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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Herzen eine identische Grausamkeit«, sagte der Plemplem zu Remineszens. »Doch diese Grausamkeit kennt keine Erblichkeit mit Euch. Betreibt die Begleitung meines Blicks, das ist ein gut gemeinter Rat.«
    Die alte Dame versuchte die großen blauen Augen des Geschöpfes zu fixieren, die sich langsam in ihren Höhlen drehten. Dazu legte der Plemplem seine Patschhand auf Remineszens’ verbrannten Hals und leierte unverständliche Worte in einem monotonen Singsang. Die Atmung der Verletzten beruhigte sich wieder, und ihr Blick wurde klarer.
    »So«, freute sich Ocious. »Meine Tochter scheint gerettet zu sein. Dann können wir also endlich weitermachen.«
    Die Rette-sich-wer-kann waren empört über seine Gefühllosigkeit, doch Ocious fuhr ungeniert fort.
    »Als die Unendliche Entität verschwand und das Große Chaos ausbrach, fing der Niedergang Edefias an, und seither wird es immer schlimmer. Zu Anfang ließ die Lichtintensität nach, und die Temperatur begann zu sinken. Das Klima ist immer noch gemäßigt, doch es ist längst nicht mehr so warm, wie es war. Nach und nach hat sich die Pflanzenwelt angepasst – oder sollte ich besser sagen, dass sie sich rargemacht hat? Das Land verkümmerte, die Ernten fielen mit jedem Jahr schlechter aus. Vor zehn Jahren trat dann zum ersten Mal ein Wassermangel auf. Wir haben immer drastischere Sparmaßnahmen angeordnet, doch trotz unserer Vorkehrungen hat sich die Situation verschlimmert. Nun leiden wir seit fünf Jahren unter einer schrecklichen Dürre. Die Wüste, die zu Beginn des Großen Chaos am Rand von Grünmantel endete, hat sich ausgebreitet und die einst so üppigen Wälder und fruchtbaren Ebenen verschlungen. Die Seen und Flüsse sind vertrocknet, die Trinkwasserreserven fast aufgebraucht. Und mit jedem Jahr sinken die Temperaturen weiter ab. Edefia steuert auf seinen Untergang zu …«
    Er verstummte, sei es aus Traurigkeit oder aus reiner Effekthascherei. Als er schließlich weitersprach, begriffen alle, dass Ocious ein Mann der großen Auftritte war. Daran änderte auch Naftalis kräftiger Arm nichts, der immer noch um seinen Hals lag.
    »Doch dann, vor wenigen Tagen, wurde mir klar, dass Edefias schreckliches Schicksal eine Wendung nahm: Sehr bald würde die Neue Huldvolle sich uns offenbaren.«
    »Woher wusstest du das?«, fragte Naftali.
    »Ganz einfach: Die Kammer des Umhangs ist wieder erschienen!«
    »WAS?!«, empörte sich Abakum. »Und das sagst du jetzt erst?«
    »Das Beste zum Schluss!«, spottete der Oberste der Mauerwandler. »Ja, tief in den Katakomben der Gläsernen Säule, genau unter der Mitte dieses Saals, bereitet sich die Kammer darauf vor, die Neue Huldvolle zu empfangen. Es ist nur noch eine Frage von Tagen …«

Ungewisse Schlussfolgerungen
    N
ach der nervenaufreibenden Sitzung zogen sich die Rette-­sich-wer-kann erschöpft in ihre Gemächer zurück. Naftali hatte schließlich von Ocious abgelassen.
    »Die Rette-sich-wer-kann sind keine Mörder«, hatte er ihm an den Kopf geworfen und war an seinen Platz zurückgekehrt. Anschließend wurden sie alle von Treubrüchigen und Mauerwandlern sowie von einigen Hellhörigen aus dem Sitzungssaal eskortiert.
    »Das ist doch total daneben«, hatte Oksa so laut gegrummelt, dass Ocious es hören konnte. »Das Gleichgewicht beider Welten hängt davon ab, dass ich die Kammer des Umhangs betrete. Da werde ich doch wohl kaum abhauen, oder?«
    Abakum, der einen Arm um Remineszens’ Taille gelegt hatte und sie stützte, fügte hinzu: »Keiner von uns hat Interesse daran, Oksas Einsetzung als Neue Huldvolle zu verhindern.«
    Doch der Oberste der Mauerwandler ließ sich nicht erweichen. Die Rette-sich-wer-kann durften den vorletzten Stock der Gläsernen Säule nicht verlassen.
    »Aber auf die Wachen vor der Tür könnte ich wirklich verzichten …«, schimpfte Oksa, weil mehrere Hellhörige vor ihrer Tür patrouillierten.
    Ein Stück weiter weg bewachten zwei Mauerwandler den Aufzug.
    »Kann ich wenigstens zu meinem Vater gehen?«, rief Oksa zu ihnen herüber.
    Einer der beiden verließ seinen Posten und verschwand im Gang. Kurz darauf kam er mit Pavel zurück.
    »Papa!«, rief Oksa und schob ihn in ihr Zimmer. Sie knallte die Tür hinter sich zu und warf sich ihrem Vater in die Arme. Der Plemplem watschelte herbei und lächelte so froh, dass sein Mund die ganze Breite seines runden Gesichts ausfüllte.
    »Der Vater meiner Jungen Huldvollen trägt zu einer von Erleichterung gespickten Begeisterung

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