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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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seiner Hände zu unterdrücken.
    »Ich war mit einem Franzosen und einem Chinesen in einer Bar und habe behauptet, ich hätte von unerklärlichen Besuchen an höchster Stelle gehört und davon, dass Raketen abgeschossen worden wären. Und wisst ihr, was da passiert ist? Beide haben sich gleichzeitig zu mir umgedreht und mich in einem Atemzug gefragt: ›Woher wissen Sie das?‹«
    Orthons Miene hellte sich auf.
    »Ausgezeichnet!«
    »Obwohl sie angetrunken waren, haben sich beide peinlich berührt angesehen. Es war ihnen offenbar äußerst unangenehm, dass sie sich so verplappert hatten«, erklärte Gregor. »Dann haben sie sich wieder gefangen und behauptet, das wäre alles nur Gerede. Man würde das nur sagen, weil die Lage in der Welt zurzeit so schwierig sei.«
    Orthon kniff die Augen zusammen.
    »Haben sie von der Börse gesprochen?«
    »Bei der offiziellen Versammlung, ja. Aber alle fühlten sich sichtlich unbehaglich bei diesem Thema. Sie haben versucht, das Problem kleinzureden oder ihm auszuweichen.«
    »Was den Verdacht nahelegt, dass die Herren Präsidenten nicht zeigen wollen, wie angreifbar sie sind. Und dass sie sich gegenseitig misstrauen.«
    »Genau«, bestätigte Gregor. »Sie haben sich einfach nur geeinigt, weiterhin auf internationaler Ebene gegen Spekulanten vorzugehen und den Börsenverkehr strenger zu reglementieren.«
    »Geschwätz, wie immer. Das ist das Einzige, wozu sie in der Lage sind«, sagte Orthon und wedelte verächtlich mit der Hand in der Luft herum. »Und hast du etwas davon gehört, dass wir uns bei den Goldreserven unserer Lieblingsbanken bedient haben?«
    »Anscheinend weiß man in Moskau über New York Bescheid.«
    Orthon lachte.
    »Unsere russischen Freunde sind also immer noch auf Zack!«
    »Und immer noch genauso neugierig, was das Geschehen auf der anderen Seite des Atlantiks betrifft«, fügte Markus hinzu.
    »Aber in Paris, London, Frankfurt und Tokio ist das ein streng gehütetes Geheimnis, so etwas wie eine peinliche ansteckende Krankheit.«
    Orthon schnalzte belustigt mit der Zunge.
    »Die Mächtigen dieser Welt sind wirklich unglaublich!«, sagte er spöttisch. »Die Katastrophen hätten um ein Haar zum Weltuntergang geführt, und trotzdem haben sie nichts daraus gelernt. Solidarität, das Bündeln ihrer Mittel und Kräfte, Bescheidenheit – damit können sie nichts anfangen. Ehrgeiz und Arroganz sind immer noch ihre wichtigsten Triebfedern, und um nichts in der Welt würden sie zugeben, dass sie eine heftige Schlappe einstecken mussten.«
    Seine Zuhörer nickten, obwohl es völlig unpassend war, dass gerade Orthon von diesen Tugenden sprach, die rein gar nichts mit seinen eigenen Prinzipien zu tun hatten.
    »Alles in allem steht es also zum Besten«, fasste Orthon mit öliger Stimme zusammen. »Sie schlagen meine Warnungen in den Wind und kommen sich dabei auch noch klug vor. Tja, Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Unsere Freunde mögen es noch nicht wissen, aber dieser Sturz könnte tatsächlich ihr Ende bedeuten.«

Geburtsanzeige
    M it glänzenden Augen umrundete Orthon einen der sechs zylindrischen Brutkästen im Labor, er war so aufgeregt wie nie zuvor. Durch die Glaswände konnte man in der milchigen Flüssigkeit Umrisse erkennen, die denen einer menschlichen Gestalt ähnelten. Orthon ging von einem Tank zum nächsten, betrachtete sie einen Augenblick und wandte sich dann Leokadia und Pompiliu zu, die ihn aus einiger Entfernung beobachteten.
    »Sie sind großartig«, murmelte er.
    Beide nickten.
    »Wann ist die Geburt vorgesehen?«
    »Wir wissen es nicht genau«, antwortete Leokadia. »Aber laut den letzten Tests könnte es bald so weit sein.«
    »Das ging ja schneller als erwartet!«
    »Ich weiß, wie man bestimmte Prozesse beschleunigt«, betonte Leokadia.
    Orthon warf ihr einen misstrauischen Blick zu.
    »Selbstverständlich ohne das geringste Risiko«, beruhigte sie ihn.
    Orthon trat ganz dicht an einen der Glaskästen. Die Flüssigkeit darin schwappte auf und ab, dünne weiße Fasern trieben an die Oberfläche.
    Die Umrisse der Gestalt nahmen immer deutlichere Konturen an.
    Fasziniert und ungeduldig beobachteten Orthon und die beiden Wissenschaftler, was unmittelbar vor ihren Augen geschah. Die Gestalten bewegten sich erst langsam, dann schneller, als wollten sie sich aus ihren Brutkästen befreien. Man sah den Rumpf, Gliedmaßen, einen Kopf – all das wirkte überaus menschlich.
    Doch weder waren die Wesen es tatsächlich noch machten sie einen

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