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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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ist dann passiert?«, fragte Oksa ungeduldig.
    »Ich bin hingegangen.«
    »Wohin bist du gegangen?«
    »Na, in die siebenundvierzigste Etage natürlich!«, antwortete der Kapiernix. »Ihr seid wohl ein bisschen schwer von Begriff.«
    Unter anderen Umständen hätte Oksa laut gelacht, doch jetzt war ihr nicht nach Lachen zumute.
    »Als die Aufzugtüren sich öffneten, habe ich auf einem hübschen kleinen Teller am Boden ein Stück Hefegebäck gesehen. Da habe ich zu mir selbst gesagt, was ich doch für ein Glückspilz bin. Es passiert nicht jeden Tag, dass man so leckere Sachen einfach findet.«
    Der Plemplem neben Oksa verdrehte die Augen.
    »Aber ich dachte, der junge Mann hätte dich aufgefordert, dieses Stück Hefegebäck zu holen?«, wunderte sich die Junge Huldvolle.
    Der Kapiernix hörte einen Augenblick auf zu kauen und antwortete dann mit großer Aufrichtigkeit:
    »Ach ja, das stimmt. Und weil ich danach nicht mehr wusste, wo ich herkam, konnte ich den Rückweg nicht mehr finden.«
    »Und der junge Mann in Schwarz?«
    »Oh, der ist in Euren Gemächern geblieben.«
    Oksa stieß einen verzweifelten Seufzer aus.
    »Was soll das heißen, er ist in meinen Gemächern geblieben? Da darf doch niemand ohne meine Zustimmung rein! Jetzt sag mir bloß nicht, dass du ihm aufgemacht hast.«
    »Selbstverständlich habe ich geöffnet, als er geklopft hat.«
    »Das darf nicht wahr sein«, jammerte Oksa.
    »Doch, doch, ich versichere es Euch.«
    »Und du hast die Tür nicht wieder zugemacht, als du gegangen bist?«
    Der Kapiernix zerbrach sich für Minuten den leeren Kopf und konnte keine Antwort finden.
    »Bist du schon lange hier?«, fuhr Oksa mit ihrem Verhör fort.
    »Vielleicht …«
    Sie verzog das Gesicht. »Na toll.«
    »Ach, findet Ihr?«, erwiderte der Kapiernix glückselig. »Umso besser.«
    Oksa schnappte ihn sich und schleifte ihn mit zum gläsernen Aufzug, der Plemplem tappte hinter ihnen her.
    Als sie in der fünfundfünfzigsten Etage der Gläsernen Säule angekommen waren, zückte Oksa ihr Granuk-Spuck und stürmte durch den Gang. Dann blieb sie abrupt stehen.
    »Tugdual?«
    Er drehte sich um, irgendwie wirkte er gequält. Den Bruchteil einer Sekunde später lag ein geheimnisvolles Lächeln auf seinem Gesicht, das verführerischer denn je wirkte.
    »Wolltest du mich etwa angreifen, meine Kleine Huldvolle?«, fragte er mit einem Blick auf Oksas Granuk-Spuck.
    Verwirrt verstaute sie das magische Blasrohr wieder in ihrer Umhängetasche.
    »Was hast du denn hier zu suchen?«
    »Ja, was habt Ihr hier zu suchen?«, fragte auch der Kapiernix.
    Oksa sah ihn missmutig an, und der Plemplem zog ihn hinter sich her zu den Gemächern der Huldvollen.
    »Ich habe auf dich gewartet«, antwortete Tugdual schlicht und kam näher. »Du hast mir gefehlt, weißt du?«
    Oksas Unbehagen entging ihm nicht.
    »Lässt du mich rein?«
    Oksa legte die Hand an die Tür und aktivierte damit die Handerkennung, die sie jedes Mal wieder an die Funktionsweise des Kontrabasskastens erinnerte, der in Dragomiras Streng-vertrauliches-Atelier geführt hatte.
    »Hast du hier in der Nähe jemanden gesehen?«, fragte sie.
    »Hier in der Nähe? Meinst du damit, hier in der obersten Etage?«
    Oksas Kehle war wie zugeschnürt, also nickte sie bloß, während sie Tugdual die Tür aufhielt.
    »Nein, aber ich bin auch gerade erst gekommen.«
    Er nahm sie in die Arme. Verwirrt ließ sie es geschehen, sah sich jedoch gleichzeitig suchend im Raum um. Die Pizzikins wachten auf und schüttelten sich in ihrem winzigen Nest, das sich in einem Hohlraum an der Wand befand. In der Ecke daneben machte der Getorix mit seiner zerzausten Mähne schnaubend seine täglichen Liegestütze. Nichts Besonderes … Dann blieb ihr Blick plötzlich an ihrem Schreibtisch hängen. Dort schlief die lockige Pulsatilla und schnarchte leise neben dem kristallin leuchtenden Elsevir, und ihr stockte das Herz. »Wie unglaublich dämlich von mir«, schimpfte sie im Stillen. »Ich habe vergessen, das Elsevir in die Memothek zurückzubringen! Dumm, dumm, dumm, ich bin wirklich zu dumm.«
    »Ist irgendetwas, meine Kleine Huldvolle?«, fragte Tugdual und strich ihr übers Haar.
    Oksa löste sich von ihm und ging zu der großen Glasfront. Auf dem Weg dorthin blickte sie nochmals auf ihren Schreibtisch und das Register der Huldvollen. Der Stuhl stand noch genauso da, wie sie ihn hingestellt hatte, der Stift lag quer über dem Elsevir, die Untertasse war immer noch zur Hälfte mit Pistazien

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