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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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war nicht abgehakt. Ganz und gar nicht. Sie hatte durchaus das Gefühl, in Heiko verknallt zu sein. Aber Verknalltsein und Liebe waren zwei Paar Stiefel, unter Umständen. Ersteres verschwand, Letzteres blieb.
    Und sie wusste nicht, ob sie Stefan nicht doch noch liebte.
    »Gut«, sagte sie also und schwor sich insgeheim, dass sie sich heute Abend entscheiden würde.
     
    »Blumi, noch oons!«, bestellte Heiko und hielt sein leeres Glas hoch. Das war es, was er heute wollte: Sich volllaufen lassen! Nun war ihm auch klar geworden, warum Lisa heute den ganzen Tag so komisch drauf gewesen war. Ihr blöder Ex hatte sie wieder angegraben und sie war sofort umgefallen.
    »Weißt du, Blumi, die Weiber sind Scheiße, alle Scheiße«, meinte er, schon etwas lallend, als Blumi das nächste Hefeweizen brachte. Eigentlich mochte er das Zeug ja gar nicht. Und er war auch kein Säufer, bestimmt nicht.
    Der Wirt nickte und gab ihm einen Klaps auf die Schulter.
    »Mach dir nix draus, mein Freund«, tröstete er. »Vielleicht wird’s ja auch noch mal.«
    Heiko schnaubte. Dieser Typ war doch der Grund dafür gewesen, warum Lisa abgehauen war von zu Hause. Weil sie es nicht mehr ausgehalten hatte ohne ihn. Weil ein Tapetenwechsel ihr geholfen hatte, nicht mehr an ihn zu denken.
    An ihn, mit dem sie doch eigentlich ihr Leben hatte verbringen wollen. Ein blöder, langweiliger, hässlicher kleiner Fischkopf. Arschloch.
    Heiko trank einen Schluck Bier. Und jetzt, wenn er wieder angeschissen kam wie eine Ratte aus einem Kanal, fiel sie natürlich sofort um.
    Sie muss mit ihm reden, hatte sie ihm erklärt. Nur reden, hatte sie gesagt, und Heiko wusste genau, was das bedeutete. Heute Abend würde es bestimmt einen Versöhnungsfick geben. Wegen der guten alten Zeit. Und dann würde sie mit ihm nach Hause gehen und ihn heiraten.
    Lisa und Stefan, hörte sich doch gut an, würde sich gut machen mit Zuckerguss auf einer Hochzeitstorte.
    Aber schon okay, er würde sie vergessen, die süße, perfekte Lisa, die schön und clever zugleich war.
    Verdammt!
    Mit Schwung stellte er sein Bierglas auf den Tisch, sodass eine kleine Pfütze des Gebräus auf den Tisch schwappte.
    »Scheiße!«, entfuhr es ihm. Die einzige Frau, die er wirklich wollte, seit Jahren, ach was, seit fast einem Jahrzehnt, fing wieder was mit ihrem beschissenen Ex an. Scheiß Weiber, dachte er noch einmal.
     
    Die Ausstellung war vom Crailsheimer Lokalkünstler Erhart Prank. Er stellte großformatig gemalte Früchte und Crailsheimer Ansichten in moderner Acrylmalweise aus.
    Technisch perfekt, aber etwas zu glatt für Lisas Geschmack. Stefan gefielen die Bilder. Schon dreimal hatte er versucht, ihre Hand zu fassen, und sie dabei immer wieder leicht gestreichelt. Jedes Mal hatte sie sich ihm wieder entzogen. Sie hatten bald alle Bilder angeschaut und Stefan schlug vor, noch etwas zu essen. Sie gingen also ins ›Bullinger Eck‹, das dem Museum direkt gegenüberlag.
    Es handelte sich um ein rustikal eingerichtetes, sehr geschmackvoll in warmen Farben gehaltenes Lokal.
    Stefan bestellte geschmälzte Maultaschen, schließlich seien sie ja hier in Schwaben. Er bemerkte die bösartigen Seitenblicke, die vom Stammtisch herübergeschickt wurden, nicht. Lisa entschied sich für Spaghetti Napoli, darauf hatte sie irgendwie Lust.
    »Und, hast du darüber nachgedacht?«
    »Worüber?«
    Wieder schluckte Stefan. »Ob du mir noch eine Chance geben willst.«
    Lisa sah aus dem Fenster. Es war dunkel, und man konnte schemenhaft den Kreisverkehr erkennen.
    »Weiß nicht«, sagte sie. Den restlichen Abend drehten sich ihre Gespräche um Belanglosigkeiten. Belanglosigkeiten, aber auch um früher. Wie schön es früher war. Dass sie doch eigentlich ganz glücklich miteinander gewesen waren, und das für recht lange Zeit sogar. Dass es doch meistens schön war, dass sie immer noch zusammen wären, wäre da nicht dieser blöde Fauxpas passiert. Am Ende war Lisa melancholisch eingelullt und so erklärte sie sich mit einem nächtlichen Spaziergang einverstanden.
    Stefan nahm sofort ihre Hand, als sie vor die Tür traten, und Lisa ließ ihn gewähren. Sie schloss sogar ihre Finger um seine Faust, zögernd zuerst, dann sicherer. Die Nachtluft war kühl, aber nicht unangenehm.
    Sie liefen die Lange Straße entlang. Zuerst passierten sie die Johanneskirche, die in der Dunkelheit sehr majestätisch wirkte. Wie ein schlafender Riese, der im Mittelalter geboren worden war und seither hier lagerte.
    Ihr Weg führte

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