehrt war.
    Die alte Frau begab sich zur Tür. Wenig später kehrte sie mit Tannenbergs völlig apathischer Nichte im Schlepptau zurück.
    „Ach Gott, Kind, was ist denn passiert? Komm, setz dich mal hin. Hast du schon lange an der Tür gestanden?“, fragte sie, während sie ihre Enkelin wie eine gebrechliche Greisin an den Esstisch geleitete.
    Marieke antwortete nicht. Leise vor sich hin wimmernd, sank sie auf dem Küchenstuhl in sich zusammen. Tannenberg setzte sich neben sie, nahm sie in den Arm.
    „Was ist denn passiert?“, wiederholte er die Worte seiner Mutter.
    „Max“, war das einzige Wort, das ihre bebenden Lippen verließ.
    „Was ist mit Max?“, setzte Tannenberg mit ruhiger Stimme nach.
    Marieke schlug die Hände vors Gesicht, schluchzte jämmerlich.
    „Seine Mutter … hat angerufen … Er ist … hirntot …., meinen die Ärzte.“
    „Oh Gott, Kind!“, sagte Margot Tannenberg ergriffen und streichelte zärtlich über den Kopf ihrer Enkelin.
    Dann herrschte für eine Weile nahezu völlige Stille in der schlicht eingerichteten, aber gemütlichen Wohnküche. Das einzige Geräusch, welches man vernehmen konnte, war das herzzerreißende Gewimmer des 17-jährigen, leidgeprüften Mädchens, dem alle anwesenden Familienmitglieder liebend gerne bei der Bewältigung seines Kummers geholfen hätten.
    „Ich kann … ihn besuchen …, wenn ich will“, stammelte Marieke. „Von ihm … Abschied nehmen …“
    Sie stöhnte laut auf.
    Tannenberg standen Tränen in den Augen. Er hätte am liebsten mitgeheult.
    „Du musst das nicht tun, Marieke, wenn du nicht willst“, versuchte er irgendetwas Tröstendes zu sagen.
    „Aber … ich muss … Ich will ihn … noch mal sehen. – Fährst du mich hin …, Onkel Wolf?“
    Er dachte keine Sekunde darüber nach, sondern erfüllte ihr selbstverständlich sofort den Wunsch. In dieser schrecklichen Situation hätte er ihr jeden Wunsch erfüllt. Er fragte auch nicht nach, warum er sie begleiten sollte und nicht einer ihrer Eltern.
    „Natürlich, mach ich das, wenn du das möchtest“, sagte er, während er seine beiden Hände auf ihre Knie legte und ihr dabei ins Gesicht schaute.
    Sie hob ihren Kopf. Nasse, gerötete Augen trafen Tannenbergs Blick. „Du gehst doch … mit rein …? … Bitte!“
    Wieder überlegte er nicht lange, sondern bekundete sogleich mit mehrmaligem Kopfnicken stumm seine Bereitschaft.
     
    „Aber, wieso ist er denn so schlimm verletzt?“, fragte Marieke mit tränenerstickter Stimme Professor Le Fuet, der die Besucher empfangen und an Maximilians Krankenbett begleitet hatte. „Er sieht doch bis auf die blauen Flecken und den kleinen Kopfverband ganz normal aus … Das kann doch einfach nicht sein …, dass er nie mehr gesund werden wird … Sie müssen sich irren!“, schluchzte sie.
    „Es tut mir ja wirklich Leid, junges Fräulein, dass ich Ihnen nichts anderes sagen kann, aber Ihr Freund hat bei diesem Verkehrsunfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten.“
    Obwohl der Inhalt dieses Satzes durchaus Hinweise auf ein möglicherweise vorhandenes Mitgefühl vonseiten des Arztes enthielt, drängte sich Tannenberg nicht unbedingt der Eindruck auf, dass eine solche Gefühlsregung auch tatsächlich bei dem ganz in Weiß gekleideten Herrn vorhanden war.
    Dafür ist er viel zu emotionslos, völlig unterkühlt, stellte der altgediente Kriminalbeamte mit der Erfahrung vieler Berufs- und Lebensjahre im Rücken fest. Ist ja auch kein Wunder. Das ist bestimmt die Folge seines täglichen Umgangs mit dem Tod. Das ist diese Berufsroutine, diese Abgestumpftheit, die man den Ärzten immer vorwirft, die aber sicherlich notwendig ist, um das alles

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