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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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fragte Tugdual plötzlich mit einer völlig deplatzierten Lässigkeit. »Anscheinend hast du das Herz der beiden Welten gerettet!«
    »Ja, hab ich. Und noch zwei oder drei Kleinigkeiten«, antwortete Oksa im selben Ton.
    »Na ja, beeilt hast du dich jedenfalls nicht. Ich will nicht klagen, aber ich drehe hier schon eine ganze Weile Däumchen.«
    »Ach, das ist nur die Schuld der Alterslosen Feen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gut wir uns in der Kammer des Umhangs amüsiert haben! Erst haben sie mich ständig abgelenkt, und dann bin ich auch noch zu ihnen eingeladen worden. Ich musste da wieder ein wenig Ordnung herstellen, es war das reinste Chaos. Und du?«
    »Ach, nichts Besonderes. Ich bin ein bisschen herumspaziert, hab ganz nette Leute getroffen, und zusammen sind wir dann auf die Idee gekommen, ein paar Rette-sich-wer-kann in der Goldenen-Mitte abzuholen.«
    »Du warst das?«
    »Tja, ich dachte mir, es ist bestimmt nicht gut für die Gesundheit, die ganze Zeit in der Gläsernen Säule zu hocken.«
    Sie lachten beide, doch dann hielten sie abrupt inne und sahen sich tief in die Augen.
    »Du bist zwar ganz schön schmutzig, aber ich finde dich immer noch süß«, sagte Tugdual und streifte ihre staubige Wange.
    »Dafür riechst du wie ein nasser Hund. Aber was soll’s, ich mag dich trotzdem«, entgegnete sie.
    Als sie lächelte, bildete sich ein Grübchen auf ihrer Wange. Tugdual schloss sie in die Arme und sie schmiegten sich aneinander. Und dann, endlich, fanden sich ihre Lippen.
    »Ähem …«
    Der Plemplem räusperte sich und zog unauffällig an Oksas Shirt. Sie sah ihn verlegen an.
    »Kennt meine Junge Huldvolle den Willen, die Aufmerksamkeit zu leihen?«
    Hinter dem kleinen Haus- und Hofmeister standen knapp zwei Dutzend Menschen.
    »Entschuldigung, Papa!«, stammelte Oksa, eilte zu ihrem Vater und gab ihm einen lauten Schmatz auf die Wange.
    Pavel ließ es sichtlich erfreut über sich ergehen, allerdings nicht, ohne Tugdual mit einem Blick zu streifen.
    Oksa sah sich um.
    »Ist es nicht Wahnsinn, dass wir uns hier wiedertreffen, unter diesem riesigen Baum?«
    »Fast schon ein Wunder, meinst du wohl!«, stimmte ihr Vater ihr zu. »Und dass wir heute hier sind, verdanken wir unseren treuen Verbündeten, die ich dir nun vorstellen möchte. Du warst ja bis eben noch zu beschäftigt«, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
    Oksa ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, sondern antwortete nur: »Schieß los!«
    Pavel zog sie zu den großen, bunten Sitzkissen, die kreisförmig in der Mitte des Raums ausgelegt waren. Im Licht der Fackeln, die unter dem Schutz von Milchglaskugeln brannten, folgten ihnen die anderen und ließen sich dort nieder, während die Junge Huldvolle sie aufmerksam musterte.
    Doch bevor ihre Neugier befriedigt wurde, musste Oksa erst in allen Einzelheiten von ihren eigenen Abenteuern berichten. Was eine Menge überraschter und bewundernder Rufe zur Folge hatte.
    Tugdual stützte die Ellbogen auf die Knie und sah sie mit einem intensiven Blick an, der ihr gefiel, sie zugleich aber verwirrte. Neben ihm saß Zoé, sie hatte die Knie an die Brust gezogen und hörte mit großem Ernst zu. In dem wachen Gesicht ihrer Freundin sah Oksa eine tiefe Traurigkeit. Pavels und Abakums Aufmerksamkeit steigerte sich mit jedem ihrer Worte, und alle bemerkten den Kummer, aber auch die Erleichterung, die ihr Herz erfasste, als die Junge Huldvolle erst Dragomira erwähnte und dann von ihrer Stippvisite bei den Abgewiesenen erzählte. Abakums Augen füllten sich mit Tränen, während Pavel mit blasser, angespannter Miene die Fäuste ballte.
    Außer diesen vieren kannte Oksa niemanden. Ihr Blick wanderte durch den Raum, und jedes Mal, wenn sie jemanden ansah, schaute dieser ebenso bewundernd wie fasziniert zurück. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, behagte ihr nicht gerade … Als sie ihre Erzählung schließlich beendet hatte, legte sich Schweigen über den Raum. Ein respektvolles, nachdenkliches Schweigen, das nur vom Schniefen des Plemplem unterbrochen wurde. Verlegen senkte Oksa den Kopf.
    »Das ist einfach … unglaublich!«, sagte schließlich ein junges Mädchen mit langen braunen Haaren, das Oksa plötzlich doch bekannt vorkam.
    Diese Bemerkung löste die Anspannung, und alle begannen begeistert und mit geröteten Wangen durcheinanderzureden. Jeder wollte etwas sagen.
    Oksa brachte kein Wort heraus und beobachtete nur die Männer und Frauen, die von ihr sprachen und hin und wieder

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