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Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Großeltern abgeschoben. Und die Rette-sich-wer-kann? Nur Abakum hatte es akzeptiert, ihn unter seine Fittiche zu nehmen, viele andere tolerierten seine Gegenwart nur, aber eher aus Zuneigung zu Brune und Naftali als ihm zuliebe, das war ihm klar. Mittlerweile litt er nicht mehr darunter, da er sich entschieden hatte, Nutzen aus dem Hass, dem Misstrauen und der Feindseligkeit der anderen zu ziehen. Er hatte sich damit abgefunden, so zu sein, wie er war, als er begriffen hatte, dass er gar nicht anders sein konnte. Zumal ein gewisses Mädchen ihn offenbar trotzdem sehr mochte.
    »Ihr habt fast die Hälfte der Strecke hinter Euch, Enkel der Knuts«, erklang plötzlich die helle Stimme des Wackelkrakeels.
    »Ach, bist du auch da?«
    »Die Junge Huldvolle hat mich gebeten nachzusehen, ob alles in Ordnung ist.«
    »Wie nett von ihr!«, antwortete Tugdual mit einem in der pechschwarzen Finsternis unsichtbaren Lächeln.
    »Sie lässt Euch durch mich Mut zusprechen und sendet Euch diese Reticulata voll Wasser zu Eurer Erfrischung«, fuhr das Geschöpf fort und hielt ihm eine Qualle von der Größe einer Pampelmuse hin.
    Tugdual klemmte zwei Finger in eine Vertiefung im Fels und stellte einen Fuß auf einen Vorsprung, der kaum breiter war als sein großer Zeh. Dann nahm er dem keuchenden Wackelkrakeel die Reticulata ab und trank gierig das erfrischende Wasser.
    »Das tut gut. Bedanke dich bitte in meinem Namen bei der Kleinen Huldvollen.«
    »Wird gemacht!«
    Das Wackelkrakeel machte sich auf den Weg zurück an die Oberfläche und ließ einen tief zufriedenen Tugdual zurück.
    »Ein ganz schöner Sturz, den du da hingelegt hast.«
    Gus zuckte zusammen und stieß einen überraschten Schrei aus.
    »Tugdual?«, stammelte er.
    »Höchstpersönlich!«
    »Du hast mir einen verdammten Schrecken eingejagt! Ich habe was gehört und dachte schon, es wäre eine dieser ekligen Echsen. Du hättest mich ruhig vorwarnen können!«
    »Ich merke es mir für das nächste Mal«, sagte Tugdual ungerührt und kam auf Gus’ winziges Podest. »Ich hatte ganz vergessen, dass du im Dunkeln nichts sehen kannst.«
    »Haha! Sehr witzig!«, sagte Gus wütend. »Da geht es mir ja genauso wie rund fünf Milliarden anderen Menschen auf der Erde!«
    Tugdual schmunzelte nur über Gus’ Bemerkung.
    »Freut mich, dich wiederzusehen!«, sagte er lässig.
    »Ja, entschuldige«, antwortete Gus widerwillig. »Hallo! Und vielen Dank, dass du gekommen bist!«
    »So, und jetzt sollten wir die weiteren Floskeln überspringen und deine Rettung in Angriff nehmen! Das ist der Plan: Ich werde Arboreszens hochschießen und eine Leiter aus Lianen bauen, an der du hinaufklettern kannst. Die Froschlinge greifen dir unter die Arme und unterstützen dich, und du folgst mir. Ich gehe voraus. Einverstanden?«
    »Äh … da wäre nur ein kleines Problem … Wie du so feinfühlig bemerkt hast, sehe ich nichts im Dunkeln.«
    »Und was sagst du dazu?«, fragte Tugdual und blies eine Phosphorille aus seinem Granuk-Spuck, die den Schacht sogleich erhellte.
    Gus sah sich blinzelnd um.
    »Brrr … nicht gerade anheimelnd!«
    »Gehen wir?«, fragte Tugdual ungeduldig und drückte sich startbereit an die Felswand.
    »Äh … da gibt es noch etwas.«
    »Was denn jetzt noch?«
    »Klettern ist nicht gerade meine Stärke.«
    Tugdual seufzte und verdrehte die Augen.
    »Gibt es überhaupt irgendetwas, was du kannst? Außer mir auf die Nerven gehen, meine ich?«
    »He, weißt du was? Im Gegensatz zu dir bin ich ein Mensch und keine Fledermaus«, sagte Gus, außer sich vor Wut.
    »Oho!«, erwiderte Tugdual lachend. »Jetzt wird schweres Geschütz aufgefahren! Komm schon, wir haben keine Zeit zu verlieren. Weiter oben habe ich in einer Nische eine riesige schlafende Leodechse gesehen. Ich bin nicht gerade scharf darauf, dass sie aufwacht und merkt, dass ihr Magen knurrt.«
    »Stimmt das wirklich?«
    »Was glaubst du denn?«, fragte Tugdual entnervt.
    Er überließ Gus seinen Zweifeln, zog das Granuk-Spuck hervor und schoss eine Arboreszens an die Felswand. Gleich darauf erschien eine lange, gelblich leuchtende Liane. Sie schwebte einen Moment lang im stickigen Spalt und heftete sich dann dank ihrer winzigen Widerhaken an die Felswand. Tugdual ergriff die Phosphorille und beleuchtete den dunklen Schacht: Die Liane reichte sehr weit hinauf, schätzungsweise fünfzehn bis zwanzig Meter. Dann blies er erneut in sein Granuk-Spuck, diesmal in Gus’ Richtung. Zwei kleine Froschlinge kamen heraus.

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