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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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flüsterte ihrem Wackelkrakeel ein paar Anweisungen zu, woraufhin das Geschöpf ihre Schulter verließ, um gleich wieder mit wertvollen Informationen zurückzukehren.
    »Direkt hinter dieser Tür, die zwei Meter fünfzig hoch ist, befindet sich eine sechs Meter lange und drei Meter fünfundachtzig breite Eingangshalle«, berichtete es, auf seinem kegelförmigen Körper hin und her schaukelnd. »Hinter einer Flügeltür zur Linken befindet sich ein achtundachtzig Quadratmeter großer Salon, der in zwei gleich große Hälften unterteilt ist. Eine andere Tür, zur Rechten, führt in eine zweiundvierzig Quadratmeter große Küche. Am hinteren Ende der Eingangshalle führt eine ein Meter fünfzig breite Treppe mit zweiundzwanzig Stufen von zwanzig Zentimetern Höhe in die obere Etage. Unter dieser Treppe befindet sich eine kleine Tür, einen Meter achtzig hoch, die in die Kellergeschosse hinunterführt. Die Tür ist mit einem Trompe-l’Œil übermalt, sodass man sie nicht sieht, und lässt sich nur über ein ausgeklügeltes Hydrauliksystem öffnen, das in dem schmiedeeisernen Treppengeländer versteckt ist.«
    »Exzellente Arbeit, Krakeel«, lobte Dragomira das Geschöpf und tätschelte ihm das Köpfchen. »Und … hast du feststellen können, ob Menschen im Haus sind?«
    »Achtundzwanzig Personen befinden sich in dem Gebäude«, ­informierte sie das Wackelkrakeel. »Darunter sind vier Treubrüchige, die aus Edefia herauskatapultiert wurden, weitere neunzehn sind direkte Nachkommen von ihnen, und schließlich kommen noch fünf Von-Draußen hinzu. Ohne die Mutter der Jungen Huldvollen.«
    Bei den letzten Worten des Krakeels bebte Oksa vor Wut. Pavel, dessen Tintendrache sich wieder in eine harmlose Tätowierung auf seinem Rücken verwandelt hatte, drückte sie ein letztes Mal fest an sich, bevor er im Laufschritt um das Haus herum verschwand, wo ihn die schlagkräftigsten der Rette-sich-wer-kann erwarteten. Oksa riss sich zusammen. Ihr Blick war wild entschlossen. Dann ging Dragomira auf das finstere Haus zu.
    »Es wird Zeit, dass wir uns unserem Schicksal stellen«, murmelte sie. »Jetzt.«

Ein bitterböses Wiedersehen
    D
ie dunkle Holztür war einen Spaltbreit geöffnet, und flackerndes Licht drang hinaus. Dragomira machte einen Schritt darauf zu, unmittelbar gefolgt von den anderen Mitgliedern dieser mutigen Vorhut. Abakum hielt Oksa zurück, damit sie zwischen dem Kapiernix und Dragomiras Plemplem blieb, die eine ebenso ungewöhnliche wie ressourcenstarke Eskorte bildeten. Die Baba Pollock stieß entschlossen die schwere Tür auf, sie knarrte in den Angeln. Vor ihnen lag – wie vom Wackelkrakeel angekündigt – die Eingangshalle.
    An den Wänden hingen mehrarmige Kerzenleuchter mit Glaskugeln als Schirme. Sie tauchten den Raum in ein unruhiges, unheimlich anmutendes Licht. Die Kristallprismen schaukelten im Luftzug klirrend hin und her und überzogen die Wände mit Hunderten von Lichtreflexen. Der Parkettboden der Halle war mit den Jahren nachgedunkelt, ließ jedoch klar und deutlich eine geometrische Figur erkennen, die den Ankömmlingen nur allzu vertraut war: den achtzackigen Stern. Das Symbol Edefias. Das Mal um Oksas Nabel. Die Junge Huldvolle legte unwillkürlich die Hand auf den Bauch. Sie wusste, was dieser Stern für sie alle bedeutete. Doch als sie ihn nun so riesengroß in den Fußboden eingelassen sah, spürte sie die ganze Macht in sich, die sie geerbt hatte. Sie, Oksa Pollock, vierzehn Jahre alt, ein ganz gewöhnliches Mädchen mit einem außergewöhnlichen Schicksal. Da stand sie also mitten in dieser Halle, in diesem Haus, auf dieser Insel. Sie kniff die Augen zusammen, holte tief Luft und hob den Kopf. In ihrem tiefsten Inneren spürte sie zum ersten Mal, was sie in Wirklichkeit war: das Herz der beiden Welten.
    Die Gruppe drang vorsichtig weiter ins Haus vor, und instinktiv griffen alle nach ihren Granuk-Spucks. Plötzlich erschien eine Gestalt am oberen Ende der prunkvollen Treppe: Sie war von hinten beleuchtet, sodass man nur ihren dunklen Umriss erkennen konnte. Ihr Schatten reichte bis vor Dragomiras Füße. Die Baba Pollock erstarrte. Die elegant wirkende Gestalt kam langsam und mit stolzem Gang die Treppe herunter, flankiert von zwei kräftigeren Personen. Als die drei am Fuß der Treppe angekommen waren, erreichte der Schein der Kerzen ihre Gesichter.
    »Guten Abend, Dragomira … Guten Abend, Junge Huldvolle«, ertönte eine weibliche Stimme, die die meisten von ihnen sofort

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