Ohnmachtspiele
Personal und Überstunden verrechnet.“
„Schon klar … da helfe ich dir gern … aber ich bin auch dem Ansehen unserer Zeitung verpflichtet … andererseits …“
„Was?“
„Na ja … in Zeiten wie diesen braucht jeder Auflage und Quote. Wenn ich die garantieren kann, dann frisst das Pferd den Zucker.“
„Ich verstehe“, seufzte Schäfer, „du meinst Titelseite, Schlagzeile: ‚Serienkiller in Wien? Makabres Spiel mit Menschenleben‘ … oder etwas in der Richtung.“
„Moment“, der Redakteur grinste, „ich schreibe mit.“
„Na ja … wenn der Senf aus der Tube ist …“
„… muss man ihn aufessen“, ergänzte sein Bekannter und winkte den Kellner heran, um einen Kaffee zu bestellen.
Schäfer ging mit gemischten Gefühlen zurück ins Kommissariat. Er konnte nicht abschätzen, was er eben losgetreten hatte. Ihm blieb jetzt nur, sich an die Arbeit zu machen und den Fall voranzubringen. Wenn er die Staatsanwältin auf seine Seite bringen könnte … mit ein bisschen Glück würde Mugabe irgendwann keine Wahl mehr bleiben: plötzlich ein Haufen Mordopfer mehr, ganz, ganz schlecht für die Statistik. Eine Sonderkommission, natürlich! Sofort! Bis auf weiteres unbegrenzte Mittel, das Oberkommando übernimmt Major Schäfer, an die Arbeit, meine Herren … und: toi, toi, toi!
In seine Träume versunken, war er am Kommissariat vorbeigegangen und plötzlich auf der Freyung angekommen, wo er sich verblüfft umschaute. Irgendwann finde ich nicht mehr zurück, sagte er sich und drehte um.
„Bergmann!“, begrüßte er seinen Assistenten, setzte sich und fuhr seinen Computer hoch. Er sah seine Mails durch und rief Kovacs an, um sich mit ihr eine Stunde später im Besprechungszimmer zu treffen. Ob es irgendwelche Neuigkeiten gäbe. Im Fall des Schweizers, den sie ja offiziell gar nicht bearbeitete, gäbe es Hinweise, dass er sich prostituiert hätte. Sie versuche an mögliche Freier heranzukommen. Schreyer wäre an dem Range Rover dran, der Matthias Rudenz von der Straße abgedrängt hatte. Ob einer gestohlen worden oder zur Reparatur in eine Werkstatt gebracht worden ist. Bis jetzt keine Ergebnisse, aber wenn es etwas gäbe, würde Schreyer es finden. Da konnte Schäfer ihr nur recht geben – wenn es um Recherchen ging, war Inspektor Schreyer so gut wie Rain Man beim Zahnstocherzählen.
„Der Fall aus Ihrem Buch“, sagte Bergmann, als Schäfer wieder an seinem Schreibtisch saß, „ich habe von den Deutschen die Ermittlungsakten bekommen.“
„Und?“
„Das Ganze ist in Köln passiert … 1983. Die hätten den Mann wahrscheinlich verhaften können, wenn nicht die Streife und der Notarzt so gepfuscht hätten. Die haben die Leiche sofort aus der Wanne gehievt … der eine Polizist hat später ausgesagt, das Wasser hätte bestimmt vierzig Grad gehabt, während der Notarzt darauf bestand, dass es gerade einmal handwarm war … und so weiter.“
„Hm“, meinte Schäfer, „das mit dem Draht, das ist ja auch seltsam. Ich meine: Rudenz wäre doch nie so dumm gewesen, den in der Wohnung herumliegen zu lassen.“
„Deshalb bin ich auch noch einmal alle durchgegangen, die sich den Schlüssel hätten beschaffen können …“
„Und?“
„Etwa zwanzig Verwandte und Bekannte, die bei den Laskas regelmäßig ein und aus gehen … dazu Geschäftsfreunde, Besucher aus dem Ausland … da geht’s zu wie in einer Botschaft.“
„Wenn wir irgendwelche familiären Konflikte beiseitelassen“, sagte Schäfer und nahm die Ausdrucke an sich, „wenn es nur um die Mechanik des Spiels geht … dann könnte es praktisch jeder von denen sein … wenn er sich die meiste Zeit in Wien aufhält.“
„Richtig … falls es um so ein Spiel geht, was keinesfalls …“
„Außerdem stimmt das Umfeld … bei keinem der Fälle gibt es eindeutige Beweise für ein Fremdverschulden und auch keine weiteren Spuren … das lässt zumindest auf eine hohe Bildung schließen …“
„Aber die Herren Hofräte und Arztgattinnen zu einer Vernehmung holen“, seufzte Bergmann, „da ist die Spezies vom Gürtel noch einfacher.“
„Abwarten und leise weitermachen“, sagte Schäfer und konzentrierte sich wieder auf seinen Computer.
Den restlichen Nachmittag arbeitete er daran, ein Beziehungsgefüge zu erstellen, in dem er das gesamte Umfeld der vermeintlichen Opfer zusammenführte. Sonja Ziermann – Laura und Matthias Rudenz – der Schweizer … wo gab es Anknüpfungspunkte, wo Überschneidungen? Irgendwelche
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