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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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in den Taschen seiner schwarzen Hose vergraben, den Kopf leicht zur Seite geneigt und sah sie mit seinen eisblauen Augen so forschend an, dass ihr ganz mulmig wurde.
    Was dachte er jetzt? Was empfand er?
    Hatte sie das überhaupt jemals gewusst?
    Dann verzog sich sein Mund zu dem winzigen Lächeln, das sie von ihm kannte. Und da stürzte sie zu ihm und trommelte ihm hemmungslos auf die Brust.
    »Oh, du … du …!«, schrie sie.
    Tugdual packte ihre Fäuste, um sie zu stoppen, und zog sie an sich. Wütend versuchte Oksa, sich zu befreien, während das Echo eines gewaltigen Gewitters bis tief unter die Erde drang und winzige Erdbröckchen herunterrieseln ließ.
    »Beruhige dich«, flüsterte Tugdual ihr ins Ohr. »Bitte.«
    Er hielt sie noch fester, als wolle er sie zwingen, ihm zu gehorchen, und Oksa spürte seinen Herzschlag an ihrer Brust. Ihr wurde unglaublich heiß, ohne dass sie irgendetwas dagegen hätte tun können, und sie gab ihren Widerstand auf.
    »Du hast mir so gefehlt!«, presste sie hervor. »Ich hasse dich!«
    Tugdual lachte leise, legte ihr die Hand in den Nacken und zwang sie, sich an seine Schulter zu lehnen. Sie ließ es zu und legte schließlich die Arme um seine Taille. Die anderen schlichen sich leise aus dem Saal.
    »Ist dir klar, dass du einfach abgehauen bist? Ohne einen Blick, ohne ein Wort?«, flüsterte Oksa mit zusammengeschnürter Kehle.
    »Wenn ich dich angesehen hätte, hätte ich nicht gehen können«, antwortete Tugdual, dessen Miene sich plötzlich verfinstert hatte. »Und wenn ich geblieben wäre, hätte Ocious mich zu dem Durchscheinenden gebracht.«
    Sein Blick wurde hart, und er zitterte, als er Oksas Gesicht in die Hände nahm.
    »Und ich hätte dich für immer verloren.«
    Sanft küsste er sie auf die Stirn und streichelte ihre zerzausten Haare.
    »Ach, Oksa«, seufzte er.
    Seine Lippen streiften die des Mädchens.
    »Zoé hat mich gerettet«, flüsterte er. »Sie hat sich für dich opfern wollen. Für uns. Es war ein Bluff, als sie all diese schrecklichen Dinge über mich erzählt hat, und es hat funktioniert. Orthon hat wirklich geglaubt, dass es riskant wäre, mich zu dem Durchscheinenden zu bringen. Wenn ich tatsächlich nicht in dich verliebt gewesen wäre, hätte der Durchscheinende sich nicht an meinen Gefühlen laben können, und der ganze Plan wäre gescheitert. Du wärst furchtbar krank geworden und schließlich gestorben – und mit dir die letzte Möglichkeit für Ocious und Orthon, aus Edefia herauszukommen.«
    Oksa löste sich von ihm und sah ihn aufmerksam an.
    »Sag mir die Wahrheit: Wusstest du, dass Zoé geblufft hat?«
    »Überhaupt nicht! Zoé ist stark. Sehr, sehr stark. Ich konnte es nicht mit ihr aufnehmen, sie hat mich völlig aus der Fassung gebracht. Ich fand es grausam, mir vorzustellen, dass sie solche Dinge von mir dachte. Es war unerträglich. Doch sie war so überzeugend, dass ihr schließlich alle geglaubt haben.«
    »Alle außer mir!«, wandte Oksa ein.
    »Du wolltest es nicht glauben, das ist etwas anderes«, verbesserte Tugdual sie.
    Oksa schwieg. Sie konnte ihm die quälende Frage, die ihr seit jenem grässlichen Tag durch den Kopf ging, nicht stellen: War Zoé vor der Liebsten-Entfremdung in Gus oder in Tugdual verliebt gewesen? »Aber Zoé … du weißt das doch alles gar nicht!«, hatte Oksa damals gesagt, in dem Versuch, sie davon abzubringen, ihre Liebesgefühle für immer zu opfern. »Du weißt doch nicht, wie sich alles entwickeln wird, du weißt doch nicht … wie dein Leben einmal aussehen könnte. Es gibt ja nicht nur Gus auf der Welt!«
    »Gus? Wer sagt denn, dass es Gus ist?«, hatte Zoé damals geantwortet.
    Diese Antwort hatte Oksa völlig durcheinandergebracht. Bis dahin hatte sie immer geglaubt, Zoé wäre in Gus verliebt und ihr Opfer hinge damit zusammen, dass sie diese Liebe freiwillig aufgeben wollte. Weil Gus sie ohnehin niemals lieben würde, denn er liebte Oksa. Warum sollte sie sich also weiter mit dieser unglücklichen Liebe quälen? So hatte ihre Freundin Ocious und den Rette-sich-wer-kann gegenüber argumentiert. Aber vielleicht war es nur Täuschung gewesen. Wenn Zoé in Tugdual verliebt gewesen war und ihr Herz dem Durchscheinenden hingab, dann war es doch etwas ganz anderes. Immerhin wäre es doch möglich gewesen, dass Tugdual sie eines Tages liebte. Oksa stöhnte. Sie lehnte sich an Tugduals Schulter und strich ihm langsam über den Rücken. Wie sehr sie ihn liebte!
    »Und sonst? Alles in Ordnung?«,

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