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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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verstohlen zu ihr herüberschauten. Sie führte unwillkürlich die Hand zum Mund, weil sie am liebsten an den Nägeln gekaut hätte.
    Zoé beugte sich zu Oksa hinüber. »Erkennst du das Mädchen wieder, das gerade gesprochen hat?«
    Oksa nickte.
    »Das ist doch diese Geschöpf-Pflegerin aus der Gläsernen Säule, oder?«
    »Ja, ihr Name ist Lucy, und sie ist hauptsächlich für die Getorixe zuständig.«
    Oksa lächelte Lucy zaghaft an.
    »Es ist … wirklich eine tolle Leistung, sich um diese aufsässigen Geschöpfe zu kümmern«, sagte sie ein wenig hilflos.
    »Oh, vielen Dank, Junge Huldvolle!«, antwortete Lucy. »Tatsächlich habe ich mit diesen kleinen Monstern alle Hände voll zu tun.«
    Sie sah Oksa bewundernd an.
    »Du erinnerst dich bestimmt nicht daran, aber am Tag deiner Ankunft in der Goldenen-Mitte habe ich dich gesehen. Da bist du zwischen Ocious’ Wachen vertikaliert …«
    »Ich erinnere mich noch sehr gut daran«, unterbrach Oksa sie. »Du hast auf der Straße gestanden und mir von unten zugewunken.«
    »Du hast mich gesehen? Wirklich?«, rief Lucy glücklich. »Mein Vater war sich ganz sicher, dass du die Neue Huldvolle bist. Und er hatte recht!«
    Ihre Stimme brach.
    »Lucy ist die Tochter von Achilles und die Urenkelin von Arvö, zwei unserer engsten Verbündeten«, erklärte Abakum.
    Bei diesen Worten legte Lucy die Hände vors Gesicht. Abakum stand auf und nahm sie in die Arme.
    »Achilles und Arvö standen Ocious nahe«, erklärte er. »Sie haben mit ihm gebrochen und sehr teuer dafür bezahlt, wie viele andere, die heute hier sind. Oksa, ich möchte dir deine glühendsten Anhänger vorstellen – die Menschen, die seit knapp sechzig Jahren deine Rückkehr vorbereiten.«

Die Flucht
    E
in sehr alter, aber noch rüstiger Mann kam auf sie zu. Sein Haar war in asiatischem Stil zu einem Knoten geschlungen, er trug einen makellosen grauen Kimono und begrüßte Oksa mit Ehrerbietung. Er wirkte so elegant, dass Oksa sich in ihrer zerrissenen Jeans und dem fleckigen Shirt richtig schäbig vorkam.
    »Ich heiße Edgar, meine Junge Huldvolle, und war der beste Freund Eures Urgroßvaters Waldo. Wir kannten uns schon als Kinder, und ich war bis zu seinem letzten Atemzug an seiner Seite. Seid willkommen im Herzen des Königlichen Baums und erlaubt uns, Euch Schutz zu gewähren.«
    Oksa wandte den Kopf und blickte Hilfe suchend zu Abakum hinüber. »Edgar hatte Waldo schon lange vor dem Großen Chaos vor Ocious gewarnt«, erklärte der. »Aber Waldo war, wie auch Malorane, ein Idealist, unfähig sich vorzustellen, dass sich Menschen ganz und gar den dunklen Seiten verschreiben, die in ihnen stecken – die in jedem von uns stecken, sollte ich besser sagen. Und dann hat die Katastrophe ihren Lauf genommen und alles mit sich fortgerissen. Das Volk von Edefia glaubte immer, in vollkommener Friedfertigkeit und reiner Güte zu leben, doch das war ein fataler Irrtum. Keiner von uns ist ein Engel, und das mussten alle am eigenen Leib erfahren, die meisten mit so vernichtender Heftigkeit, dass sie sich danach zurückzogen und mehr schlecht als recht ihr Dasein fristeten. Manche hingegen haben trotzig den Kopf erhoben und die Ärmel aufgekrempelt, um zu kämpfen. Zu diesen gehören Edgar und unsere Freunde.«
    Oksa betrachtete die Männer und Frauen, deren Blicke gespannt auf ihr ruhten. Alle hatten das gleiche Feuer in den Augen: eine Art unbeugsamer Kraft, der man zutraute, Berge zu versetzen.
    »Schon bevor die ersten Rasandos – unsere kleinen Freunde mit den langen Beinen – uns erreichten, um uns mitzuteilen, dass Ihr in der Goldenen-Mitte seid, wussten wir von Eurem Kommen«, wandte sich Edgar wieder an Oksa. »Lucy arbeitete damals in der Gläsernen Säule, und alles, was sie beobachtete, wurde uns von Achilles und Arvö berichtet. Vor einigen Wochen entstand eine gewisse Unruhe im obersten Stockwerk der Säule, und angesichts der wachsenden Nervosität unseres Meisters mutmaßten alle, dass etwas Bedeutendes bevorstand. Und bald schon bestätigten sich unsere Vermutungen: Wir sahen euch am Himmel über Edefia fliegen, Euch, unsere Junge Huldvolle, und Eure Begleiter, die Rette-sich-wer-kann. Ich sah, wie unser schändlicher Meister Euch unter strenger Aufsicht hielt. Vor allem aber erkannte ich Abakum wieder, von dessen Aufrichtigkeit ich wusste, und ich hatte sofort die Hoffnung, dass jene, die ihn begleiteten und die ich nicht kannte, unser unseliges Schicksal wenden würden. Die Rasandos eilten

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