Oksa Pollock. Die Entschwundenen
Glasbehälter und Metallutensilien zu Boden. Im Nu war Dragomira auf den Beinen, zog ihr Granuk-Spuck heraus und schoss ein Putrefactio-Granuk auf ihn ab, das ihn an der Hand traf. Noch ehe er richtig verstand, wie ihm geschah, war der Verwesungsprozess bereits im Gange.
»So viel zu der alten Hexe!«, frohlockte Dragomira.
Weil Gregor sich vor Schmerzen am Boden wand und Mercedica nur langsam wieder zu sich kam, ging nun Catarina zum Angriff über. Ein Tornaphyllon-Granuk traf Dragomira mitten auf der Brust. Ihr wurde übel, die Luft blieb ihr weg, und sie fing an, sich rasend schnell um die eigene Achse zu drehen, ohne die Bewegung noch kontrollieren zu können. Gefangen in dem kleinen Tornado, stieß sie gegen Möbel, Wände, Gegenstände, die sich wie Waffen gegen sie richteten. Sie knallte gegen Tischecken, wurde von Bruchstücken berstender Gemälde getroffen und riss sich die Hände auf, als sie versuchte, sich an etwas festzuhalten. Schließlich nahm sie all ihre Kraft zusammen und konzentrierte sich darauf, ihren Körper in die Gegenrichtung des Wirbels zu drehen. Der menschliche Kreisel, dachte sie und hatte dabei Oksa vor Augen, die dieses Manöver so liebte. Der Effekt des Tornaphyllon ebbte sogleich ab, doch leider hatte sich Mercedica inzwischen wieder aufgerafft. Sie stürzte sich auf Dragomira und rammte sie mit solcher Wucht gegen die Wand, dass die Baba Pollock das Gefühl hatte, in das Mauerwerk einzudringen. Jeder einzelne Knochen tat ihr weh, und sie stöhnte vor Schmerz und ohnmächtiger Wut. Mercedica drückte ihr die Handgelenke an die Wand und presste sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen Dragomira, als wolle sie sie zerquetschen. Die arme Baba Pollock musste hilflos zusehen, wie die beiden anderen näher kamen. Und was sie dann bemerkte, löste in Dragomira eine Panik aus, wie sie sie noch nie zuvor erlebt hatte: Die Wunde an Gregors Hand, die das Putrefactio kurz zuvor verursacht hatte, war fast wieder verschwunden! Außer einer undeutlichen Narbe und ein wenig Schorf war nichts mehr zu sehen! Der Treubrüchige genoss das Entsetzen, dass sich auf Dragomiras Gesicht spiegelte, hielt ihr seine Hand unter die Nase und raunte: »Überraschung!«
Dann blickte er Dragomira fest in die Augen und sagte: »Ich gebe zu, dass du mir mit diesem Granuk fürchterliche Schmerzen zugefügt hast, aber mitansehen zu können, wie dir jetzt der Schock ins Gesicht geschrieben steht, wiegt die paar unangenehmen Augenblicke bei Weitem auf. Du hast doch wohl nicht vergessen, wer ich bin! Das Blut meines Vorfahren Temistokeles rinnt in meinen Adern. Du weißt ja, was das bedeutet und welch unschätzbaren Vorteil das mir und den Meinen bringt. Jetzt kannst du es jedenfalls nicht mehr ignorieren!«
Er lachte Dragomira ins Gesicht. Plötzlich war ein Knarren zu hören. Alle wandten den Kopf. Der Deckel des Kontrabasskastens öffnete sich, und das runde Gesicht des Plemplems kam zum Vorschein. Dragomira erstarrte unter Mercedicas Griff und konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken.
»NEIN!«
»Aber ja doch, liebe Dragomira!«, rief Gregor.
Als der Plemplem sah, dass seine Herrin mit Gewalt festgehalten wurde, kam er, die kleinen Fäuste erhoben, aus seinem Versteck.
»Die Alte Huldvolle hat einen Befehl erteilt! Euch gehört nicht die Macht, ihn zu umgehen!«, schrie er. Sein kleines Gesicht war ganz bleich.
Anstelle einer Antwort streckte Gregor die Hand vor sich aus und verpasste dem Plemplem einen schonungslosen Knock-Bong. Das Geschöpf wurde gegen ein Tischchen geschleudert und schlug mit dem Kopf gegen den schmiedeeisernen Tischfuß. Bewusstlos sank der Plemplem zu Boden.
»Wir müssen ihn mitnehmen, Gregor«, sagte Mercedica. »Er ist der Hüter des Absoluten Wegweisers.«
Dragomira versuchte wie eine Wahnsinnige, sich aus Mercedicas Umklammerung zu winden. Doch es war vergebens, ihre Gegnerin war zu stark. Gregor trat zu dem bewusstlosen Plemplem. Kaum hatte er sich jedoch über das Geschöpf gebeugt, um es aufzuheben, da schossen auf einmal zwei Pizzikins aus der Tiefe des Zimmers hervor und stürzten sich auf ihn. Jedes der zwei winzigen Vögelchen kroch in eine Ohrmuschel des Treubrüchigen, und mit ihrem Schnabel pickten sie gnadenlos in seine Gehörgänge. Gregor fing an zu schreien und presste sich vor Schmerz die Hände auf die Ohren. Währenddessen kam der Plemplem wieder zu sich. Er erkannte seine Chance, sprang auf die Füße und floh hastig aus der Wohnung.
»Verflucht!«, schimpfte
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