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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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Freunden ging. Malorane bemerkte ihre Unruhe und streifte sie sanft, ohne etwas zu sagen. Oksa setzte sich auf die Stufen des Pavillons und kaute an den Fingernägeln – eine hässliche Angewohnheit, die sie, obwohl sie innerhalb kurzer Zeit mehrere Jahre älter geworden war, nicht abgelegt hatte. Dann zog sie sich das Shirt bis über die Knie und blieb zusammengekauert sitzen. Was konnte sie schon anderes tun als warten?
    Nach einer weiteren Stunde tauchte der kleine geflügelte Kundschafter endlich am Himmel auf. Es war auch höchste Zeit, denn Oksa litt Höllenqualen. Sobald sie ihn erblickte, sprang sie auf, streckte den Arm aus, und das tropfnasse Geschöpf setzte sich auf ihre Hand.
    »Wackelkrakeel der Jungen Huldvollen meldet sich zum Rapport!«
    »Na los, sag mir, was du herausgefunden hast. Bitte!«
    »Ich bin, so schnell ich konnte, zur Goldenen-Mitte geflogen, meine Junge Huldvolle, in hundertzehn Kilometer Entfernung von hier – nach den Maßstäben im Da-Draußen gemessen –, und war in siebenunddreißig Minuten dort. Schwärme von Hellhörigen bewachten die Gläserne Säule, ich musste zu einer List greifen, um hineinzugelangen, und bin am Boden entlanggerobbt. Da haben mich die bösartigen fliegenden Raupen für einen harmlosen Käfer gehalten, und ich konnte in die Säule.«
    Oksa lauschte aufmerksam und versuchte, das Wackelkrakeel auch nicht zu drängen. Doch ihre Ungeduld blieb ihm nicht verborgen.
    »Ich habe es bis in die vorletzte Etage geschafft, Junge Huldvolle, wo die Rette-sich-wer-kann eingesperrt sind. Ihr müsst erfahren, dass Euer Vater, Abakum und Zoé nicht mehr in der Gläsernen Säule sind.«
    »Was?«, rief Oksa erschrocken.
    Sofort malte sie sich das Schlimmste aus: Hatte Ocious aus Rache die Menschen getötet, die sie am meisten liebte? Schreckliche Bilder gingen ihr durch den Kopf, doch das Wackelkrakeel schwirrte vor ihrem Gesicht auf und ab und summte dabei so laut wie ein Motor.
    »Keine Bange, Junge Huldvolle! Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben, aber ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass sie alle drei entkommen sind!«

Die Jagd auf die Huldvolle
    B
ei den Von-Drinnen hatte die Nachricht von der Rückkehr der Rette-sich-wer-kann und der Ankunft der Neuen Huldvollen wie eine Bombe eingeschlagen. Die Neuigkeit hatte sich in Windeseile verbreitet, und die Bevölkerung Edefias fasste wieder Mut. Gespannt sahen die Menschen den Veränderungen entgegen, die die Ankunft des Mädchens unweigerlich mit sich bringen musste.
    Und jetzt hatte es plötzlich angefangen zu regnen. Das war ein untrügliches Zeichen. Etwas würde geschehen, so viel stand fest. Aber was?
    Mitten in der Nacht fielen Ocious’ Männer in Begleitung einer Schar von Hellhörigen und Chiroptern über die geschwächten Städte her und verschafften sich gewaltsam Zutritt zu allen Häusern. Überall warf man die Bewohner buchstäblich aus den Betten, um ihnen eine einzige Frage zu stellen:
    »Wo ist die Junge Huldvolle?«
    Da keiner der Befragten darauf eine Antwort gab oder geben konnte, schlugen die Soldaten einen schärferen Ton an.
    »Wenn einer von euch weiß, wo die Junge Huldvolle sich befindet oder andere Informationen über sie hat, so sage er das jetzt.«
    »Und wenn nicht?«, fragten die Mutigsten.
    Die Antwort der Hellhörigen bestand darin, mit ihren stacheligen Flimmerhärchen die Wangen dieser Wagemutigen zu berühren, bis sie vor Schmerzen schrien. Als daraufhin keiner mehr Widerstand leistete, stellten die Soldaten die Wohnungen auf den Kopf. Sie durchkämmten alles, vom kleinsten Haus auf den Bäumen von Grünmantel bis zur winzigsten Höhle in Steilfels. Sie schauten unter die Matratzen, räumten die Möbel und Truhen aus, wüteten wie die Berserker und hinterließen nichts als Kummer, Wut und Zerstörung.
    Von der Gläsernen Säule aus beobachtete Ocious die Operation, die sich gerade in der Goldenen-Mitte abspielte. Seine beiden Söhne führten die Hausdurchsuchungen durch, die größte Offensive seit der Konfiszierung der Granuk-Spucks, die vor einigen Jahren in der wichtigsten Stadt Edefias stattgefunden hatte. Das war ebenfalls eine groß angelegte Operation gewesen und hatte sein Ansehen beim Volk von Edefia nicht gerade gesteigert, wie sich der alte Meister erinnerte. Er fegte mit der Hand durch die Luft, als wolle er diesen wenig erbaulichen Gedanken verscheuchen.
    »Warum setzen sie sich auch so hartnäckig gegen mich zur Wehr?«, seufzte er beim Anblick der Menschen,

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