Ohrenzeugen
dass…«
Maler hob die Hand. »Natürlich verstehe ich das. Aber eins sage ich Ihnen: Die Häftlinge sind schon auch arme Teufel, schuldig oder nicht. Denn im Knast, also, das ist kein Zuckerschlecken! Da kriegt man Platzangst und so.«
»Kann sein«, gab Heiko zu.
Maler stand plötzlich auf, entschuldigte sich und ging in Richtung der Alten Schule, deren Toilette bei solchen Festen immer genutzt wurde. Heiko folgte ihm mit Blicken und wunderte sich ein bisschen, als er Maler plötzlich winken sah. Zögerlich drehte er sich um, um zu prüfen, ob der Mann vielleicht jemand anderen meinen könnte. Als er niemanden entdeckte, stand er ebenfalls auf, murmelte eine Entschuldigung und ging zu Maler.
»Ja?«
Der blonde Mann knetete seine Hände. »Es tut mir leid wegen dem Theater, aber das, worum ich Sie jetzt bitte, brauchen die anderen nicht mitzukriegen, und meine Frau auch nicht.« Heiko schwieg, zündete sich eine Kippe an und sah Maler auffordernd an.
»Also, der Herr Walter hat doch erwähnt, dass es beim Max Auffälligkeiten in der DNA gibt. Und Sie können vielleicht verstehen, Herr Kommissar, dass mich das schon interessiert, was da dabei rausgekommen ist. Wenn Sie ihn noch mal erinnern könnten, mir das Ergebnis…«
Heiko blies Rauch aus und sagte dann: »Natürlich.«
Heiko wandte sich an den schon recht angetrunkenen Italiener, als er zurück am Platz war.
»Wo ist denn Ihr Sohn, Herr Campo? Wir hätten da etwas mit ihm zu besprechen.«
Silvio Campo blinzelte. Offenbar war ihm schon etwas schummrig. »Weiß ich doch nicht«, lallte er.
Maria Campo, die nicht im Geringsten angeheitert war, hatte jedoch am Nebentisch genug aufgeschnappt, um sich nun neben ihren Mann zu setzen. Fast unmerklich schob sie das Weinglas außer Reichweite des Italieners. »Worum geht es?«
Mit einem Mal wirkte sie sehr wach.
»Ihr Sohn, wo ist er denn? Marco?«, wiederholte Heiko.
»Worum geht es?«, fragte Maria wieder und musterte den Kommissar lauernd. Heiko schwieg beharrlich.
»Verdächtigt ihr ihn?«
»Das wird sich noch rausstellen. Auf alle Fälle hätten wir ein paar Fragen!«, gab Lisa zu.
Maria dachte nach. Sie dachte angestrengt nach. Man sah es an der Steilfalte, die sich auf ihrer hellbraunen Stirn bildete.
»Ich hole ihn!«, überwand sie sich schließlich, verschwand in der angrenzenden Scheune und kehrte auch wirklich Minuten später mit dem ebenfalls angeheitert wirkenden jungen Italiener zurück.
Sie hatte sich bei ihrem Sohn untergehakt, trotzdem war sie es, die ihn führte, und nicht etwa umgekehrt. Marco setzte sich widerwillig zu Heiko auf die Bank. »Gehen wir woandershin!«, schlug Heiko vor.
»Warum denn?«, fragte der junge Campo.
»Presto!«, befahl Maria und gehorsam stand Marco auf und trottete hinter Heiko und Lisa her. Heiko stellte sich mit ihm an den Brunnen, der vom Landfrauenverein überaus kreativ mit Hunderten von Ostereiern, die auf lange Schnüre aufgefädelt waren, dekoriert worden war. Er bot Campo eine Zigarette an. Der junge Mann nahm sich eine und erst einmal rauchten sie gemeinsam. Schweigend.
Lisa räusperte sich. Sie kam sich deplatziert vor.
»Und, was is jetzt?«, fragte Campo schließlich.
»Schlechte Nachrichten, Herr Campo.«
Marco erstarrte, die Zigarette blieb auf ihrem Weg zu seinem Mund stehen.
»Warum?«
»Wir haben auf dem Stiel der Axt Ihre DNA gefunden!«, informierte Lisa.
Campo führte die Kippe zum Mund und zog daran. In der Dunkelheit leuchtete sie rot auf. »Ist ja logisch«, meinte er dann, »ich hab’ ja der Erna ab und zu mal Holz gemacht.«
Heiko machte »Hm«. Einige Dorfbewohner schlenderten vorbei, in einem möglichst langsamen Tempo. Sie waren wohl unbedingt scharf darauf, etwas von dem Gespräch mitzubekommen. Heiko schwieg aber eisern. Er wartete, bis die Dörfler schneckengleich vorbeigekrochen und außer Hörweite waren.
»Jedenfalls sind Ihre Fingerabdrücke die fünften und letzten auf der Axt.«
»Und wenn der Mörder Handschuhe getragen hat?«, wandte Marco Campo ein.
»Und wenn nicht?«, hielt Heiko dagegen.
»Jedenfalls brauchen wir nun eine… sagen wir, Präzisierung Ihres Alibis, Herr Campo.«
Campo schnaubte unwillig. »Ich hätte doch gar kein Motiv.«
»Das hatten wir doch schon mal, Herr Campo!«, meldete sich Lisa zu Wort. »Sie hatten Streit mit dem alten Weidner, wegen Silke. Muss ja nicht einmal wegen des Geldes gewesen sein. Kann ja sein, dass er der Silke die Beziehung zu Ihnen ausreden
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