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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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nicht?«, murmelte Tugdual.
    »Absolut gigantisch, meinst du wohl!«, verbesserte Oksa ihn. »Wenn ich mir die ganzen Häuser vorstelle, all die Leute, die in den Laubkronen wohnen. Wie Wolkenkratzer aus Pflanzen«, sagte sie.
    »Der Großteil der Wohnungen steht inzwischen leer«, merkte Tugdual an.
    »Warum?«
    »Zu seiner Blütezeit hatte Laubkroning an die dreitausend Einwohner. Seit dem Großen Chaos hat die Bevölkerung aber sehr stark abgenommen. Angesichts der Lebensmittelknappheit und aus Furcht vor dem allgemeinen Niedergang hatten die Menschen nicht mehr den Mut, Kinder in die Welt zu setzen. Es wird dir auffallen, dass man wenig Kleinkinder sieht und noch weniger Babys. Auf diese Weise stirbt eine Zivilisation langsam aus.«
    Die Wüste, die jenseits der grünen Pflanzenstadt lag, bildete einen schmerzlichen Kontrast dazu. Sie schien inmitten einer gewaltigen Todeszone zu liegen. Davon zeugten die Baumskelette im Umkreis der Stadt, die ihre nackten, verkrüppelten Äste verzweifelt den überlebenden Bäumen entgegenreckten. Oksa überlief ein Schaudern. Tugdual legte den Arm um sie, und sie ließ den Kopf an seine Schulter sinken. Es war ein ganz besonderer Moment. Ein Glücksgefühl. Sie schob ihre Hand in seine, und ihre Finger verschränkten sich ineinander.
    »Küss mich«, hörte sie sich zu ihrer eigenen Überraschung sagen.
    »Zu Befehl, meine Kleine Huldvolle.«
    Hatte sie jemals einen so intensiven Augenblick erlebt? Einen so vollkommenen?
    Dieser Junge war unglaublich. Er legte die Lippen an ihr Ohr und murmelte einen Songtext:
    We’re flying high
    We’re watching the world pass us by
    Never want to come down
    Never want to put my feet back down
    On the ground
    Über ihnen flogen Vögel, die sie nicht kannte. Der Schwarm stürzte sich plötzlich in die Baumwipfel und flog dann unter lautstarkem Gezwitscher wieder auf. Oksa fand das Schauspiel höchst amüsant, doch als sich ihr eine riesige Libelle näherte, zuckte sie angeekelt zurück.
    »Sie tut dir nichts«, sagte Tugdual beruhigend und zog sie noch fester an sich.
    »Okay, aber schau mal, wie groß die ist! Das könnte glatt ein Adler sein!«
    Tugdual lachte schallend.
    »Ein Adler? Also, dann doch eher eine Amsel.«
    Er streckte den Arm aus, und die Libelle ließ sich zutraulich darauf nieder. Ihre blaugrün schillernden Flügel schlugen rasend schnell, und Oksa wich ein wenig zurück.
    »Dein Verhältnis zu Insekten scheint sich nicht gebessert zu haben«, spöttelte Tugdual.
    Oksa schnitt eine Grimasse.
    »Nie im Leben, hörst du? Nie im Leben werde ich diese teuflischen Viecher ins Herz schließen!«
    »Du weißt aber schon, dass sie ziemlich nützlich sind, oder?«, sagte Tugdual, während die Libelle wieder davonflog.
    »Ich verlange auch nichts weiter von ihnen, als dass sie ihre Nützlichkeit mit großem Abstand von mir unter Beweis stellen.«
    Plötzlich flogen einige Jugendliche an ihnen vorbei – auf Surfbrettern, die so aussahen wie die, mit denen Ocious’ Wachen Oksa und ihre Gefährten nach ihrer Ankunft in Edefia »abgeholt« hatten. Sie waren damit beschäftigt, ein Tau zwischen zwei Bäumen zu spannen.
    »Was sind denn das für Dinger?«, fragte sie fasziniert.
    »Das sind Propulsars«, erwiderte Tugdual. »Sie bestehen aus einem Material, das Sonnenenergie aufnehmen und speichern kann.«
    »Woher weißt du das alles?«
    »Na, was denkst du denn, Kleine Huldvolle? Während du in der Kammer des Umhangs mal eben die Welt gerettet hast, habe ich mich hier umgehört. Es mag dir zwar nicht so vorkommen, aber ich bin ein äußerst neugieriger und weltoffener Junge.«
    »Oh, das glaube ich dir sofort, du Musterknabe, du!«, erwiderte Oksa frech.
    Sie beobachteten noch eine Weile die Luftsurfer. Oksa seufzte immer sehnsüchtiger. Tugdual sah sie von der Seite an und grinste.
    »Ich weiß, was du denkst. Aber ich muss dir leider mitteilen, dass diese Fortbewegungsmittel Leuten vorbehalten sind, die nicht das Glück haben, vertikalieren zu können.«
    »Oh, schade«, sagte Oksa. »Ich hätte nichts gegen einen kleinen Ausflug gehabt.«
    »Im Augenblick gibt es sowieso zu wenig Energie, aber vielleicht, wenn alles langsam wieder besser wird …«
    Der junge Mann verstummte und blickte zu den Silvabulanern hinunter.
    »Glaubst du, dass alles wieder besser wird?«, fragte Oksa ganz leise.
    Tugdual zögerte ein paar Sekunden, die Oksa wie eine Ewigkeit vorkamen, bevor er antwortete:
    »Ja. Es ist jetzt schon besser

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