Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
Vom Netzwerk:
strengte sie sich doppelt an, doch plötzlich packte eine Hand ihre Tunika.
    »Das reicht jetzt!«, schimpfte Tugdual.
    Oksa versuchte, sich loszureißen, und der Stoff ihrer Tunika gab nach. Während Oksa weiter nach oben stürmte, purzelte Tugdual rückwärts die Treppe hinunter.
    Als sie die Erdgeschossebene des Königlichen Baums erreicht hatte, überlegte sie kurz, ob sie sofort hinaustreten oder im Inneren des Stamms weiter nach oben klettern sollte. Sie stützte sich auf den Oberschenkeln ab und atmete schwer. Der Zugang zum Baumstamm war geheim. Wenn jemand von Ocious’ Leuten sie dort herauskommen sah, war das einzige sichere Versteck der Silvabulaner verraten. Sie beugte sich vor und spähte in den ausgehöhlten Stamm hinauf, wo die zweite Wendeltreppe nach oben führte. Dann rannte sie wieder los. Alle zwanzig Meter gab es einen Treppenabsatz mit einem Ausgang zu einer Plattform. Oksa beschloss, bis zur dritten Ebene hinaufzusteigen. Inzwischen drang von draußen lauter Kampflärm zu ihr herein. Wie Abakum prophezeit hatte, schien Ocious’ Offensive in vollem Gang zu sein. Schreie waren zu hören und immer wieder Explosionen. Das ließ Schlimmes befürchten. Oksa holte tief Luft, nahm ihr Granuk-Spuck in die Hand und schob die in den Stamm eingelassene Tür auf.
    Sie spähte vorsichtig hinaus und wurde von Entsetzen ergriffen.
    »Das darf nicht wahr sein …«, stöhnte sie.
    Gestern noch war das dichte Unterholz der Inbegriff wohlorganisierter Üppigkeit gewesen. Doch Ocious’ Männer hatten nur wenige Stunden gebraucht, um einen der wenigen noch intakten Orte in Edefia in Schutt und Asche zu legen.
    In der hereinbrechenden Dämmerung bildeten die Schirmbäume und die Kugel-Laublinge rings um den Königlichen Baum den Schauplatz eines unerbittlichen Kampfes: die gnadenlos wütenden Soldaten von Ocious gegen die vom Mut der Verzweiflung getriebenen Bewohner Laubkronings. Feuer erwies sich als eine wenig wirksame Waffe, da die Pflanzen nach den Regengüssen der vergangenen Tage schlecht brannten. So feuerten die Soldaten Explosions-Granuks ab, die verheerende Schäden an Häusern, Brücken, Plattformen, Bäumen und Brücken anrichteten … und ein Blutbad unter den Menschen. Oksa hatte bisher nicht gewusst, dass es solche Granuks gab. Eine Handvoll Silvabulaner auf Propulsars segelten dicht an der Terrasse vorbei, von der aus sie das Ganze beobachtete. Mit Peitschen bewaffnet stürzten sie sich auf eine Schar Soldaten, die einen Majestik angriffen. Sie holten aus und ließen die Lederschnüre mit voller Wucht auf die Angreifer niedergehen. Einige der Soldaten stürzten ab, andere ließen immerhin ihre Granuk-Spucks fallen, die sogleich von den Vertikalierern aufgefangen wurden. Links von ihr gab es erneut eine Explosion: Soldaten hatten einen Luftfüßler, eine Art Banyanbaum Edefias, angegriffen. Seine Luftwurzeln wanden sich vor Schmerz. Plötzlich lief eine Zuckung durch sie hindurch, sie reckten sich gen Himmel, erstarrten, und dann fiel der Baum wie ein riesiger grüner Krake mit einem lauten Krachen zu Boden. Oksa kochte das Blut in den Adern. Sie legte sich flach auf die Plattform, robbte bis zum Rand und nahm die Soldaten von Ocious ins Visier, die in Reichweite ihres Granuk-Spucks waren:
    Mit Granuk-Kraft
    Ergieß deinen Saft!
    Ein Arboreszens-Gruß
    Fessle dich von Kopf bis Fuß!
    »Brauchst du Hilfe?«
    Oksa machte sich gar nicht erst die Mühe, den Kopf zu wenden.
    »Na endlich«, murmelte sie zwischen zwei Granuk-Salven.
    »Mich hat vorhin eine Furie angegriffen. Die wollte mich umbringen, glaub mir«, erwiderte Tugdual.
    Oksa konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Winzige Grübchen bildeten sich in ihren Wangen.
    »Nun, da du es anscheinend überlebt hast, kannst du dich vielleicht nützlich machen. Los, hilf mir!«
    Tugdual nahm sein Blasrohr zur Hand, und gemeinsam ließen sie von ihrer Plattform aus einen wahren Granuk-Hagel auf ihre Gegner niedergehen. Die Männer fielen wie die Fliegen zu Boden und blieben, mit Lianen fest verzurrt, auf dem Boden liegen.
    Die Bewohner von Laubkroning beobachteten verblüfft das Debakel der Soldaten. Auf ihren Propulsars flogen sie zwischen den Bäumen umher, tauchten zu ihren Gegnern hinunter und nahmen ihnen die Granuk-Spucks weg.
    Auf einmal schien die Zeit stehen zu bleiben. Kein einziger Soldat flog mehr vorbei. Nur noch das Ächzen einstürzender Plattformen und Häuser war zu hören. Ein paar Silvabulaner kreisten um den Königlichen Baum

Weitere Kostenlose Bücher