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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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konform mit Menschen dieses Schlags.
    „Und, wie läuft das Geschäft?“, wollte Schäfer wissen, nachdem Hauser sich neben ihn gesetzt hatte.
    „Welches Geschäft?“, tat Hauser erstaunt.
    „Hauser … solange du niemanden umbringst, lass ich dich in Frieden leben. Ich muss was wissen über einen Mann, der im Sommer und vielleicht auch schon davor bei den Giftlern war und dann plötzlich verschwunden ist.“
    „Was hat er angestellt?“
    „Mit ihm wurde wahrscheinlich was angestellt. Er ist tot.“
    „Und wie soll der ausgeschaut haben?“
    „Eins neunzig groß, Gewicht kann ich schwer sagen, weil nicht mehr viel Fleisch dran war, zwischen fünfundsiebzig und fünfundachtzig Kilo wahrscheinlich, Heroindiät. Blonde Haare, knapp schulterlang, und wenn du ihm zufällig in den Mund geschaut hast, waren da ein paar schöne Goldkronen drin.“
    Hauser schaute in den Park und bewegte langsam den Kopf hin und her. Er ließ sich von Schäfer eine Zigarette geben, rauchte sie hastig zu Ende und meinte dann: „Das könnte der Schweizer gewesen sein.“
    „Der Schweizer“, wiederholte Schäfer nur, um Hauser nicht aus seinem Gedankenstrom zu reißen.
    „Ja ja … der war ein paar Monate da … mal da, mal dort, meistens beim Karl, dann ist er plötzlich weg. Wir haben geglaubt, dass er zurück in die Schweiz ist.“
    „Und woher weißt du, dass er Schweizer war?“
    „Für so was hab ich ein Ohr, Herr Major“, antwortete Hauser grinsend, „oder ist ein Schweizer leicht mit einem Hamburger zu verwechseln?“
    „Nein … echten Namen hast du keinen?“
    „Echte Namen gibt es keine“, meinte Hauser geheimnisvoll und bat Schäfer um eine weitere Zigarette.
    „Und er war meistens am Karlsplatz, sagst du?“
    „Beim Karl, beim Ganslwirt … wo sie halt so sind.“
    Schäfer stand auf, gab Hauser einen Fünf-Euro-Schein und klopfte ihm zum Abschied auf die Schulter.
    „Mach’s gut, Hauser. Ich melde mich.“
    „Vergelt’s Gott, Herr Major“, sagte Hauser und lüpfte seinen nicht vorhandenen Hut.
    Schäfer ging zurück zur U-Bahn. Am Karlsplatz gab es eine Beratungsstelle, wo man ihm vielleicht mehr über den Toten erzählen konnte. Während er am Bahnsteig stand und auf die Gleise starrte, dachte er über Hauser nach. Irgendwann würde er auf eigene Kosten einen Sprachwissenschaftler beauftragen, der herausfinden sollte, woher dieser Mann stammte, der manchmal hochdeutsch sprach, im gleichen Satz einen Vorarlberger Dialektausdruck verwendete und beim nächsten wie ein echter Schwabe klang. Dann konnte ihm plötzlich ein Zitat von Adam Smith auskommen und im nächsten Augenblick wirkte er, als hätte er die letzten zehn Jahre allein in einem finsteren Keller verbracht. Ein Rätsel. Wie wir alle.
    Bei der Drogenberatungsstelle in der Karlsplatzunterführung teilte einer der Sozialarbeiter Schäfer mit, dass er sich ein wenig gedulden müsse, weil sie alle ziemlich im Stress wären. Nachdem er sich umgeblickt hatte, meinte Schäfer, dass er im Operncafé auf der Kärntner Straße auf ihn warten würde, und ging wieder. Der Sozialarbeiter kam nach knapp einer halben Stunde und setzte sich zu Schäfer an den Tisch.
    „Entschuldigung, dass es gedauert hat“, sagte er und bestellte sich einen Apfelsaft.
    „Kein Problem“, antwortete Schäfer und wartete, bis der Kellner das Getränk abgestellt hatte.
    „Es geht um einen Mann, den ich nur unter dem Namen Schweizer kenne … er selbst hat sich meines Wissens nichts zuschulden kommen lassen, im strafrechtlichen Sinn, meine ich, und wenn, wäre es jetzt auch egal, weil er tot ist.“
    Der Sozialarbeiter schaute Schäfer an und überlegte einen Augenblick.
    „Der Schweizer“, murmelte er dann, „na ja … früher oder später …“
    „Sie haben ihn gekannt …“
    „Wenn wir vom Gleichen reden, ja.“
    „Dreißig bis fünfunddreißig, groß, schulterlanges blondes Haar, Schweizer Akzent?“
    „Das dürfte hinkommen, ja.“
    „Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?“
    „Lassen Sie mich nachdenken … Juni, Juli?“
    „Und kennen Sie seinen richtigen Namen?“
    „Mir hat er sich als Willi vorgestellt“, sagte der Sozialarbeiter gedankenverloren, „aber das heißt nicht viel. Die einen wollen ihren echten Namen nicht sagen, die anderen wollen ihn vergessen …“
    „Wie lange haben Sie ihn betreut?“
    „Ich ihn betreut … das ist ein bisschen übertrieben. Er ist immer wieder vorbeigekommen, saubere Nadeln, durchchecken … ich denke nicht, dass er

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