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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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auch noch beim Abendessen gegenübersitzen … wo Schäfer schon jedes Mal nahe dran war, auf den Fernseher zu schießen, wenn der Innenminister wieder einmal über seine brillante Arbeit schwadronierte.
    Schäfer schlug die Bürotür hinter sich zu, setzte sich an den Schreibtisch und starrte auf den Bildschirmschoner.
    „Und?“, fragte Bergmann vorsichtig.
    „Diese ignoranten, bornierten, hässliche Krawatten tragenden, arschgesichtigen …“
    „Ich weiß, was Sie meinen … was genau hat er gesagt?“
    „Dass die Zahlen nicht stimmen. Nehmen uns ein paar tausend Leute weg, setzen uns Stögers Stammtischfreunde vor und dann soll die Aufklärungsquote besser werden. Was glauben die eigentlich?“
    „Effizienz, wie der Stöger zu sagen pflegt.“
    „Effizienz am Arsch“, fluchte Schäfer und stand auf, „ich brauche Luft … ich schau, dass ich den Hauser finde.“
    „Den Hermes?“
    „Wieso Hermes? … Der heißt Hauser wie der Kaspar Hauser, weil niemand genau weiß, wo er eigentlich herkommt. Und da Hermes der Götterbote ist und Hauser uns eher Informationen aus der Unterwelt beschafft, stimmt das eindeutig nicht … alles Banausen hier … wer kommt auf so einen Schwachsinn?“
    „Hermes wegen dem Einkaufswagen, den er herumführt“, erklärte Bergmann, worauf ihn Schäfer verständnislos ansah.
    „Der Einkaufswagen ist vom Merkur und der griechische Name dafür ist Hermes, deswegen.“
    „Was sind denn das für geistige Drahtseilakte … macht jetzt jeder Polizist vorsichtshalber die Abendmatura nach oder wie?“
    „Ich tippe eher auf Millionenshow“, meinte Bergmann lapidar und widmete sich wieder seiner Arbeit.
    Schäfer stand vor dem Kommissariat und atmete tief durch. Er dachte einen Augenblick nach, dann überquerte er die Straße, betrat eine Trafik und zündete sich – wieder im Freien – eine Zigarette an. Statt die U-Bahn zu nehmen, beschloss er, zu Fuß zur Friedensbrücke zu gehen – ein Spaziergang von fünfzehn Minuten, der ihm bestimmt guttäte. Eine knappe Stunde war alles gut gewesen, grantelte er vor sich hin, ins Büro kommen, Überblick verschaffen, loslegen, die Bösen fassen. Und dann kommt wieder dieser Mist herein. Kein Wunder, dass er keine Lust mehr hatte. Was würde denn ein Tischler sagen, wenn man ihm auftrüge, etwas zu bauen, das nur aussieht wie ein Stuhl und das nur deshalb nicht nach ein paar Tagen zusammenkracht, weil sich voraussichtlich ohnehin niemand draufsetzt. Aber aussehen soll es bitteschön schon wie ein feiner Stuhl! Warum waren diese grenzdebilen Fürze nicht gleich nach der Geburt in einen Sack gesteckt und im Brunnen ertränkt worden. Bei einem unerwünschten Wurf hatten sie es mit den Hunden auch nicht anders gemacht. Und die übertrugen höchstens Flöhe und steckten nicht alle rundum mit ihrer ideologischen Krätze an.
    Beim U-Bahn-Ausgang auf der Friedensbrücke standen um einen Maronistand drei Männer, deren Alter man auf Anfang fünfzig schätzen konnte. Schäfer wusste es besser: Keiner der drei war über vierzig. Ihre Kleidung war schmutzig und zerrissen, ihre Hände hielten Zigaretten und kleine Schnapsfläschchen. „Trinkbranntwein mit Fruchtaroma“ stand auf den Etiketten. Hier war eindeutig nicht der Weg das Ziel.
    „Traritrara …“, meinte einer von ihnen, als er Schäfer auf sie zukommen sah.
    „Das ist die Post … bei uns heißt das immer noch Tatütata, du Rauschgiftsieb“, erwiderte Schäfer und klopfte dem Mann auf die Schulter.
    „Na klar, jetzt, wo Sie es sagen, Herr Inspektor. Aber ich bin sauber, vier Monate schon, mindestens.“
    „Sag, Vickerl“, meinte Schäfer und hielt die Hände ebenfalls über den Maroniofen, „weißt du, oder einer von deinen Kollegen, wo der Hauser umgeht?“
    „Der wer?“
    „Der Hauser … der Rauschebart mit dem Einkaufswagen.“
    „Den Wagerl meint er“, brachte sich der Besitzer des Maronistandes ein.
    „Genau“, bestätigte Schäfer, ohne genau zu wissen, ob er denjenigen meinte.
    „Der ist immer irgendwo“, sagte einer der Umstehenden, „immer irgendwo.“
    „Geht’s vielleicht ein bisschen genauer … zumindest den Bezirk …“
    „Gestern war er noch da“, bemühte sich Vickerl, „wahrscheinlich ist er unten am Kanal am Weg, Pfandflaschen sammeln oder sein Glump verscherbeln …“
    „Danke“, sagte Schäfer und war schon im Begriff zu gehen, als ihn einer der drei fragte: „Warum rufst ihn denn nicht an, den Wagerl?“
    „Der hat ein Telefon?“ Schäfer

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