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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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Staub raubte ihm jede Sicht. Zwei Steine stürzten auf sein rechtes Bein, ein weiterer auf seinen Rücken. Bunte Punkte tanzten vor seinen Augen. Er versuchte, einzuatmen. Aber er musste sofort heftig husten. Er würgte. Der Staub machte jeden Atemzug unmöglich.
    Aus den Kopfhörern in seinem Helm drang nur noch ein gleichmäßiges Rauschen.
    Kein Funkkontakt mehr.
    Er fingerte an seinem Hals herum, um die Atemmaske aufzusetzen. Als er das Gerät schließlich vor Mund und Nase fixiert hatte, musste er feststellen, dass sich seine Atemmuskulatur durch den Hitzeschock verkrampft hatte.
    Er schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    Nochmals zog er sich mit den Armen einige Meter nach vorne.
    Er erhöhte die Leistung der Brille. Drei Meter vor sich erkannte er eine Nische auf der rechten Seite. Der aufgedunsene Kadaver eines verendeten Hundes war dort angeschwemmt worden.
    Da bewegte sich irgendetwas.
    Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können: Ratten. Eine Rattenfamilie nistete in der aufgeplatzten Bauchhöhle des toten Tieres. Schlaue Biester, dachte er. Der Nachwuchs kann das eigene Kinderzimmer auffressen, bevor er seine Reise durchs Leben antritt.
    Wieder ein kleines Luftschnappen.
    Er brauchte mehr Sauerstoff. Alles vor ihm begann sich zu drehen. Er entspannte seine Muskeln. Er musste seinen Energieverbrauch reduzieren.
    Seine Konzentration ließ nach. Seine Gedanken schlugen Kapriolen.
    Die Rattenkinder auf ihrer Reise durchs Leben. Wäre das Fleisch seines Körpers nicht eine weitere willkommene Starthilfe?
    Fürsorgliche Ratteneltern.
    Genauso fürsorglich wie Menscheneltern.
    Sein Vater.
    Jetzt musste er sich aber wirklich zusammenreißen. Seine Gedanken gehorchten seinem Willen nicht mehr. Er war dabei, das Bewusstsein zu verlieren.
    Er war im Urlaub. Die Sonne wärmte ihn. Er war mit seinem Vater auf Reisen.
    Schön war es da.
    Sein Vater erzählte von seiner Arbeit. Der zwölfjährige Wolfgang lauschte gebannt. Das war interessant. Sein Vater war Professor für Ornithologie. Forschungsschwerpunkt: genetische Disposition und soziale Mimikry als Determinanten für den Ausflugswinkel von Zugvögelpopulationen. Auch die Vögel gingen auf Reisen.
    Er zog sich einen weiteren Meter nach vorne. Erneut versuchte er, dringend benötigte Luft in seine Lungen zu ziehen. Aber die Muskulatur sperrte sich noch immer dagegen. Sein ganzer Oberkörper schien innerlich zu glühen.
    Schlug ihm nun die Stunde?
    Trat er jetzt seine letzte Reise an?
    Im Unterbewusstsein registrierte er merkwürdige Geräusche: Gurgeln, Plätschern, Glucksen. Die Geräusche kamen aus der Röhre vor ihm. Die Rattenfamilie verließ ihr Zuhause.
    Auf Reisen.
    Schön war es da.
    Die bunten Punkte tanzten nun schneller. Härter konnte kaum noch etwas sehen. Sein Puls trommelte in seinen Schläfen.
    Er saß wieder im Cockpit des Hubschraubers im Anflug auf Augsburg. Was hatte der Pilot gesagt? »Da sind aber viele Reisende gestrandet.«
    Номер 8 .
    Da war die Verbindung. Der Blitz der Erkenntnis traf ihn völlig unvermittelt.
    Abduktion.
    Das war es, was er übersehen hatte. Darauf hätte er schon früher kommen müssen.
    Reisende. Auf Russisch: Puteschestwenniki.
    Путещественники.
     
    Infiltrationseinheiten der Speznas-Verbände. Trainiert für verdeckte Einsätze im Ausland. Geschult in Sprache, Geschichte und Kultur eines Landes. Ausgebildet an den Waffen des Feindes. Eine körperliche und intellektuelle Elite. Das war lange her. Kalter Krieg. Fast schon historisch. Diese Einheiten waren längst aufgelöst. Diese Information war sicher. Von drei unabhängigen Quellen bestätigt. Zumindest die Einheiten, die für einen Einsatz in Deutschland vorgesehen waren, existierten schon seit Jahren nicht mehr. Aber das wäre eine Erklärung. Das passte ins Profil. Die Gegner waren ehemalige Puteschestwenniki. Oder wurden möglicherweise zumindest von einem kommandiert.
    Abermals versuchte er einzuatmen. Diesmal ging es etwas besser. Die Drehbewegungen der Röhre ließen nach. Sein Schwindel verging. Der nächste Atemzug ging nochmals leichter.
    Er bekam wieder Luft. Sauerstoff!
    Путещественники.
    Puteschestwenniki.
    Das war ein Fall für Dr. Urs Röhli. Er musste seine Abteilung informieren. Möglicherweise konnte Dr. Urs Röhli da etwas herausfinden. Und er brauchte ein klares Ermittlungsergebnis in Sachen General Henkel. Reaktionärer Schwachkopf!
    Neuer Mut überkam ihn, und er zog sich einen

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