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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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friesischem Tee, aber Ronald sprach in einer schlurrigen Weise, als sei diesem Getränk ein stärkeres vorausgegangen.Was er zu tun liebte, wenn es um höhere Beträge ging. Den folgenden zahlte er mir ohne jeden Vorspruch aus.
    »Ja, du, die Fedia«, sagte er, und das Du blieb seiner Herkunft aus Glauchau nichts schuldig, »die war nicht schlecht. Die war zu gut für uns. An deiner Seite wäre sie verdorrt. An meiner Seite auch. Die wollte eingesetzt sein. Das war dann gleich etwas viel. Aber es stimmten eben nicht nur ihre Maße, sondern auch die übrigen Parameter. Der gegnerische Kerl, den die Genossen, du weißt schon, ums Verrecken benötigten, ist auf eine wie sie geflogen. – Was Wunder, du bist auf sie geflogen, ich bin auf sie geflogen, das Vaterland, das ganze Vaterland war scharf auf sie. Und zum Glück für die Welt nicht nur das Vaterland.
    Was meinst du, was es kostet, das Leben so anzuleiten, daß einer, auf den du nicht den geringsten Einfluß hast, auf eine trifft, die Einfluß auf ihn nehmen soll. Im Weltmaßstab. Die Genossen, du weißt schon, wußten doch, der Gegner checkt alles zurück bis zu den Windpocken, wenn einer seiner Captains in Liebe für ein Fräulein entflammt.
    Die Legende so nahe wie möglich dem Leben, wie Gabriel Flair zu sagen pflegt. In diesem Falle: Ein Mädchen aus Jüterbog in der Zone quittiert den Dienst, weil ihr ein Vorgesetzter immerfort ans Leibchen will. Das arme Schwein mußten sie zugunsten des Spiels fristlos entlassen. Nicht mal gut versorgen durften sie den Mann.
    Es hat sich gelohnt, im Weltmaßstab. General hätte Fedia werden müssen dafür. Daraus wurde nichts, weil der Captain sie aus dem Fenster warf. Beim Gardinenstecken, stell dir vor. Das erfuhren die Genossen von George Blake, von dem sie auch den Tunnel wußten.
    Wenn du jetzt denkst, dann war es ja überflüssig, daß sie aus dem Fenster fiel, das war es nicht. Für eine Weile dachte Langley – dein Langley, mein Lieber, dem du samt polnischer Sicherheit mit deinen stolzen Reden beinahe den Mikołajczyk-Coup vermasselt hättest –, dein Langley dachte, Fedia sei die einzige Quelle gewesen, aus der sich das hiesige Wissen über den Tunnel speiste. Auf Blake sind sie erst später gekommen. Wodurch sie erst später hörten, daß für eine historische Weileviele Fuhren Schrott durch das ruhmreiche Kabel reisten. Einzelnes entzieht sich mir; die Summe sehe ich, und ich bin stolz auf deine Freundin Fedia.
    Nein, du, die ist nicht General geworden, aber eine Schlacht hat sie gewonnen, die nicht ohne war. Natürlich, heute kannst du das nicht mehr machen. Weil dich die Hollerith-Maschine, das elende Schwein, verpfeift. Entschuldige, wenn ich so von etwas spreche, für das du wissenschaftliche Hochachtung empfindest. Aber das Scheißding frißt das Gewerbe, da das Leben aus zählbaren Dingen besteht. Willst du wissen, wieviel Sternlein stehen an dem großen Himmelszelt, oder mußt du es wissen, weil dir ein Sternchen an einer Stelle auffällt, wo vorher keins war, dann befiehlst du deinen Apparaten, die jeden Scheiß-Tag schlauer werden, sie sollen sich ans Zählen machen. – Aber, mein Schweizerdegen, wem sage ich das.«
    Er sagte es einem, der ihn kaum hörte. Er sagte es mir, der taub war fürs erste. Er sagte es einem, der infolge der höllisch kreischenden Post reif war fürs Ende. Ich meinte, die Buchhalterin gestrichen zu haben; jetzt war sie zurück als Verlust. Jetzt stand sie in roten Zahlen geschrieben. Jetzt stand Meine Freundin Fedia ist tot zu Buch. Das war die Nachricht, alles andere waren Füllsel.
    Natürlich hielt ich mich an die Füllsel. Sagte Wörter, zu denen ich keine Sätze fand. Sagte Langley und Captain und Kabel und Gardinen. Sagte Vorhang und Eisen und Vorwand und Flucht. Sagte Zone und Ami und Rudow und Jüterbog. Holte die Aufregung nach, die wir dem Tunnel schuldig geblieben waren, und sagte Tunnel, Tunnel, Tunnel. Holte auch schon aus, nach anderem zu fragen, holte wie mit der Keule aus, als Ronald mir ins Wort fiel: »Nein, ich habe nicht von ihrem Verbleib gewußt. Ja, ich habe von ihren Zwecken geahnt und finde, somit war ich von uns der, der ihr vertraute. Nein, ich hatte keine Verbindung zu ihr, und vorher, du weißt schon, auch nicht. Ja, ich bin auf sie geflogen; nein, gelandet bin ich nicht. Ja, ich dachte mir meins zu ihren Lehrgängen; nein, ich habe sie nicht in unser Geschäft gebracht. Wo wir dabei sind: Dich habe ich auch nicht da hinein gebracht. Wie ich es

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