Oksa Pollock. Der Treubrüchige
mit seiner üblichen Sanftmut und schüttelte den Kopf.
»Edefias Grenzen sind von einer großen Dichte«, sagte er bedauernd. »Eure Dienerschaft scheitert. Seinem Zugang nach Da-Draußen widerfährt die Untauglichkeit.«
Oksa sah enttäuscht aus.
»Aber wenn Ihr den Blick in diese Richtung lenken würdet«, fuhr der Plemplem fort und zeigte zum Glasfenster. »Der freundschaftliche Besuch kündigt sich an …«
Unbemerkt von den Hellhörigen, die die Tür zum Inneren der Säule bewachten, klopften zwei goldene Vögelchen mit ihren winzigen Schnäbeln von außen an die Scheibe.
»Die Pizzikins!«, rief Oksa und schlug sich gleich darauf die Hand vor den Mund.
Dann stand sie mit gespielter Gleichgültigkeit auf und öffnete das Fenster, als wollte sie frische Luft schnappen. Die Pizzikins stürzten sich auf sie und verbargen sich unter ihrem Haar. Schnell schloss Oksa das Fenster wieder.
»Junge Huldvolle!«, zwitscherten die Vögelchen ihr ins Ohr. »Welche Freude, bei Euch zu sein!«
»Wo wart ihr, liebe Pizzikins?«, fragte Oksa mit dem Rücken zu den Wachen.
»In Abakums Gemächern, zusammen mit den Sensibyllen und allen anderen.«
»Geht es allen gut?«
»Puh …«, machte eines der Vögelchen, »es ist das reinste Tohuwabohu, wie immer. Die Sensibyllen jammern über das Klima, die Kapiernixe sind ungeheuer träge, und die Getorixe zappeln dauernd herum. Ganz zu schweigen von den Goranovs, denen es gar nicht gut geht.«
»Warum?«, fragte Oksa.
»Sie haben Angst, die Mauerwandler könnten ein System zur industriellen Gewinnung ihres Saftes erfinden.«
Oksa konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Die Ärmsten, sie müssen in einem furchtbaren Zustand sein.«
»Der Getorix hat ihnen erklärt, dass ihre Phobie sie schneller in den Tod treiben würde als die Mauerwandler«, berichtete einer der Pizzikins.
Da lachte Oksa leise. Der Besuch der goldenen Vögelchen tat ihr gut.
»Da geht es bestimmt hoch her …«, bemerkte sie.
»Ein irrsinniger Trubel herrscht dort, in der Tat.«
»Wo ist Abakum denn untergebracht?«, fragte Oksa.
»Euch gegenüber, im nordöstlich gelegenen Teil der Gläsernen Säule, zwischen Naftali und Tugdual.«
Beim Klang dieses Namens hob Oksa den Kopf.
»Geht es ihm gut?«, flüsterte sie.
»Er möchte Euch etwas mitteilen, deswegen sind wir gekommen.«
Oksa fühlte, wie neue Kraft sie durchströmte.
»Unsere Kerkermeister bewachen die Türen, aber nicht das Innere der Räume, außer in Euren Gemächern, die strenger bewacht werden als die übrigen«, berichtete einer der Vögel mit einem kaum hörbaren Zwitschern. »Einigen Rette-sich-wer-kann mit Mauerwandler-Fähigkeiten ist es gelungen, sich unbemerkt von einem Raum zum nächsten zu schleichen.«
»Genial!«, rief Oksa.
Die Hellhörigen horchten auf. Sie drehten sich zu Oksa und ließen sie nicht mehr aus den Augen.
»Tugdual schlägt vor, dass Ihr die widerlichen Insekten, die jede Eurer Gesten bewachen, vernichtet …«, sagte ein Pizzikin.
»… er möchte Euch nämlich einen Besuch abstatten«, schloss das zweite Vögelchen.
Das waren verlockende Aussichten! Oksa zitterte vor Aufregung. Sie wandte sich um und betrachtete die grässlichen Insekten. Sie hatte keinerlei Skrupel, sie aus dem Weg zu räumen. Nur wie? Mit Feuer? Schließlich war Tugduals Lichterloh bei der Großen Ratssitzung sehr effizient gewesen.
»Aber wenn es danebengeht, habe ich ein Problem …«, sagte sie leise zu sich und kaute sich nervös einen Nagel ab.
Vielleicht sollte sie es mit einem Granuk probieren? Aber mit welchem? Und woher sollte sie wissen, dass die Granukologie bei diesen hässlichen blauen Viechern wirkte?
Endlich traf sie eine Entscheidung. Sie erhob sich, trat ans Fenster und öffnete es. Die Hellhörigen ließen sie gewähren, kamen ihr jedoch gefährlich nah. Oksa lehnte sich an die Balkonbrüstung.
»Was tut Ihr da?«, riefen sie, als sie sahen, dass die Junge Huldvolle ihr Granuk-Spuck hervorholte.
»Ich möchte mir die Berge mit einer Reticulata ansehen. Darf ich?«, fragte Oksa.
Die Hellhörigen zögerten einen Augenblick, dann postierten sie sich direkt über Oksa, genau wie sie gehofft hatte. Im Stillen sprach sie den passenden Spruch, hob dann blitzschnell den Kopf und blies ein Granuk auf ihre Wächterinnen … die ein Hypnagos mitten ins Gesicht bekamen.
»Ähh … du hattest doch davon gesprochen, einen Ausflug zum Unzugänglichen zu machen, nicht wahr?«, fragte eine der beiden
Weitere Kostenlose Bücher