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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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Hormon bei der Geburt eine wichtige Rolle. Für uns ist aber vor allen Dingen interessant, dass es die Anziehungskraft zwischen Menschen und die Zuneigung steigert. Und man hat ebenfalls entdeckt, dass dieses Hormon sich auf die Opferbereitschaft auswirkt, die man einem Einzelnen oder einer Gruppe von Menschen gegenüber empfindet. Das kann sogar so weit gehen, dass das Oxytocin eine gewisse Aggressivität auslöst, wenn man beispielsweise auf ein Hindernis stößt.«
    Einige seufzten. Nicht auszumalen, was ein Finsterling wie Orthon mit einem solchen Hormon noch alles anstellen konnte. Die Geschehnisse an den Niagarafällen hatten das deutlich bewiesen.
    Ein bedrücktes Schweigen trat ein. Mitten in die Stille schlug Mortimer plötzlich mit der Faust so heftig auf die Kommode neben ihm, dass der Bilderrahmen, der darauf stand, zu Boden fiel und in tausend Stücke zerbrach. Barbara unterdrückte einen Schrei.
    »Entschuldigung«, flüsterte Mortimer.
    »Genau! Macht nur alles kaputt!«, beklagte sich die Sensibylle, die sich an Marie kuschelte. »Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, unter solchen Umständen leben zu müssen.«
    »Einmal Fiesling, immer Fiesling«, schimpfte der Getorix und hüpfte herum wie aufgezogen.
    Oksa warf ihm einen bösen Blick zu. Er verstummte sofort und half dem Schmutzfatz, die Scherben aufzusammeln, während der Plemplem rettete, was zu retten war: ein Foto von Oksa als Kind, zusammen mit ihren Eltern und Dragomira.
    »Das erklärt dann ja alles!«, ergriff Oksa das Wort, als wäre nichts geschehen. »Ein Gasgemisch, voll von Oxytocin, zusammen mit unterschwelligen Botschaften, einem Song, der bestimmte Handlungen suggeriert, und einer Stimmung, die Gruppenzwang geradezu fördert. Mehr war nicht nötig, um eine solche Tragödie auszulösen!«
    »Nicht mehr, sagst du? Nicht mehr! Das ist doch wohl schon eine ganze Menge, oder?«, wandte Pavel ein.
    »Glaubt ihr, die Armee hat dieselben Schlüsse gezogen wie wir?«, fragte Niall.
    »Wohl eher nicht«, erwiderte Abakum. »Das Gas, das Orthon da gemischt hat, verflüchtigt sich sehr schnell. Ohne den Behälter, den ich mitgenommen habe, wären wir nie dahintergekommen. Wir hätten es uns nur denken können, und selbst das nicht unbedingt.«
    »Also wäre es jetzt doch klug, wenn wir unseren Wissensvorsprung so gut wie möglich nutzen. Hast du immer noch keine Neuigkeiten von deinem Wackelkrakeel erhalten, Oksa?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dann wollen wir mal hoffen, dass es bald wiederkommt.«

    Klopf, klopf, klopf!
    Oksa lag in ihrem Bett und drückte die Klinke mit einer kleinen Bewegung ihres Zeigefingers hinunter. Das Gesicht von Gus erschien im Türspalt.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Klar!«
    Er zog die Tür hinter sich zu, während sie ihm auf ihrem Bett Platz machte. Trotzdem legte er sich ziemlich dicht neben sie.
    »Hallo, lieber Plemplem!«, begrüßte er den Haus- und Hofmeister der Huldvollen.
    Dieser nickte bloß, er hielt sich streng an Oksas Anweisung. Selbstverständlich gehörte es zu seinen Aufgaben, immer bei ihr zu sein. Doch die Junge Huldvolle hatte eine Bedingung gestellt: Er durfte kein Wort darüber verlieren, was in ihrem Zimmer geschah.
    »Die Dienerschaft meiner Huldvollen begegnet nicht der Verhinderung des Wissens, doch dem Mund widerfährt die Überschwemmung durch die Stummheit«, hatte er ihr zugesichert. »Die Dienerschaft meiner Huldvollen durchläuft die Wandlung in einen Grabstein, so lautet die Versicherung.«
    Da der Plemplem ohnehin wusste, was geschehen würde, nachdem Gus hereingekommen war, drehte er seinen Sessel in Richtung der großen Glasfront, machte es sich dort bequem und fiel bald in einen tiefen Schlaf.

    »Alles in Ordnung?«, fragte Gus nach einem langen und leidenschaftlichen Kuss.
    Oksa konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
    »Du stellst ja Fragen!«
    Im Schein ihrer Phosphorille, die das Waldzimmer in gedämpftes Licht tauchte, sah sie seine Augen funkeln.
    »Ach, Gus«, flüsterte sie und vergrub das Gesicht an seinem Hals.
    Mit einer Hand strich er ihr übers Haar, mit der anderen streichelte er erst ihren Nacken, dann ihre Schulterblätter.
    »Es hat dich doch niemand gesehen, oder?«, fragte sie ihn.
    Er löste sich von ihr, um ihr in die Augen zu schauen. »Wovor hast du Angst?«
    »Vor gar nichts!«, schnaubte sie und setzte sich vor ihn, das Kinn auf die Knie gelegt. »Das solltest du doch wissen!«
    Er ließ nicht locker. »Und warum stehst du dann nicht dazu?«,

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