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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Gefühlszustand torpedierte seine Konzentrationsfähigkeit – darüber musste er das nächste Mal mit seinem Therapeuten reden, unbedingt. War doch seltsam: Kamp war ans Bett gefesselt, doch
er
hatte sich wie gelähmt gefühlt. Ein Freund bei der Zeitung. Schäfer sperrte die Tür zu seiner Wohnung auf und machte Licht. Verdammte Stille. Er ging sofort zur Stereoanlage und legte eine CD ein. Binnen einer Woche war flotation toy warning zu seiner Lieblingsband geworden. Sein Magen machte sich bemerkbar. Er öffnete das Eisfach und nahm eine Packung „Toskanapfanne“ heraus. Dann stand er über der Pfanne und rührte gedankenverloren das Gemüse durch. Er verstand. Nahm sein Telefon und ging das Adressbuch durch.
    „Gerhard? … Servus, Johannes … Gut, und dir? … Ja? … Das freut mich für dich … Warum ich anrufe: Ich hätte da eine Geschichte … Ich würde sie schon als äußerst brisant bezeichnen … Mir wäre lieber, wenn wir uns irgendwo treffen könnten … Na ja, wenn du meine Vorgesetzten hast, wirst du auch paranoid, das verspreche ich dir … Morgen Mittag? … Kenne ich, ja … Ebenfalls … Lass sie schön grüßen, schönen Abend noch.“
    Er legte das Telefon weg und schaltete die Herdplatte aus. Grinsend saß er am Küchentisch und kaute auf den halbgaren Gemüsestücken herum.
    Kamp, du Teufel, sagte er sich, du hinterlistiger Teufel!

21
    Tags darauf saß Schäfer zur Mittagszeit in einem Arbeiterwirtshaus im zweiten Bezirk und zerpflückte einen Bierdeckel. Sein Bekannter würde sich verspäten, da sich eine Pressekonferenz im Umweltministerium in die Länge gezogen hatte. Immer wieder schaute Schäfer auf die Uhr, als könnte das den Fortgang der Zeit beschleunigen. Du hast Angst vor der eigenen Courage, sagte er sich. Am Vorabend war er noch begeistert gewesen von seiner Idee – eigentlich Kamps Idee, der im AKH lag und aufgrund welcher Medikamente auch immer große Freude dabei zu empfinden schien, wie ein trunkener Kutscher die Zügel aus den Händen zu werfen. War es die Verantwortung, die Schäfer fürchtete? Plötzlich ohne den Kugelfang Kamp dazustehen? Das Spiel in die Hand zu nehmen, ohne dass jemand hinter ihm stand? Er hatte Lust, ein Glas Rotwein zu bestellen. Wie weit würde er überhaupt gehen? Das hätte er sich früher und besser überlegen müssen.
    Gerhard betrat das Lokal. Er nahm die beschlagene Brille ab, wischte mit seinem Pullover über die dicken Gläser, setzte sie wieder auf und sah sich um. Schäfer hob eine Hand, worauf sein Bekannter lachend auf ihn zukam.
    „Grüß dich“, sagte er und setzte sich an den Tisch, ohne seine Jacke abgelegt zu haben. „Entschuldige die Verspätung … die haben sich wieder einmal selbst nicht genug loben können …“
    „Worum ist es gegangen?“, fragte Schäfer höflichkeitshalber.
    „Einhaltung des Kyoto-Protokolls … da hinken wir so weit hinterher, dass es schon viel Redezeit braucht, das zu beschönigen.“
    „Vielleicht sollte der Nationalrat einmal einen ganzen Tag die Luft anhalten … da lösen wir zwei Probleme auf einmal.“
    „Darf ich dich zitieren?“ Der Journalist lachte und winkte den Kellner an den Tisch.
    „Also, worum geht’s?“, wollte er wissen, nachdem sie sich die Zeit, bis das Essen kam, mit oberflächlicher Konversation vertrieben hatten.
    „Das ist sehr sensibel, das sage ich gleich vorweg …“
    „Da bist du bei mir genau richtig“, ermutigte ihn Gerhard und rückte seinen Teller heran.
    „Also“, meinte Schäfer zögerlich und begann mit der Toten vom Alberner Hafen.
    Der Journalist hörte schweigend zu. Als der Kellner seinen Teller abserviert hatte, zündete er sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug.
    „Das gehört erst einmal verdaut …“
    „Wäre mir sowieso lieber, wenn du die Geschichte erst am Montag rausbringst … ich möchte am Wochenende nach Salzburg, und wenn das erst einmal draußen ist …“
    „Ich weiß noch nicht, wie ich das dem Chefredakteur schmackhaft machen soll … das ist schon ziemlich spekulativ … vor allem, wenn ich keine Quellen nennen darf …“
    „Glaubst du, das kümmert wen?“, meinte Schäfer und zündete sich ebenfalls eine Zigarette an, „wenn genug von euch aufspringen, geht es den Pfeifen im Ministerium doch nur noch darum, sich selbst zu profilieren. Und wenn ein Kopf rollt, dann ist es meiner. Außerdem: Wenn ihr erst einmal Druck macht, wollen die das so schnell wie möglich aus der Welt schaffen. Und dann bekomme ich

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