Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)
Wiedersehen mit dem Bewusstsein! Das Erwachen ist da! DAS ERWACHEN IST DA!«
Kurz darauf wimmelte es in dem Pavillon von Alterslosen Feen, auch Malorane war unter ihnen. Andere schwebten rund um den kleinen Bau, Begeisterungsrufe erklangen.
Staunend setzte Oksa sich auf.
»Regnet es?«, fragte sie. »Regnet es wirklich?«
»Ja, meine Kleine!«, antwortete Malorane. »Und du hast dieses Wunder vollbracht! Du und meine geliebte Dragomira. Dank euch beiden wird Edefia zu neuem Leben erwachen!«
»Das ist … toll!«, rief Oksa, noch leicht benommen, und strich sich durch die zerzausten Haare. »Wie sehe ich aus?«, fragte sie mit einem Blick auf ihre Arme.
»Während der Schläfrigkeit meiner Jungen Huldvollen haben die Pelli-Reiniger das Übel, das ihre Haut zerfraß, verdaut«, antwortete der Plemplem. »Und die Filigrinnen haben die Hautstickerei erfolgreich dem Ende zugeführt.«
»Zum Glück«, seufzte Oksa. »Habe ich lange geschlafen?«
»Der Schlaf meiner Jungen Huldvollen litt unter einem großen Defizit. Die Erholung hat die Dauer von zwei Tagen und zwei Nächten angenommen.«
»Was? Das ist ja furchtbar!«
Oksas Wangen brannten vor Scham. Da hielt Ocious die Rette-sich-wer-kann gefangen, und was tat sie? Zwei Tage und zwei Nächte vergeuden, um zu schlafen! Sie sprang hastig auf, geriet jedoch ins Taumeln und musste sich am Geländer festhalten.
»Hat jemand Neuigkeiten von meinem Vater?«
In der Umhängetasche um ihren Hals regte sich etwas.
»Mein Wackelkrakeel!«
Sie half dem kleinen kegelförmigen Geschöpf heraus.
»Zu Befehl, Junge Huldvolle! Womit kann ich Euch dienen?«
Sie flüsterte ihm ein paar Worte zu, und sofort flog das Wackelkrakeel wie eine dicke Hummel in Richtung Süden davon.
»Komm bald wieder!«, rief sie ihm noch nach.
Obwohl sie sich Vorwürfe machte, weil sie so lange geschlafen hatte, musste sie zugeben, dass ihr die Ruhe sehr gutgetan hatte. Zusammen mit Malorane und einigen anderen Alterslosen stieg sie vorsichtig die Stufen des Pavillons hinunter. Als sie den Regen auf ihrer Haut spürte, wurde sie von einem Glücksgefühl erfasst. Einige Sekunden später war sie tropfnass, doch der Guss war so warm und so tröstlich, dass ihr das nichts ausmachte. Sie hob das Gesicht und spülte sich den Schmutz und Staub ab. Auf einmal fühlte sie sich wieder quicklebendig. Oksa zog ihre Schuhe, die Strümpfe und die Hose aus, nur das langärmelige Shirt behielt sie an. Die nackten Füße im Schlamm zu spüren, war herrlich und die improvisierte Dusche ein wahrer Segen. Am liebsten hätte sie sich auf dem durchweichten Boden gewälzt! Doch sie begnügte sich damit, mit den Händen in der feuchten Erde zu wühlen, ehe sie sich wieder erhob, die Handflächen und das Gesicht erneut dem wolkenbedeckten Himmel entgegenstreckte und zuließ, dass der Regen sie ganz rein wusch.
Da stieg ihr der Geruch irgendeines Tiers in die Nase. Verblüfft entdeckte sie ein Dutzend seltsamer Wesen, die damit beschäftigt waren, Rinnen in den überfluteten Boden zu graben, um das Wasser zu kanalisieren.
»Unglaublich! Da sind ja Beflissene!«, rief sie entzückt.
Malorane blickte sie erstaunt an.
»Baba hat mir von ihnen erzählt«, erklärte Oksa und fügte traurig hinzu: »Sie hätte die Beflissenen so gerne kennengelernt.«
»Das hat sie doch!«, sagte Malorane. »Und glaub mir, es war für beide Seiten ein ganz besonderer Augenblick.«
Die Wesen unterbrachen ihre Arbeit und traten näher, um sich vor der Neuen Huldvollen zu verbeugen. Mit den großen Geweihen auf ihren menschlichen Köpfen berührten sie Oksas Füße, bevor sie respektvoll die Vorderbeine beugten. Der Regen perlte von ihrem rotbraunen Fell ab, und winzige Dampfwölkchen stiegen davon auf, sodass sie noch unwirklicher, noch phantastischer aussahen. Oksa musterte sie ehrfürchtig: Sich in Geschöpfe zu verwandeln, die halb Mensch, halb Hirsch waren, nur um bei den Alterslosen leben zu können – das zeugte wirklich von einer ungeheuren Entschlossenheit!
»Vielen Dank, dass Ihr unsere Welt gerettet habt, Junge Huldvolle!«, sagte ein Beflissener mit spitzem Bart und einem überdimensionalen Geweih.
Dann machten alle wieder kehrt und setzten ihre Arbeit fort.
»Äh … war mir ein Vergnügen«, stammelte Oksa.
Instinktiv hob sie den Kopf und suchte ungeduldig den Himmel ab – je schneller das Wackelkrakeel zurückkam, desto besser. Sie konnte schließlich nichts ausrichten, solange sie nicht wusste, wie es ihren
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