Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
Vom Netzwerk:
Bäuerin ihre Gäste auf und verschwand in der Küche. Die beiden gehorchten und setzten sich auf die Bank der beigefarbenen Essgruppe, die in der Ecke stand. Alles war pieksauber.
    Wenig später kam die Gastgeberin zurück und stellte ein Tablett mit vier Tassen mit Rosenmotiv auf den Tisch und die passende Kaffeekanne daneben. »Karle!«, rief sie dann, und eine Minute später trat der junge Bauer ein. Er nickte ihnen zu und Lisa und Heiko grüßten.
    »Milch und Zucker?«, fragte Frau Weidner. »So frische Milch wie bei mir kriegt ihr nirgends!« Lisa trank ihren Kaffee wie immer schwarz. Heiko tat drei Stücke Würfelzucker in die Tasse und dazu einen ordentlichen Schuss Milch, die sich sofort dekorativ kräuselte.
    »Die Silke habt ihr ja jetzt kennengelernt. Und der Max ist in Stuttgart! Der studiert«, erzählte Frau Weidner, während sie einen Teller mit Keksen auf den Tisch stellte. Es klang sehr stolz.
    »Ja, weil er was Bessers is!«, schaltete sich nun Karl ein, der bisher stumm geblieben war. Frau Weidner schnalzte mit der Zunge.
    »Kou ja net jeder sou bleed sei wie du!«
    Heiko unterdrückte ein Grinsen und trank einen Schluck Kaffee. Er war gut und stark. Karl zog die Unterlippe hoch und schmollte.
    »Frau Weidner, wir wollten Sie gestern nicht so sehr bedrängen. Aber jetzt müssten wir Ihnen noch ein paar intimere Fragen stellen.« Heiko machte eine Pause, aber es kam kein Protest. Sowas konnte er nicht gut. Er wechselte einen Blick mit seiner Kollegin.
    »Darf ich Sie fragen, wie Ihr Verhältnis zu Ihrem Mann war?«, fragte nun Lisa. Die Bäuerin nippte am Kaffee. »Ha, wie es eben so ist nach 30 Jahren Ehe. Da ist die Luft raus, wenn Sie verstehen, was ich meine. Da bleibt man dann halt zusammen.«
    »Bis dass der Tod einen scheidet?«, mutmaßte Lisa und bereute es sofort.
    Frau Weidner ignorierte die Bemerkung.
    »Und wie fühlen Sie sich so?«, fragte Heiko.
    Die Bäuerin strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und meinte dann: »Also, es ist ja nicht so, dass ich groß Zeit hätte, ihn zu vermissen. Er fehlt mir schon, ja, weil er halt weg ist. Aber die Viecher und der Hof, der Leon, da bin ich schon beschäftigt. Und dann kommt man gar nicht auf solche Gedanken, versteht ihr?«
    Erna Weidner rührte nun beinahe verlegen in ihrer Kaffeetasse, das Ganze war ihr etwas peinlich. Dass sie den Rudolf nicht richtig vermisste. Aber es war so. Sie konnte ja nichts dafür. Sollten die Kommissare eben denken, sie wäre herzlos.
    Lisa nagte an ihrer Unterlippe. »Wann können wir ihn denn begraben?«, fragte die Bäuerin nun.
    »Nächste Woche voraussichtlich«, antwortete Lisa.
    Frau Weidner nickte. »Bloß, dass ich das weiß. Das ist viel zu organisieren, so eine Beerdigung, wisst ihr!«
    Wieder rührte sie in ihrer Kaffeetasse und sah dabei zum ersten Mal etwas hilflos aus.
    »Und wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater?«, wandte sich Heiko nun an Karl, der seit der Bemerkung über seinen Bruder düster vor sich hingebrütet hatte und unschlüssig seine Kaffeetasse in den Händen drehte. Er wirkte nervös und irgendwie wütend. Der junge Bauer schnaufte durch.
    »Ha, gut! Wir waren ab und zu zusammen beim Silvio und mit dem Herbert versteh ich mich auch gut!«
    Frau Weidner winkte ab. »Der Rudi hat sich nicht besonders um seine Kinder gekümmert.« Sie seufzte und fügte hinzu: »Zumindest letztens nicht mehr.«
    Die Tatsache, dass Karl nun mit gesenktem Kopf dasaß und verlegen den Keks in seiner Hand anstierte, deutete Heiko als Zustimmung.
    »Und Ihre Tochter?«, fragte nun Lisa.
    »Mit der war es ganz aus, als sie gebeichtet hat, dass sie schwanger ist«, sagte die Bäuerin und hielt den Keksteller hoch. Lisa nahm ein Waffelröllchen und Heiko einen viereckigen Keks mit Vollmilchschokolade.
    »Was ist mit dem Vater von dem Kind?«, wollte Lisa wissen und wartete gespannt die Reaktion der Bäuerin ab.
    Frau Weidner schnaubte.
    »Wer das ist, das wüsste ich auch gern. Aber sie sagt ja nichts!«
    »Ist halt ein Luder, meine Schwester. Statt dass sie mit dem Herbert geht, der wär recht für sie«, ließ sich nun Karl wieder vernehmen.
    Frau Weidner verdrehte die Augen. »Der versoffene Nazi kommt mir nicht ins Haus!«
    »Der is scho reechd«, murmelte Karl. Frau Weidner verdrehte erneut die Augen zum Himmel und stellte ihre Tasse krachend auf dem Tisch ab.
    »Stellt euch vor«, erzählte sie, »der Rudi hat dem Herbert 20.000 Euro vermacht. 40.000 Mark! Und jedes seiner Kinder kriegt bloß

Weitere Kostenlose Bücher