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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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haben die uns sofort wegen eines Verfahrensfehlers …“
    „Davon kannst du ausgehen … was schlägst du vor?“
    „Die beiden haben den Rücksitz des Wagens als Mülleimer benutzt … Bierdosen, Zigarettenschachteln …“
    „Die Pizzamann-Nummer?“, sagte Schäfer und schaute seinen Kollegen skeptisch an.
    „Hast du eine bessere Idee?“
    „Wenn du meinst… schauen wir, ob wir’s noch draufhaben.“
    Schäfer ging in Vernehmungsraum 1 und begann eine korrekte, aber eindringliche Befragung – während Bruckner im zweiten Raum dem Verdächtigen zusetzte, wie es eben noch legal war. Du weißt, mit wem wir dich in die Zelle stecken werden, oder? Sind ein paar abgestumpfte Tschetschenen darunter, die vom russischen Geheimdienst fast zu Tode gefoltert wurden. Serbe hin oder her, für wen sollst du gearbeitet haben, wenn nicht für die Russen, du hast einen ihrer Landsmänner auf dem Gewissen, und ich habe keine Lust, dich zu beschützen, wenn du mir nicht was lieferst, das mir weiterhilft, unsere Gefängnisse sind überfüllt, viel zu wenig Wachpersonal, da kann so was schon passieren, und dass du jemandem abgehst, glaube ich kaum, deiner Mutter vielleicht, aber die liegt ohnehin im Sterben, oder hast du da auch gelogen?
    Nach drei Stunden trafen sich Bruckner und Schäfer abermals auf dem Gang.
    „Was sagt deiner?“
    „Scheiße.“ Bruckner zog hastig den Rauch ein. „Aber so viele Varianten, wie er inzwischen aufgetischt hat, da ist klar, dass er lügt. Deiner?“
    „Hast du ein gutes Auge gehabt … er zappelt, laut und leise.“
    „Sehr gut. Eine Stunde?“
    „Sicher. Wer macht den Boten?“
    „Sagmeister.“
    „Oh, der Meister. Na hoffentlich übertreibt er es nicht wieder mit der Dienstmann-Nummer“, sagte Schäfer, drückte seine Zigarette aus und ging zurück in den Vernehmungsraum.
    Nach einer weiteren Stunde boten sie wie abgesprochen den beiden Verdächtigen eine Pause an und fragten sie, was sie essen und trinken wollten. Kurz nachdem Bruckner seinem Klienten unabhängig von dessen Wünschen ein Glas Wasser und ein trockenes Wurstbrot gebracht hatte, klopfte Sagmeister an Bruckners Vernehmungsraum und hielt ihm unbedarft eine Schachtel Chicken-Nuggets, zwei Dosen Bier, einen Erdnussriegel und eine Schachtel Zigaretten hin. Worauf Bruckner ihn anfuhr und meinte, ob er nicht lesen könne: Das sei verdammt noch mal der Vernehmungsraum 2 und die Sachen würden an Raum 1 gehen, wo Major Schäfer die Vernehmung führe. Sagmeister, der zu Bruckners Erleichterung diesmal auf seinen untertänigen Hans-Moser-Tonfall verzichtete, entschuldigte sich lange genug, um den Serben das großzügige Jausenpaket sehen zu lassen, das sich beträchtlich von seinem eigenen unterschied, und verließ den Raum. Was folgte, waren Rhetorik und Blendung. Bruckner gab sich seinem Verdächtigen gegenüber von nun an entspannt und friedlich, lächelte geheimnisvoll, als ob er längst schon alles wusste und dem Mann großzügigerweise die Chance einräumte zu gestehen. Ein plötzlicher emotionaler Wetterwechsel im Raum, der den Verdächtigen verunsichern sollte. Und die Hoffnung, dass dessen Reflexionsfähigkeit wie bei den meisten Verbrechern auf einem sehr niedrigen Niveau stehen geblieben war. Bruckner konnte sich nicht erinnern, wann sie diesen Trick zum ersten Mal angewandt hatten. Wahrscheinlich war er eher zufällig entstanden. Weil sich irgendwann ein zu Vernehmender beschwert hatte, dass sein Komplize Vorteile genoss, die ihm nicht zugestanden wurden. He, warum gebt ihr ihm eine Salamipizza und mir nur ein Weckerl, von dem ich eine Staublunge bekomme? Das ist unfair, ich will auch! Und der Polizist, der die Vernehmung führt, schaltet schnell genug und antwortet: Na, was glaubst du, warum? Tropf, tropf, sickert der Argwohn ins Gehirn des Bösen, dem das eigene Hemd näher ist als sein Komplize, warum bekommt der eine Pizza und ich nicht, das Schwein. Dass die beiden Serben in ihrem Wagen genug hinterlassen hatten, was auf ihre persönlichen Vorlieben schließen ließ, erleichterte das Ganze. Bierdose und Schokoladenverpackung wurden mittels Analyse der Fingerabdrücke dem jeweiligen Konsumenten zugeordnet. Dann wurden die entsprechenden Produkte gekauft und los ging das Spiel.
    Eine Stunde später trafen sich Schäfer und Bruckner in der Kantine, um sich über die Ergebnisse der Vernehmung auszutauschen. Jetzt müssten sie nur noch darauf achten, dass die Anwälte der beiden keine Möglichkeit hatten,

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