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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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fast zimmerhohen Ficus gelenkt, den der Gerichtsmediziner mit einem abstrusen Potpourri aus Glückwunschkarten, Spirituosenfläschchen aus Hotel-Minibars, Zinnsoldaten, angekohlten Strohsternen, Plastikspielzeug aus Überraschungseiern und getrockneten Orangenscheiben verschandelt hatte, die sich einen Wettkampf um die Aufmerksamkeit des geschockten Betrachters lieferten.
    „Ach du Scheiße“, platzte Schäfer heraus, „warum hängst du nicht gleich ein paar konservierte Körperteile auf?“
    „Wenn du nicht gleich still bist, hänge ich dich auf“, knurrte Koller, „willst du einen Punsch?“
    „Wenn er nicht selbst gemacht ist, gern …“
    Koller schlurfte murrend in die Küche und kam mit zwei Tassen wieder, die er offensichtlich von einem Stand am Christkindlmarkt entwendet hatte.
    „Da“, sagte er und stellte Schäfer den Punsch auf den Couchtisch, „hoffentlich verbrennst du dir das Maul.“
    „Vielen herzlichen Dank, mein Lieber … also: Was hast du für mich?“
    Koller nahm einen grauen Kartonordner vom Beistelltisch und legte ihn sich aufgeschlagen in den Schoß.
    „Na, dann sperr mal die Lauscher auf …“
    Das Ehepaar Chlapec. Er ein gebürtiger Tscheche aus reichem Haus, der in der Nachkriegszeit nach Österreich gekommen war, sie eine Kärntnerin, die sich zur selben Zeit in Wien als Schauspielerin und Musiklehrerin über Wasser hielt. Nach ihrer Heirat wohnten sie drei Jahre in Wien, ehe er eine Stelle als Botschafter bekam und von da an mit seiner Frau in verschiedenen europäischen Hauptstädten lebte. Zum Zeitpunkt ihrer Ermordung hatten sie bereits zwei Jahre in Budapest verbracht. Die Ermittlungen der ungarischen Polizei führten zu keinen Ergebnissen, die für den Ehemann als Mörder gesprochen hätten. Auch der Umstand, dass Franz Chlapec auf seine diplomatische Immunität verzichtet hatte und die Behörden bei ihren Untersuchungen bereitwillig unterstützte, ließ ihn als Verdächtigen bald ausscheiden. Schließlich wurde der Mord zu den Akten gelegt. Franz Chlapec kehrte nach Wien zurück, nahm eine Stelle bei einer Privatbank an und starb 1994 an einem Schlaganfall.
    „Und der Sohn?“, wollte Schäfer wissen.
    „Adoptivsohn“, korrigierte ihn Koller, „keine Ahnung, was mit dem passiert ist. Er hat damals ihn Wien gelebt und war zur Tatzeit in der Steiermark, also war er ohnehin nicht verdächtig.“
    „Wie hat er geheißen?“
    „Wie hat der geheißen … ich kann mich nicht erinnern … hab ihn auch nur einmal zu Gesicht bekommen, als er in die Gerichtsmedizin gekommen ist …“
    „Wieso ist die überhaupt bei dir gelandet?“
    „Ach … Ungarn nach der Wende … da haben plötzlich so viele Reißaus genommen … vor allem die besseren Ärzte … außerdem war Ballas ein Freund von mir und wegen Chlapecs diplomatischem Status hat es da keine Probleme gegeben … und der Junge wollte wahrscheinlich noch einmal seine Mutter sehen …“
    „Wie hat er ausgesehen?“
    Koller zündete sich seine Pfeife an und starrte an die Decke.
    „Ordentlich … ich meine, im Vergleich dazu, wie die meisten seines Alters damals herumgelaufen sind … kurze Haare, dunkelbraun oder sogar schwarz, glaube ich … vielleicht hat er sogar einen Anzug getragen, weiß ich nicht mehr … auf jeden Fall sehr ordentlich …“
    „Ordentlich … wo ist sie begraben?“
    „Auf dem Friedhof in Hadersdorf, soweit ich weiß … sagst du mir jetzt endlich, wie das mit diesen Morden zusammenhängt?“
    „Nein …“
    „Was heißt nein, du Falott … ich setze da meine Beziehungen ein …“
    „Ruhig, alter Mann“, unterbrach ihn Schäfer, „ich kann es dir nicht sagen, weil ich selber noch nichts weiß … es ist nicht mehr als ein Gefühl … “
    „Gefühl“, erwiderte Koller verächtlich, „rutsch mir doch den Buckel hinunter mit deinen Gefühlen!“
    Als Schäfer vor dem Haus auf sein Taxi wartete, fragte er sich, warum er Koller nicht mehr erzählt hatte. Er war ein scharfsinniger Denker und hatte ihm nicht nur in seiner Arbeit als Gerichtsmediziner bei vielen Fällen weitergeholfen. Allein schon deswegen verdiente er es, dass Schäfer ihn einweihte. Doch dieses flüchtige Halbwissen: dass er die ermordete Irene Chlapec für eine wichtige Spur hielt, dass er sie mit dem Schweizer, Sonja Ziermann, Laura Rudenz und ihrem Mann in ein tragfähiges Netz einknüpfen wollte, schwache Knotenpunkte, Koller hätte ihm diesen Verdacht bestimmt zerpflückt, hätte spekuliert und ausgeschlossen,

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