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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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sich zur Schiebetür hinaus.
    »Andrew, Marie, Barbara! Kommt schnell!«, rief er.
    Das kleine Wackelkrakeel war jetzt nicht mehr zu bremsen.
    »Zwanzig Grad
siebtehn
Minuten westlicher Länge«, plapperte es munter weiter. »Klippen von Ystiklettur,
Demperatur
zwei Grad, Luftfeuchtigkeit achtzig Prozent, höchster
Bunkt zweihundertgreiunachzig
Meter …«
    »Was ist denn los?«, fragten die Erwachsenen. »Weint ihr vor Lachen?«
    »Nein, nicht vor Lachen«, erklärte Niall, »vor Erleichterung!«
    »Das Krakeel weiß, wo sie sind!«, fügte Gus hinzu. »Oksa, Zoé und die anderen drei! Wir werden sie finden!«

    Der Winzling sprudelte ununterbrochen weiter und wiederholte ständig die Längen- und Breitengrade, die Höhe über dem Meeresspiegel und andere weniger wichtige Daten wie die Beschaffenheit des Bodens und der Flora.
    »Danke, kleines Krakeel«, versuchte Gus, es zu stoppen. »Wir brauchen den Säuregehalt des Bodens nicht, um unsere Freunde zu retten, weißt du?«
    »Ich fasse es nicht«, sagte Niall mit einem Seufzer und rieb sich übers Gesicht. »Das kann doch gar nicht wahr sein!«
    »Da sind wir«, kündigte Andrew an.
    Die Insel war von Nebelschwaden umgeben. Sie bestand aus einer Ansammlung steiler Felsen, nirgendwo war es eben genug, um zu landen.
    »Könnt ihr etwas erkennen?«
    Alle suchten die Felsspitzen mit den Augen ab.
    »Da sind sie!«, schrie Gus plötzlich.
    Andrew steuerte den Hubschrauber auf die Felsgruppe zu, die am weitesten westlich lag, und nun konnten alle die Rette-sich-wer-kann erkennen. Mit ihren Granuk-Spucks in der Hand hockten sie am Klippenrand.
    »Oh Gott, bestimmt glauben sie, dass wir Soldaten sind«, stöhnte Marie.
    »Erst recht, da wir in einem Hubschrauber der Royal Air Force sitzen!«, fügte Barbara erschrocken hinzu.
    Rasch holte Galina ihre Schatulle hervor und nahm einen perlmuttfarbenen Befähiger heraus. Dann schob sie die Tür auf und beugte sich hinaus.
    »Ich bin es, Galina! Habt keine Angst, ich bin mit Andrew hier!«
    Ihre Stimme hallte so laut durch die Luft, als hätte sie ein Megafon in der Hand.
    »Noch so ein Von-Drinnen-Trick!«, sagte Gus begeistert.
    »Wir kommen euch holen!«, fuhr Galina fort.
    Der Nebel lichtete sich für einen Augenblick, und von der Klippe aus konnten die Rette-sich-wer-kann nicht nur Galina, sondern auch die strahlenden Gesichter von Marie, Barbara, Gus und Niall sehen, die sich die Nasen an der Plexiglasscheibe der Schiebetür platt drückten. Sie waren außer sich vor Freude.
    »Nicht zu fassen …«, flüsterte Abakum.
    Er ließ sich ins feuchte Gras fallen. Mit einem Mal fühlte er sich alt und erschöpft, streckte sich der Länge nach aus und atmete tief ein. Die salzige Luft, der Geruch der Erde, das zarte Gras unter seinen mit braunen Flecken übersäten Händen, die Möwen oben am grauen Himmel … Wie er da so reglos lag, sein ganzer Körper mit der Natur verbunden, wäre er am liebsten für immer liegen geblieben. Bis zum Ende.
    Doch er war nicht allein. Das war er nie.
    Und er war am Leben. Trotz allem.
    Orthon hatte ihnen wieder einmal einen bösen Schlag versetzt, und nun kam die ganze Erschütterung darüber bei ihm an.
    Neben ihm hob Oksa die Arme in die Luft. Seine Junge Huldvolle, die er so liebte …
    Noch vor wenigen Augenblicken hatte er sich gefragt, ob er es wohl noch bis nach England schaffen würde. Er schloss die Augen, weil ihn die Ungewissheit allzu sehr quälte.
    »Abakum? Abakum?«
    Er spürte eine warme Hand an seiner Wange. Als er die Augen öffnete, sah er das strahlende, aber auch besorgte Gesicht von Oksa vor sich.
    »Geht es dir nicht gut?«
    Mühsam setzte sich der alte Mann auf.
    »Doch, doch, es ist alles in Ordnung, meine Kleine …«
    Oksa musterte ihn. »Bist du sicher?«
    Er nickte.
    »Und nach einer warmen Dusche und einer guten Mahlzeit am Kamin wird es mir noch besser gehen!«
    Keiner der beiden ließ sich von seinem Ton täuschen, der etwas zu gelassen war, um glaubhaft zu sein. Doch beide beschlossen, darüber hinwegzugehen. Außerdem drangen in diesem Augenblick Galinas Anweisungen zu ihnen.
    »Wir können nicht landen, es gibt hier keine geeignete Stelle! Ihr müsst also zu uns vertikalieren. Schafft ihr das?«
    Pavel sah prüfend zu den drei jungen Rette-sich-wer-kann und zu Abakum. Dann hob er den Daumen in die Luft.
    »Andrew stabilisiert jetzt den Hubschrauber, und dann kann es losgehen. Passt auf die Rotorblätter auf!«
    »Hast du gehört?«, fragte Pavel seine Tochter.

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