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Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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versuchte es aus eigener Kraft. Sein Stolz gebot ihm, sich für die zweite Alternative zu entscheiden.
    »Gus«, sagte er leise, »wir haben da ein Problem …«
    Gus, der am Ende der letzten glitschigen Liane hing, stoppte abrupt. »Lass mich raten: Du hast keine Phosphorille mehr? Keine Sorge, ich kann wieder etwas erkennen.«
    »Leider ist es nicht ganz so einfach.«
    Gus verkrampfte sich.
    »Aha, ich verstehe. Du hast keine Arboreszens mehr, oder?«
    »Stimmt«, bestätigte Tugdual.
    Einzig der Gedanke an die schlafende Leodechse hinderte Gus daran, laut zu schreien.
    »Soll das heißen, wir sitzen hier fest?«, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
    » Du sitzt fest«, entgegnete Tugdual betont freundlich.
    »Danke. Wie großzügig von dir, dass du es mir unter die Nase reibst!«, sagte Gus wütend. »Geh schon, lass mich hier vermodern, ich bin ja doch zu nichts gut.«
    Tugdual seufzte.
    »Bist du eigentlich immer so?«
    »Wie – so ?«, regte Gus sich auf. »Unnütz? Unfähig? Zu nichts zu gebrauchen? Gemessen an den Kriterien der Rette-sich-wer-kann: JA!«
    »So ein Blödsinn … Du gehst mir langsam ganz gewaltig auf die Nerven mit deinem Minderwertigkeitskomplex«, sagte Tugdual leise. »Halt dich lieber an mir fest, damit wir die Kletterpartie endlich hinter uns bringen!«
    Gus klappte vor Staunen die Kinnlade herunter.
    »Soll das etwa heißen … dass du mich den restlichen Weg bis nach oben tragen willst?«
    Tugdual verdrehte die Augen zum Himmel.
    »Was denn sonst?«
    »Ich bin doch viel zu schwer!«, wandte Gus ein. »Das können wir gar nicht schaffen!«
    »Ich liebe deinen Optimismus«, sagte Tugdual. »Er ist so ermutigend. Das tut wirklich gut.«
    »Aber …«
    »Kein Aber«, unterbrach ihn Tugdual. »Ich sehe zwar nicht so aus, aber stell dir vor, ich kann ein Vielfaches meines eigenen Körpergewichts tragen. Wie eine Ameise. Wenn du also glaubst, dass du mir mit deinen fünfzig Kilo Angst machst …«
    »Zweiundfünfzig!«
    »SETZ DICH AUF MEINEN RÜCKEN!«, befahl Tugdual mit herrischer Stimme.

Der Ausgang in der Vertikalen
    K
urze Zeit später tauchten die beiden Jungen zur großen Freude der Rette-sich-wer-kann wieder an der Oberfläche auf. Pierre war voller Dankbarkeit. Für Tugdual war der letzte Teil des Aufstiegs bei Weitem der schwierigste gewesen. Er tat sein Bestes, um sich nichts anmerken zu lassen, doch sein erschöpfter Gesichtsausdruck und seine gespenstische Blässe sagten alles. Er war sehr stolz darauf, diese Mission allein zu einem guten Ende gebracht zu haben, doch sein Stolz konnte die übermenschliche Anstrengung nicht überdecken. Seine Kraftreserven waren genauso erschöpft wie sein Vorrat an Granuks, und er sackte auf dem staubigen, glühend heißen Boden zusammen.
    »Tugdual!«, rief Oksa und stürzte zu ihm hin.
    »Alles in Ordnung, Kleine Huldvolle«, sagte er tonlos, den Blick auf die vorbeiziehenden Wolken gerichtet. »Alles in Ordnung, es ist nur ein kleiner Schwächeanfall. Lässt du mich einen Moment allein?«
    »Das war eine unglaubliche Leistung, Tugdual«, sprudelte Oksa hervor, ohne sich um seine Worte zu kümmern. »Ich kann es einfach nicht fassen, dass du das geschafft hast! Du bist wirklich … GENIAL!«
    Tugdual sah sie an und verzog das Gesicht zu einer spöttischen Grimasse.
    »Soll das heißen, dass du an mir gezweifelt hast?«
    Oksa lief rot an und biss sich auf die Lippen.
    »Nein! Natürlich nicht! Trotzdem bist du genial!«
    »Gibst du mir einen Kuss zur Belohnung?«
    »WAS?!«
    »Vergiss es, war nur ein Scherz«, antwortete Tugdual.
    Er wandte sich ab, damit sie das Lächeln in seinen Augen nicht sah, und überließ Oksa ihrer Verwirrung.
    »Hat irgendjemand eine Ahnung, was dahinten los ist?«, fragte er und war schlagartig wieder ganz da.
    Alle folgten Tugduals Blick auf die endlose Weite. Und sahen, was er sah: Mit dumpfem Grollen bildete sich in der Ferne ein bedrohlich aussehender schwarzer Tornado, der sich um die eigene Achse drehte wie ein riesiger Trichter. Er erstreckte sich bis in den blasslila Himmel, und unten am Boden wirbelte er Wolken glühender Staubkörnchen auf.
    »Wow!«, rief Oksa fasziniert. »Das sieht ja echt irre aus!«
    In diesem Augenblick änderte der Tornado die Richtung und kam geradewegs auf die Rette-sich-wer-kann zugerast. Wie gebannt starrten sie dieser neuen Gefahr entgegen. Die Junge Huldvolle stemmte die Hände in die Hüften.
    »Jetzt reicht es aber langsam! Wir können nicht mehr!«
    Dann spürte

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