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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Zähler und auf Ronald als Propheten zurück.
    Weniger Flair als vielmehr Ronald Slickmann war es, der mich trieb, die Fernlehre bei Professor Niklas anzutreten. Er hatte seine Art, verständnislos zu sein, wenn man sich nicht energisch genug um ein Abendschulabitur kümmerte. Da zog ich es vor, mich energisch zu kümmern. Er hatte seine Art, sich über die Offerte von Signal-Niklas, abgekürzt Signik, zu freuen. Da beeilte ich mich, sie mit allen Konsequenzen anzunehmen. Was auch hieß, daß ich weniger und weniger Zeit für meine Freunde hatte.
    Ronald drosch die Trommel, als der Immatrikulationsbescheid kam; er stieß ins Horn, wenn ich aus Lehrpapieren knifflige Passagen deklamierte; er ließ Drommeten und Pauken erschallen, weil Flairs Pritschenkumpel Schorsch einen Schweizerdegen in der Wissenschaft des Kommunizierens unterwies, aber er beteiligte sich an keinem Versuch, mir mit Niklas’ Künsten die Erinnerung an Fedias Künste auszutreiben. Auch von der Okarina hörte ich aus seinem Mund nicht mehr.

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    Nach welchen Regeln er sich blicken ließ oder nicht, kann ich nicht sagen. Er war da, er war nicht da, die Gründe beredeten wir nicht. Wie Kommunikation meine Sache sei, sei Mobilität seine, sagte er. Als ich ihn danach ein ganzes Jahr nicht sah, verstand ich, er hatte eine Abreise angekündigt.
    Auf andere Art, nämlich sehr beredt, ließ er mich von dem Gesetz wissen, nach welchem er mich wissen ließ, was ich untermGesetz seiner Branche gar nicht wissen durfte: »Weißt du, mein Schweizerdegen, einem Gelehrten wie dir kann ich gestehen, daß ich einen Satz, den man von morgens bis abends hört, nie so ganz verstanden habe. Den Satz: Die Ausnahme bestätigt die Regel.
    Was heißt, nie ganz – ich verstehe ihn nicht. Deine Frau Moeller sieht in aller Regel auf jeden Pfennig, und dann lädt sie ins Ganymed , wo allein schon die Suppen einen Hunderter kosten. Es ist die Ausnahme, aber wo bestätigt die, daß Frau Moeller knickerig ist? Der Genosse Winifred bringt in aller Regel die Theater auf Linie, aber kaum nimmt dein Moeller den Tisch zwischen die Zähne, läßt er es sein. Eine Ausnahme. Nur, wo bestätigt sie, daß der Genosse Winifred in aller Regel die Linie selber ist? Willst du mehr davon, oder wirst du es bei wissenschaftlicher Gelegenheit Professor Niklas unterbreiten?«
    Nicht bevor ich sicher sein könne, sagte ich, daß es keine Antwort gebe, die Niklas mir abgewandten Gesichts um die Ohren hauen werde. Im Augenblick sei ich gespannt, worauf er hinaus wolle. In aller Regel pflege er solchen Eröffnungen wirkliche folgen zu lassen. Wenn diesmal nicht, sehe ich mit der Ausnahme die Regel bestätigt und warte auf seine eigentliche Eröffnung.
    »Die besteht darin, daß ich dir sage, warum ich dir manchmal etwas sage, was ich nicht sagen darf. Ich habe herausgefunden, daß ich die absolute Geheimhaltung besser hinkriege, wenn ich eine relative daraus mache. Eine Geheimhaltung gegenüber allen mit Ausnahme von dir.«
    »So daß sich, wenn du mir etwas sagst, die Regel bestätigt, daß du keinem etwas sagst?«
    »An dieser Stelle«, antwortete Ronald, »würde Gabriel Flair von Arbeitsteilung sprechen: Du machst die Witze, und mir ist es ernst.«
    »Keine Sorge, mir ist es auch ernst. Man wird nicht alle Tage zur Ausnahme ernannt. Die Witze mache ich nur, um den Ernst zu tarnen. Ich höre zu.«
    »Vom Maulhalten kriege ich die Kiefersperre. Es wirtschaftet sich leichter, wenn man vom Druck abgeben kann. Beleidigt es dich, wenn ich sage, du bist mein Überlaufventil?«
    »Ich bin geehrt, weil du nicht glaubst, ich könnte lecken.«
    »Dann ist es gut«, sagte Ronald, und das Verfahren galt als besiegelt. Es gilt bis heute. Was ich von dem, was Ronald mir weitersagte, hier erzähle, erzähle ich zum ersten Mal. Ich darf es, weil es als Geheimnis verbrannt ist oder keinen außer mir noch brennt. Ich habe Ronalds Zuteilungen hingenommen, angenommen, an mich genommen; sie haben ihn erleichtert und mich – bis auf die Ausnahme, welche die Regel stärkt – nicht beschwert. Im Grunde machte mir das Verfahren nur zu schaffen, als ich versucht war, es auf Ronald anzuwenden und ihm mit Stalin und der Okarina zu kommen. Doch weil sich diese Ausnahme aus unübersteigbaren Gründen verbot, suchte ich einen Kompromiß. Den ich fand, indem ich so brennende Geheimnisse wie die eines landwirtschaftlichen Betriebszählers mit ihm teilte.
    Einmal erschien er und richtete Grüße aus von Flair, den er bei der DEFA

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