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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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könne. Oder wolle. Oder dürfe.
    »Dürfen allemal, wollen unbedingt, können nur bedingt«, sagte er. »Sie wissen, wie es mit Aufgeschnapptem geht. Falls sich Ihnen das reimt: Nach allem, was wir wissen, hatte die polnische Sicherheit 1947 einen Gewährsmann in der US-Militärmission. Der meldete, ein deutscher Gefangener prahle mit einer Idee, die sich dummerweise mit just dem Plan der polnischen Organe decke, zu dessen lokaler Realisierung der eingeschleuste Patriot Auftrag habe. Wenn man den Bengel nicht kaltstelle, könne er das Unternehmen stören.«
    »Hat er kalt stellt oder kalt macht gesagt?«
    »Er wird von kalt stellen gesprochen haben, meinen Sie nicht?« Sagte der Genosse Zimmetsberger und schwamm, vielleicht weil ihm kalt war, erst einmal eine Bahn. Ich tat ihm gleich, wiewohl mich eine Hitze trieb. Die mich, als wir wieder vor Anker lagen, fragen ließ, ob meine ganze Polenzeit in solchen Einzelheiten verwahrt liege. Als, dachte ich nur und hütete mich, es zu sagen, Agnieszka-Zeit etwa oder, my, als Norma-Zeit. Hütete mich vor allem, meine Erkundigung auf die mitternächtliche Josef-Wissarionowitsch-Zeit auszuweiten. Wenn mein Anstaltsgefährte von ihr wußte, würde er es mich wissen lassen. Wenn nicht, sagte ich besser nichts von ihr.
    Trotz seiner Maske in Blaßblau las ich einen Anflug des Unmuts, zu dem Polizisten neigen, wenn man ihnen Fragen stellt. Doch weil ich der technische Betreuer eines seiner Pläne werden sollte, gab mir Genosse Zimmetsberger, wenngleich ein wenig nachsichtig, den Bescheid, der Gewährsmann der polnischen Genossen Kampfgefährten habe nicht mich, sondern die amerikanischen Spione und sein vaterländisches Unternehmen im Auge gehabt. Ich sei nur ein Störfaktor gewesen und deshalb kaltgestellt worden. Ge stellt wohlgemerkt.
    Störfaktor wohl, dachte ich in störrischem Stolz, aber auch Aushecker von Ideen, die sich mit welchen deckten, auf die ein polnisches Kampforgan im Kampf gegen amerikanische Spione verfallen war. Dieweil sich zu unseren mit Hilfe der schwachfarbenen Mützen um jegliche Identität gebrachten Häupten weitere Brettakrobaten zum Absprung reihten und um uns her das Wasser nach Chlor und Pisse stank, fragte ich mich, ob ich dem Genossen nicht sagen solle, bereits im Mechanikerkeller der 10. Abteilung des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit der Volksrepublik Polen habe ich aus Churchills Munde ein erstes Signal in Sachen Kalter Krieg empfangen und sei auch im Oberstübchen vom Moskauer Kreml bei Tee und Okarina mit J. W. Stalin überm Stalinschen Vermächtnis gesessen.
    Ich unterließ es und gab dem Verlangen nicht nach, dem Pritschenkumpel von Flair und Niklas mit meinem Wunsch zu kommen, er möge für mich herausfinden, ob ich seit Stalins Abgang an Stalins Weisung noch gebunden sei. Ich wollte weder kaltgestellt noch kaltgemacht werden, doch wußte ich dank Shakespeares Königsdramen, wie leicht ein verkehrtes Wort in Schutz- und Aufsichtskreisen zu unumkehrbarem Handeln führt.
    Selbst wenn der Dolch unterbliebe, würde die öde Fragerei nicht unterbleiben: Sagten Sie Stalin? Sagten Sie, dieser habe Sie zu seinem Ideengefäß ernannt? Was, nebenbei, ist ein Ideengefäß? Was, nicht ganz so nebenbei, hatten Sie bei Stalin zu suchen? Wieso hat er Sie ausgesucht? Wer, was, wann, wo, wie, warum? Das Wer scheint, wenngleich haarsträubend unklar, klar: Stalin und Sie. Auch das Was scheint, bei gleichem Kommentar, vorerst klar: Eine Vermächtnisfrage. Kommenwir zum Wann : Wann hat die Begegnung stattgefunden? Und so fort. Von diesen primitiven Erkundigungen, die dennoch die wichtigsten waren, zu subtilen hinauf und zu gemeinen hinunter: Ist denn Ihr Russisch gut genug, ein Wort wie Ideengefäß zu enthalten, und würden Sie uns dieses bitte nicht vorenthalten? Chranitelj moich ideeij? Sieh einer an! Ach, der Sowjetmarschall hat auf deutsch mit Ihnen von Ihnen als seinem Ideengefäß gesprochen? Sach ma, Jenosse, wieso kommstndu erst jetze damit über? Det stellt doch die jesamte Stalin-Forschung aufn Kopp! Oder sprechen Sie uns nun davon, weil der Mann tot ist und folglich nicht widersprechen kann? Oder, andere Möglichkeit, reden Sie darüber, weil Sie, kaum naht man Ihnen mit einer Bitte, die Kaderbeklemmung befällt und Sie keine Verbindung mit uns möchten? Ganz wie Sie wünschen, keine Sorge: Die Partei, bei der Sie wohl mit einer Strengen Rüge zu Buche stehen, erfährt nichts. Weil wir uns, das ist Prinzip, nicht einmischen in die

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